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Herausforderung Balkan

20. Oktober 2004

- Konferenz der Konrad Adenauer-Stiftung in Ungarn

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Budapest, 20.10.2004, PESTER LLOYD, deutsch

Es dauerte nicht lange, bis die Teilnehmer der Konferenz "Stabilität und Reformen in Südosteuropa: Der Einfluss der EU-Erweiterung" zu einem ersten einvernehmlichen Schluss gekommen waren: Die Balkanregion stellt für die EU eine wichtige Aufgabe dar – aber auch eine große Herausforderung. Wie dieser zu begegnen ist, erörterten Experten in einer zweitägigen Diskussionsrunde, zu der die Konrad Adenauer-Stiftung (KAS) und die dem oppositionellen Fidesz (Bund Junger Demokraten – MD) nahe stehende Stiftung für ein bürgerliches Ungarn, die Pro Minoritate-Stiftung und Budapest Analyse, eingeladen hatten.

"Stabilität ist nicht nur die Angelegenheit eines Landes, sondern die der gesamten EU", stellte Zsolt Németh, Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses im Parlament klar. Auf welche Fragestellungen dabei besonders geachtet werden müsse, erläuterte der Sicherheitspolitische Koordinator der KAS, Karl-Heinz Kamp. Abschließende Antworten auf diese Fragen fanden sich nicht während der Konferenz - nicht zuletzt deshalb, weil der Balkan so heterogen sei, dass es kaum die eine richtige Lösung gebe, wie Alexandros Yannis, Balkanexperte der EU-Kommission anmerkte. Dennoch habe man erstmalig einen Konsens in den wichtigsten strategischen Fragen erreicht, wies der stellvertretende Koordinator der SECI (der durch die USA geförderten "Südosteuropäischen Kooperation"), Mihai Razvan Ungureanu, auf die Fortschritte hin.

Diskutiert wurde auch über die kulturelle Vielfalt in den südosteuropäischen Ländern. Eine griffige Formel für den Umgang damit fand der ehemalige Justizminister Jugoslawiens, der ungarischstämmige Tibor Várady: "Gleichheit muss auch das Recht beinhalten, anders sein zu dürfen." Slobodan Casule, der frühere Außenminister Mazedoniens und sein Kollege aus Serbien, Goran Svilanovic, waren einverstanden, dass die ungelöste Kosovo-Frage das dominierende Problem darstelle.

Des Weiteren wurde die Frage untersucht: inwiefern ist Südosteuropa durch internationalen Terrorismus und organisiertes Verbrechen gefährdet? Die ehemalige Außenministerin Bulgariens, Nadeschda Mihailowa, sah in diesen Phänomenen eine große Bedrohung, der man mit verbesserten Kapazitäten des Krisenmanagements begegnen müsse. Dem Terrorismus und der Korruption müsse durch eine Stärkung der Staatsmacht der Nährboden genommen werden. Mate Granic, Ex-Außenminister Kroatiens, sprach über die besondere Gefährdung der Balkan-Region, wo im Zuge der Kriege viele die Möglichkeit hatten, illegal Waffen zu erwerben. Außerdem bestehe ein fundamentales Vertrauensdefizit zwischen den Ländern Südosteuropas, das die dringend notwendige Kooperation in der Sicherheitspolitik erschwere. (...)

Viktor Orbán, ehemaliger Premierminister Ungarns, (Fidesz) gab im Schlusswort seiner Meinung Ausdruck, dass das Ideal einer supranationalen EU zur Lösung nationaler und ethnischer Konflikte ein nicht praktikables Gedankenkonstrukt sei. Nationale Identitäten lassen sich nicht ablegen, sondern müssen akzeptiert und miteinander in Einklang gebracht werden, um friedliche Koexistenz zu ermöglichen. Die Lösung für den Balkan liege in der Gewährung der Autonomie der einzelnen Volksgruppen. Nach Orbán waren die militärischen Maßnahmen der Nato 1999-2000 eine positive Entwicklung, weil sie zur Wiederherstellung des Friedens betrugen. Wolle die EU eine größere Rolle am Balkan übernehmen, müsse sie auch die entsprechende Verantwortlichkeit tragen, betonte der Oppositionsführer. Orbán zufolge ist Ungarn willens, sich als neues EU-Mitgliedsland stark für die Stabilisierung der südosteuropäischen Region zu engagieren.

Klaus Weigelt, Leiter des Budapester Büros der Stiftung, gab bekannt, dass für das kommende Jahr eine weitere Veranstaltung zu diesen Thema geplant ist. (fp)