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Helsinki-Komitee kritisiert Lage der Minderheiten in Serbien

4. Mai 2005

Vertreter des Helsinki-Komitees für Menschenrechte sprechen von einem "verlorenen" Jahr für die nationalen Minderheiten in Serbien. In ihrem Jahresbericht sprachen sie Empfehlungen an Parlament und Regierung aus.

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Bestimmungen zum Minderheitenschutz gibt es - aber sie werden nicht umgesetztBild: AP

Das Helsinki-Komitee für Menschenrechte in Serbien hat seinen Jahresbericht über die Lage der Menschenrechte vorgestellt. Die politische Elite in Serbien wolle einen ethnischen Staat schaffen, hieß es. Dies habe zur Folge, dass der Staat sich nicht ausreichend um die Rechte der nationalen Minderheiten kümmert.

Der Direktor des Büros vom Helsinki-Komitee für Menschenrechte in Serbien (HOPS) in Novi Sad, Pavel Domonji, sagte auf einer Pressekonferenz, das vergangene Jahr sei im Hinblick auf die Menschenrechte ein "verlorenes" Jahr. Denn das vergangene Jahr kennzeichneten ethnisch motivierte Zwischenfälle, insbesondere in der Vojvodina. Als Folge davon sei die Lage der Ungarn in der Vojvodina internationalisiert worden, und erst als Folge dieser Internationalisierung sei der serbische Rat für nationale Minderheiten eingerichtet worden.

Lange Empfehlungsliste

Die Zwischenfälle im vergangenen Jahr seien eine logische Folge des Strebens danach, aus Serbien einen ethnischen Staat zu schaffen. Daher empfehle das HOPS dem serbischen Parlament und der Regierung, von einer ethno-nationalistischen Politik abzusehen. Domonji führte noch weitere Empfehlungen aus dem Jahresbericht an. Die Regierung Serbiens sollte die Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal ohne Manipulationen umsetzen. "Ferner sollte sie eine Deklaration anlässlich des 10. Jahrestages des Srebrenica-Massakers verabschieden, worin die Kriegsverbrechen an Bosniaken eingestanden und die Öffentlichkeit in Serbien mit der Wahrheit konfrontiert wird."

Des Weiteren sollten die Regierung und die Justizorgane die Verzögerung des Gerichtsverfahrens gegen die mutmaßlichen Mörder von Premier Zoran Djindjic unterlassen. Der HOPS-Bericht empfiehlt außerdem, dass die Regierung die Umsetzung des Lustrationsgesetzes fördern sollte. Und schließlich sollte sie auch damit beginnen, die bestehenden Minderheitengesetze zu befolgen und eine aktive Pro-Minderheiten Politik führen."

Keine adäquate Vertretung der Minderheiten

Der stellvertretende Ombudsmann für Minderheiten in der Vojvodina, Zoltán Gábor, sagte, die Minderheiten seien nicht adäquat in den Staats- und Regierungsorganen vertreten. Insbesondere nicht im serbischen Innenministerium. Ferner würden die gesetzlichen Bestimmungen über den gleichberechtigten Gebrauch der Sprache und der Schrift der nationalen Minderheiten nicht angewendet. "In der Vojvodina sind die gesetzlichen Bestimmungen relativ deutlich und gut. Bedauerlicherweise werden sie in der Praxis kaum, unzulänglich und beinahe gar nicht umgesetzt." Die Minderheiten seien auch in der Justiz nicht adäquat vertreten. "So arbeitet beispielsweise beim Amtsgericht in Novi Sad lediglich eine Ungarin als Richterin."

Verantwortung der Medien

Die Koordinatorin aller Nationalräte in der Vojvodina, Ana Tomanova Makanova, verwies insbesondere auf die Rolle vom staatlichen Sender Rundfunk und Fernsehen, RTV, Novi Sad bei der Umsetzung der Minderheitenrechte. Ihr zufolge erfülle dieser Sender bei weitem nicht seine Rolle beim Schutz und der Umsetzung von Minderheitenrechten. "Dieser Sender ist von enormer Bedeutung für nationale Minderheiten. Denn er ist der Träger unserer kulturellen, nationalen, sprachlichen und konfessionellen Identität." Ana Tomanova Makanova kündigte an, dass in Kürze bei RTV Novi Sad eine neue Leitung ernannt würde. Ihrer Überzeugung nach würde damit dieser Sender schließlich zu dem, was bereits seit drei Jahren angekündigt wird – und zwar eine wirkliche Rundfunkanstalt für alle Bürger der Vojvodina, und allein dadurch auch für die Angehörigen der nationalen Minderheiten.

Dinko Gruhonjic, Novi Sad
DW-RADIO/Serbisch, 26.4.2005, Fokus Ost-Südost