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Heuberger: "Achtelfinale ist das erste Ziel"

Herbert Schalling12. Januar 2013

Nach dem Fehlen bei Olympia 2012 geht es für die deutsche Handball-Nationalmannschaft bei der WM in Spanien darum, verlorenen Boden gutzumachen. Darüber spricht im DW-Interview Bundestrainer Martin Heuberger.

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Handball-Bundestrainer Martin Heuberger gestikuliert und gibt Anweisungen an der Seitenlinie (Foto: Marko Drobnjakovic/AP/dapd)
Bild: dapd

2007 wurde Deutschland im eigenen Land Handball-Weltmeister. In den letzten Jahren konnte das Team zur großen Enttäuschung der vielen Handball-Fans nicht mehr an diesen Erfolg anknüpfen. Tiefpunkt der Entwicklung war ein 11. Platz bei der WM 2011. Bei der WM in Spanien trifft Deutschland in der Vorrunde auf Brasilien, Tunesien, Argentinien, Montenegro und Frankreich.

DW: 2012 war kein erfolgreiches Jahr für den deutschen Handball. Die Olympia-Teilnahme in London wurde verpasst. Das WM-Turnier ist jetzt die erste Chance, wieder ein Zeichen zu setzen. Kann das die Mannschaft? Mit welchen Erwartungen gehen Sie nach Spanien?

Martin Heuberger: Wir gehen mit einer jungen Truppe an den Start. Deshalb sollte man die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen. Aber ich bin überzeugt, dass wir genug Potential haben, um dem einen oder anderen Gegner Paroli bieten zu können, um dann auch das Achtelfinale zu erreichen.

Ist dies das absolute Ziel oder gehen ihre Gedanken schon darüber hinaus, dass man zeigen kann, man gehört wieder zur Weltelite. Achtelfinale bedeutet ja nicht unbedingt Zugehörigkeit zu den Besten der Welt.

Ich glaube, wenn man sich im Umbruch befindet, wie wir mit sieben WM-Debütanten, dann geht es nicht um Medaillen. Es wäre vermessen, würden wir uns zur Weltspitze zählen. Wir sind gut beraten, das Ganze wieder Schritt für Schritt nach vorn zu bringen. Dazu brauchen wir Zeit. Das heißt, diese WM-Neulinge müssen Erfahrungen sammeln, damit wir auch mal wieder an eine Medaille denken können.

Bundestrainer Martin Heuberger spricht mit Deutschlands Dominik Klein. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)
Kommunikativ und von großem Sachverstand: Heuberger soll den Umbruch im deutschen Handball schaffenBild: picture-alliance/dpa

Weltelite ist das Stichwort: Wer bestimmt sie zurzeit? Worin sind diese Mannschaften dem deutschen Team gegenwärtig voraus? Wo muss der deutsche Handball zulegen?

Vorneweg marschiert Frankreich. Die Mannschaft hat in den letzten Jahren alles abgeräumt, was es im internationalen Handball zu gewinnen gibt. Bei Olympia, bei Welt- und Europameisterschaften. Ich zähle auch Spanien dazu. Die Spanier haben in den letzten Jahren nicht den großen Coup gelandet, aber immer gute Platzierungen erreicht. Mit dem Heimvorteil traue ich ihnen auch den Titelgewinn zu. Dänemark spielt seit Jahren guten Handball, hat vergangenes Jahr in Serbien trotz schlechter Vorrunde noch den Titel gewonnen. Das zeigt die Qualität. Ich traue ihnen auch einiges zu. Ungarn sehe ich als Außenseiter. In Europa ist die Leistungsdichte sehr eng. Da kann bei guter oder schlechter Tagesform viel passieren. Ich hoffe, bei uns passiert viel Gutes, so dass wir über das Achtelfinale hinaus noch einen Schritt weiter kommen.

Ihre Aufgabe als Bundestrainer ist es auch, den Umbruch einzuleiten nach der erfolgreichen Generation, die 2007 Weltmeister geworden ist. Keiner kennt sich beim Nachwuchs besser aus als Sie. Lange Jahre waren Sie Trainer der deutschen Junioren. Bietet die Handball-Bundesliga genügend Talente, um diesen Umbruch hinzukriegen? Es fällt auf, dass jetzt im WM-Team viele Spieler dabei sind, deren Vereine nicht die große Rolle spielen, auch in den internationalen Klubwettbewerben nicht dabei sind.

