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"Heute freuen wir uns"

31. Januar 2005

An den mit Spannung erwarteten Wahlen im Irak ist kein Leitartikler vorbeigekommen - so steht dieses politische Schlüsselereignis denn auch im Zentrum der Kommentare der internationalen Tageszeitungen.

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Eine Irakerin bei der Stimmabgabe in KalifornienBild: ap

Die "The Washington Post" sieht am Montag (31.1.2005) im Verlauf der irakischen Wahlen einen ermutigenden Fortschritt:

"Diese Zeitung hat nicht gezögert, die Bush-Regierung wegen ihrer Irak-Politik zu kritisieren und wir zweifeln weiter stark an der amerikanischen Strategie. Aber heute freuen wir uns zusammen mit anderen Amerikanern - Befürwortern und Kritikern des Krieges - über den ermutigenden Fortschritt für das irakische Volk. Zumindest für den Augenblick werden die vielen politischen Fehler, die auf dem Weg zu der Abstimmung begangen wurden, von einem bemerkenswert erfolgreichen Wahltag in den Schatten gestellt."

Die linksliberale spanische Tageszeitung "El Pais" (Madrid) meint:

"Wählerstimmen gegen Bomben. Dieses Motto haben sich die Iraker zu Eigen gemacht, die sich trotz aller Gefahren in großer Zahl an der Wahl beteiligt haben. Die Beteiligung übertraf die kühnsten Erwartungen. Es stimmt zwar, dass die Wahl nicht die Krise in ihrem Kern überwindet. Aber sie ist ein Anreiz für die Iraker, selbst eine politische Lösung für ihr Land zu finden."

Die konservative französische Tageszeitung "Le Figaro" schreibt:

"(US-Präsident George W.) Bush gibt sich als erster Sieger dieser Wahlen im Irak, weil sie allen Anschlägen zum Trotz stattgefunden haben und weil die Beteiligung trotz aller Drohungen hoch war. Die Starrsinnigkeit Bushs, die zur Verstrickung in dieses unselige Abenteuer im Irak geführt hat, hat zumindest diese eine gute Seite gehabt. Er hat es gewagt, die Ratschläge derjenigen zurückzuweisen, die ihm einen Aufschub oder eine Streichung der Wahlen empfohlen hatten. Doch dieser Urnengang ist erst der Anfang eines langen Weges. Schiiten, Sunniten und Kurden müssen erst eine gemeinsame Politik entwickeln. Frankreich und die anderen Alliierten müssen nun Amerika helfen, sich aus dem irakischen Sumpf herauszuwinden".

Die konservative Wiener Zeitung "Die Presse" kommentiert die Wahlen so:

"Natürlich waren es vor allem Schiiten und Kurden, die auch am meisten zu gewinnen haben, die wählen gingen. Die sunnitische Minderheit aber, die viele Jahrzehnte die Geschicke des Landes bestimmte, hat sich durch ihren Wahlboykott selbst Mitgestaltungsmöglichkeiten verwirkt. Freilich, die Sunniten standen auch am stärksten unter dem Druck diverser Widerstandsgruppen, die das ganze Land mit terroristischer Gewalt in die Knie zwingen wollen."

Die "Süddeutsche Zeitung" merkt zu der Abstimmung der Iraker an:

"Die Wahl im Irak ist gelaufen, und sie geriet zu einer Veranstaltung zwischen Freuden- und Totentanz. Im Norden und Süden strömten die Menschen bewundernswert entschlossen zu den Wahllokalen. Doch noch vor den Stimmen werden die Leichen gezählt. Bomben in Bagdad und Basra, Angriffe und Gefechte in vielen Teilen des Landes - die Demokratie hat unter heftigem Beschuss gestanden. Die Widerständler haben dennoch ihr Ziel verfehlt, die Abstimmung unmöglich zu machen. Und diese gute Nachricht ist jedem einzelnen Iraker zu verdanken, der unter Lebensgefahr seine Stimme abgegeben hat."

Auch die "Berliner Zeitung" lobt die irakischen Wähler:

"Der Mut zur Stimmabgabe und die überraschend hohe Wahlbeteiligung, die sich in vielen Teilen des Landes abzeichnete, demonstrieren vor allem eine Absage an die Terroristen, die diese Wahlen verhindern wollten. Sie ist aber auch Ausdruck einer großen Hoffnung auf Veränderung. Die Beteiligung an der Wahl erschien den irakischen Wählern als das einzig Sinnvolle in dieser Situation. Die Regierung in Washington, die US-Besatzungsbehörden ebenso wie die neue irakische Regierung und die religiösen Hardliner werden diesen Hoffnungen entsprechen müssen." (mas)