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Hesjedal schreibt Giro-Geschichte

Joscha Weber (mit sid/dpa)27. Mai 2012

Der Giro war ein klassisches, italienisches Drama mit furiosem Finale: Am letzten Tag der Rundfahrt nahm Ryder Hesjedal dem Spanier Joaquin Rodriguez die Führung ab und gewann als erster Kanadier den Giro d’Italia.

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Ryder Hesjedal jubelt mit dem Giro-Pokal (Foto: REUTERS/Alessandro)
Bild: Reuters

Als die Italienrundfahrt am Sonntagnachmittag (27.05.2012) im Schatten des eindrucksvollen Mailänder Doms endete, lagen 3505 Kilometer und mehr als 91 Stunden im Sattel hinter den Radprofis. Und doch war es die Winzigkeit von gerade einmal 16 Sekunden, die über den Girosieg entschied. Erst auf den allerletzten Metern des abschließenden Zeitfahrens von Mailand holte sich der Kanadier Ryder Hesjedal das "Maglia Rosa" des Führenden. Durch eine starke Vorstellung auf dem Zeitfahrrad überholte er den rechnerisch 31 Sekunden vor ihm gestarteten Spanier Joaquin Rodriguez und ließ ihn um jene entscheidenden 16 Sekunden hinter sich – der viertknappste Abstand in der Geschichte das "Corsa Rosa". Zugleich war es der erste kanadische Sieg in der 106-jährigen Historie des Rennens.

Italiener enttäuschen beim Heimrennen

"Ich wusste, dass ich gut bin", meinte Hesjedal selbstbewusst im Siegerinterview kurz nach dem Rennen. "Ich habe von Tag zu Tag mehr an mich geglaubt. Das Team hat dabei eine große Rolle für mich gespielt", sagte der einstige Schüler von Lance Armstrong. Während der hochaufgeschossene Garmin-Profi, der als Sechster der Tour 2010 sein Rundfahrttalent bereits angedeutet hatte, sein Glück kaum fassen konnte, trug es der unterlegene Spanier Rodriguez mit Fassung und konnte neben seinen beiden Kindern auf dem Podium auch mit Platz zwei wieder strahlen, schließlich war sein zweiter Rang zugleich seine beste Platzierung bei einer großen Landesrundfahrt.

Joaquin Rodriguez und Ryder Hesjedal fahren auf dem Stilfser Joch (Foto:Daniele Badolato/AP/dapd)
Rodriguez (l.) verteidigte "Rosa" zäh (wie hier auf dem Stilfser Joch), musste Hesjedal dann aber doch vorbei lassenBild: AP

Die schnellste Zeit des Tages im abschließenden Einzelzeitfahren fuhr der Italiener Marco Pinotti, der damit seinen Landsleuten auch über die Enttäuschung eines aus ihrer Sicht eher verkorksten Giros hinweg half. Für die Gastgeber blieb bei ihrem Heimrennen diesmal nur die Rolle der Verfolger: Michele Scarponi, Ivan Basso und Damiano Cunego – allesamt bereits Giro-Sieger – belegten bei dem sonst meist italienisch dominierten Giro nur die Ränge vier, fünf und sechs. Denn völlig überraschend waren sie nicht nur von Hesjedal und Rodriguez vom Podium verdrängt worden, sondern auch vom Belgier Thomas De Gendt, der dank einer furiosen Fahrt auf das legendäre Stilfser Joch am vorletzten Tag und einer starken Zeitfahrleistung noch auf Rang drei stürmte.

Deutsches NetApp-Team lässt hoffen

Während Mark Cavendish mit drei Siegen auf den Flachetappen eindrucksvoll seine Tour- und Olympiagold-Ambitionen unterstrich, machte auch ein kleines, zweitklassiges Team aus Deutschland beim Giro auf sich aufmerksam. Das nur mit einer Wildcard ins Rennen gekommene deutsche NetApp-Team mit kalifornischem Sponsor konnte bei seiner Premiere durch Bartosz Huzarski aus Polen und Jan Barta aus Tschechien zwei zweite Plätze aufweisen und bekam dafür viel Lob. Nach dem Aus für die Teams T-mobile, Gerolsteiner und Milram ist NetApp die derzeit beste deutsche Mannschaft. Lob gab es auch vom Veranstalter für die Profis, aus deren Reihen es diesmal während des Giros keinen einzigen Dopingfall gab – jedenfalls bis jetzt.