Es muss künftig unser Anspruch sein, dass unsere Nationalspieler auch auf Vereinsebene international aktiv sind, in der Champions League zum Beispiel. Davon haben wir im Moment zu wenige. Wir müssen daran arbeiten, unsere durchaus vorhandenen Talente so auszubilden, damit sie interessant werden für die Spitze der Bundesliga. Wichtig ist jedoch auch, dass von Seite der Vereine die Einsicht wächst, dass wir genügend Potential im Nachwuchs haben, dem man die Zeit geben muss, um zum Spitzenspieler zu reifen.

Sie müssen auf wichtige Spieler verzichten wie Holger Glandorf (Rückraum rechts) oder Uwe Gensheimer (Linksaußen). Grund sind Verletzungen oder Überbelastungen. Seit Jahren schleppt der internationale Handball dieses Problem mit sich rum. Wie kann man dem Einhalt gebieten, zumal sich jeder Trainer wünscht, noch mehr Zeit zur Vorbereitung der Nationalmannschaft zu haben?

Unsere Vorbereitung auf die WM in Spanien war sehr kurz. Die Bundesliga spielte ja noch bis Weihnachten. Erst dann konnten wir mit der Vorbereitung starten. Das ist nicht optimal für eine Nationalmannschaft, besonders nicht wenn man sich im Umbruch befindet wie wir. Ich will nicht klagen. Ich hoffe, die Mannschaft kann trotzdem guten Handball zeigen. Aber generell ist für mich das Maß an Belastung für die Spieler überschritten. Ich habe in der Vergangenheit einige Vorschläge gemacht, wo alle Seiten Zugeständnisse machen müssten, die Vereine in der Bundesliga, aber auch der Europäische Handball-Verband EHF und die IHF, der Welt-Handball-Verband.

Wurf von Holger Glandorf bei der EM 2012 in Serbien (Foto:Marko Drobnjakovic/AP/dapd)
Mit Holger Glandorf fehlt eine der Stützen des TeamsBild: REUTERS

Ein Vorschlag war, die Bundesliga von 18 auf 16 Vereine zu reduzieren. Das fand wenig Zustimmung. Wie groß ist ihre Hoffnung, dass sich mal etwas tut. Das Problem wird seit Jahren diskutiert, aber nichts ändert sich.

Die Entscheidungsträger müssen an einen Tisch und im Sinne der Spieler denken, nicht nur im Sinne des Kommerzes. Man würde vernünftige Lösungen finden, wenn jeder einen kleinen Beitrag leisten würde. Für die Spieler wäre es eine große Sache, wenn sie weniger Spiele und mehr Pausen zur Regeration hätten, damit sie ein Jahr oder sogar mehrere Jahre ohne Verletzungen durchstehen.

Die Trainer vertreten diese Meinung. Die Spieler auch. Wer bremst?

Ich kann das nur anschieben. Auf nationaler und internationaler Ebene gibt es Funktionäre, die sich darüber Gedanken machen sollten, um den Wettkampfkalender zu entzerren.

Noch mal zurück zum Turnier: Eine WM ist eine Leistungsschau des Handballs. Was erwarten Sie von der WM in Spanien? Wird es neue Tendenzen geben oder reiht sie sich ein in die großen Turniere der letzten Jahre?

Man sagt, Turniere nach Olympia würden von vielen Nationen genutzt, um Umbrüche einzuleiten, um sich schon auf die nächsten Olympischen Spiele vorzubereiten. Wir haben diesen Umbruch. Ich bin jedoch gespannt, mit welchen Kadern andere Länder antreten werden. Ich bin überzeugt, wir werden attraktiven Handball erleben. Ich hoffe, dass wir mit dieser Entwicklung Schritt halten können.

Martin Heuberger ist seit dem 1. Juli 2011 Handball-Bundestrainer. Zuvor betreute er das deutsche Junioren-Team, mit dem er je zweimal Welt- bzw. Europameister war. Das Turnier in Spanien ist seine erste WM im Männerbereich.

Das Interview führte Herbert Schalling.