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Hessen: Liberale retten Koch die Macht

19. Januar 2009

Dank massiver Zugewinne der FDP kann Hessens CDU-Ministerpräsident Koch an der Spitze einer schwarz-gelben Koalition weiterregieren. Die SPD erlebte ein Wahldebakel - Parteichefin Ypsilanti erklärte ihren Rücktritt.

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Ministerpräsident Koch am Wahlabend (Foto: AP)
Erfolgreiches "Comeback": Roland KochBild: AP

Zum Auftakt des "Superwahljahres" 2009 errangen Christdemokraten und Liberale bei der Landtagswahl vom Sonntag (18.01.2009) gemeinsam eine klare Mehrheit im Wiesbadener Landtag. Während Kochs CDU mit 37,2 Prozent ihr schlechtes Wahlergebnis von 2008 nur minimal verbessern konnte, machte die FDP einen Sprung um fast sieben Punkte auf 16,2 Prozent der Stimmen. Die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel verloren 13 Punkte - soviel wie noch nie in Hessen - und erreichten nur noch 23,7 Prozent. Die Grünen kommen laut vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 13,7 Prozent (+ 6,2 Punkte). Auch die Partei "Die Linke" schaffte mit 5,4 Prozent (+ 0,3) wieder ein Sprung ins Parlament. Die Wahlbeteiligung sank auf 61 Prozent - ein neues historisches Tief.

Schnelle Regierungsbildung

Ministerpräsident Koch kündigte die rasche Bildung einer CDU/FDP-Koalitionsregierung an. Beide Parteien verfügten zusammen über eine in Hessen seit Jahrzehnten nicht gekannte Mehrheit, sagte er. FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn hatte bereits in Wahlkampf unmissverständlich klar gemacht, dass er ein Bündnis mit den Christdemokraten anstrebt.

Ypsilanti zieht Konsequenzen

SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel mit bisheriger Landeschefin Ypsilanti (Foto: AP)
SPD-Genossen: Thorsten Schäfer-Gümbel und Andrea YpsilantiBild: AP

Die hessische SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Ypsilanti erklärte noch am Wahlabend ihren Rücktritt. Sie übernehme damit die Verantwortung für die schwere Niederlage der Sozialdemokraten, sagte Ypsilanti in Wiesbaden. Sie kündigte zugleich an, den Parteigremien Thorsten Schäfer-Gümbel als neuen Vorsitzenden sowohl der Landespartei als auch der Landtagsfraktion vorzuschlagen. Schäfer-Gümbel erklärte seine Bereitschaft, beide Ämter von Ypsilanti zu übernehmen. Die Neuwahlen in Hessen nach nur knapp einem Jahr waren die Konsequenz aus zwei gescheiterten Versuchen Ypsilantis, eine von den Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden. Vier SPD-Parlamentarier hatten ihrer Parteichefin die Gefolgschaft verweigert. Koch und sein Kabinett blieben daher weiter geschäftsführend im Amt.

"Enttäuscht und verärgert"

Der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering war von dem schlechtesten Ergebnis für seine Partei bei einer hessischen Landtagswahl nach eigenen Worten nicht überrascht. Er sprach ebenso wie Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel von einer "Denkzettel-Wahl". Die Menschen in Hessen seien enttäuscht und verärgert über die Sozialdemokraten. Mit Thorsten Schäfer-Gümbel werde es jedoch einen Neuanfang für die hessische SPD geben.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sprach von einem "herausragenden Wahlsieg" und einem "Auftakt nach Maß" für das Superwahljahr 2009. Die Liberalen fuhren ihr bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit rund 50 Jahren ein. Grünen-Chef Cem Özdemir bezeichnete das Abschneiden seiner Partei als grandios. Es handele sich um das beste Ergebnis in allen Flächenstaaten, in denen die Grünen seit ihrer Gründung angetreten seien, sagte Özdemir. Der Bundestags-Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, erklärte, mit dem Wiedereinzug seiner Partei in den hessischen Landtag habe sich das Fünf-Parteien-System in Deutschland endgültig etabliert.

Bundespolitische Auswirkungen

Bundespräsident Köhler (Foto: AP)
Bundespräsident Köhler kann mit Wiederwahl rechnenBild: AP

Durch das hessische Wahlergebnis sind auch die Chancen von Bundespräsident Horst Köhler für eine Wiederwahl gestiegen. Denn Union und FDP können dank ihres gemeinsamen Stimmenzuwachses einige Vertreter mehr in die Bundesversammlung zur Wahl des Staatsoberhauptes am 23. Mai entsenden. Dort hatte Köhler bislang nur ein bis zwei Stimmen mehr als für die absolute Mehrheit erforderlich. Die Aussichten von SPD-Kandidatin Gesine Schwan sind damit weiter gesunken.

Im Bundesrat wird das Regieren für die Große Koalition unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel schwieriger. Sollte in Hessen eine CDU/FDP-Koalition gebildet werden, ist die bisherige Mehrheit von CDU/CSU und SPD in der Länderkammer jedenfalls dahin. Merkel und SPD-Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier müssen nun im Bundesrat auch um die Zustimmung der FDP werben - beispielsweise für das 50 Milliarden Euro umfassende zweite Konjunkturpaket. (wa)