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Heuschreckenkontrolle

Karl Zawadzky9. Februar 2007

Die Sorge vor einer weltweiten Finanzkrise bestimmt das Treffen der G7-Finanzminister in Essen. Vor allem die Gefahr durch Hedgefonds soll kontrollierbar gemacht werden.

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Das Wappentier der HedgefondsBild: dpa Zentralbild

Am Wochenende (9./10.2.) treffen sich die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der sieben wichtigsten Industrienationen - Deutschland, USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Italien - in Essen. Als Gäste nehmen an dem Treffen ihre Amtskollegen aus Russland, China, Indien, Südafrika, Brasilien und Mexiko teil. Neben aktuellen Themen, zum Beispiel die Schwäche des japanischen Yen gegenüber dem Euro und dem Dollar, stehen Maßnahmen zur Kontrolle von Hedgefonds, die Reform des Internationalen Währungsfonds, verstärkte Investitionen in Afrika sowie die Entwicklung von Anleihemärkten in Schwellenländern auf der Tagesordnung.

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Gastgeber Peer SteinbrückBild: AP

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat als Gastgeber des Treffens die Suche nach Kontrollmechanismen zur Begrenzung der von so genannten Hedgefonds ausgehenden Risiken ganz oben auf die Tagesordnung des Treffens der Finanzminister und Notenbankpräsidenten gesetzt. Die Bundesregierung fordert schon lange vor allem mehr Transparenz der weitgehend unkontrollierten Fonds, die bei ihrer Jagd nach der höchstmöglichen Rendite an den weltweiten Währungs-, Aktien- und Rohstoffmärkten hohe Risiken eingehen. 900 solcher Fonds gibt es. Die meisten haben ihren Sitz in den USA oder Großbritannien. Für ihre riskanten Spekulationen stehen ihnen nach Schätzungen 1400 Milliarden Dollar von privaten oder institutionellen Anlegern zur Verfügung; durch Bankkredite wird diese Summe vervielfacht.

Gefährliche Geldsummen

"Wir haben es hier mit Fonds zu tun, die nicht nur selbst über ein sehr hohes Vermögen verfügen, sondern die Investitionen dadurch potenzieren, indem sie in hohem Maße Kredite aufnehmen", erklärt Staatssekretär Thomas Mirow vom Bundesfinanzministerium in Berlin erklärt. "Das führt zu Geldsummen, die möglicherweise gefährlich sein könnten. Diese Gefährdung wollen wir rechtzeitig in den Griff bekommen, damit nicht nach der Lateinamerika- und Asienkrise eine nächste Finanzkrise in der Welt ausgelöst wird durch Fehlspekulationen von Hedgefonds."

Solche Fonds beglücken ihre Anleger mit jährlichen Renditen von 30 Prozent und mehr, was immer mehr Anleger anlockt. Im vergangenen Jahr wurden über 100 Milliarden Dollar in Hedgefonds investiert. Mit großzügiger Kreditvergabe von Banken werden diese Summen vervielfacht. Gerät ein solcher Fonds bei seinen waghalsigen Spekulationen in Schieflage, kann das über einen Dominoeffekt dramatische Auswirkungen für das internationale Bankensystem haben und zu einer weltweiten Finanzkrise führen.

Bestandsaufnahme der Risiken

Der Internationale Währungsfonds hat für das Treffen der Finanzminister in Essen eine Bestandsaufnahme der Risiken vorgenommen, die von Hedgefonds ausgeht. Die Experten im Bundesfinanzministerium und der Bundesbank setzen auf mehr Transparenz, auf einen freiwilligen Verhaltenskodex sowie auf internationale Zusammenarbeit. sagt: "Das ist ein Thema, dass man nur noch international behandeln kann", sagt Staatssekretär Mirow. "Die meisten Hedgefonds arbeiten international, sie sind gar nicht in Europa angesiedelt. Ohne die Mitwirkung der Amerikaner macht ein solches Thema keinen Sinn."

Weiter wollen die G7-Finanzminister aufstrebende Entwicklungsländer, die bei dem Treffen in Essen vertreten sind, für die Entwicklung nationaler Anleihemärkte interessieren, damit sie weniger anfällig für Währungs- und Finanzkrisen werden. Denn bei einer hohen Kreditaufnahme in Dollar oder Euro steigen bei einer Abwertung der eigenen Währung die Auslandsschulden; schlimmstenfalls droht den betroffenen Ländern die Zahlungsunfähigkeit und eine Währungskrise.

Sorge um die Währung

Besonders die europäischen Finanzminister werden gegenüber ihrem japanischen Kollegen die Schwäche des Yen zum Euro und Dollar ansprechen. Im Vergleich zum Euro hat der Yen seit Anfang letzten Jahres um elf Prozent und im Verhältnis zum Dollar um vier Prozent abgewertet. Das fördert die japanischen Exporte und erschwert die europäischen bzw. amerikanischen Ausfuhren nach Japan. Freilich stört Amerika viel mehr die unterbewertete chinesische Währung, wodurch die chinesischen Exporte nach Amerika gefördert und amerikanische Exporte nach China erschwert werden.

Von der Ruhrgebietsstadt Essen werden die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der 13 beteiligten Staaten wenig sehen, denn ihr Treffen findet abgeschieden von der Innenstadt in der Villa Hügel statt, dem ehemaligen Wohnsitz des Großindustriellen Krupp und seiner Familie. Die beiden Gebäude in einem weitläufigen Park haben zusammen 269 Räume mit insgesamt mehr als 8000 Quadratmeter Wohnfläche. Die Familie Krupp bewohnte davon 100 Räume mit zusammen 4500 Quadratmeter Fläche; der Rest diente der Unterbringung von Bediensteten. Zur Bewirtschaftung ihres Wohnsitzes benötigte die Familie Krupp 650 Angestellte. Heute gehört die gesamte Anlage der Krupp-Stiftung und dient als Ausstellungs- und Veranstaltungsgebäude.

Für Samstag ist im Stadtzentrum von Essen eine Demonstration von Globalisierungsgegnern angemeldet. Die Polizei rechnet mit 500 bis 2000 Teilnehmern und einem friedlichen Verlauf der Proteste.