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Hier rockt der Chef persönlich

Nina Werkhäuser25. April 2003

Während die meisten Politiker schon in den Osterurlaub enteilt waren, machte Verteidigungsminister Peter Struck sich auf in Richtung Balkan. Mindestens zwei Mal im Jahr besucht er die Truppen im Kosovo und in Bosnien.

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Über 5000 deutsche Soldaten sind im Kosovo stationiert. Sechs Monate harren sie in der Fremde aus. Tagsüber mühen sie sich auf Patrouillen ab. Und abends langweilen sie sich im Feldlager.

Jedes Mal, wenn der Minister kommt, sind andere Soldaten da. Auch der Kommandeur ist immer ein anderer, aber die Lagevorträge ähneln sich auf frustrierende Weise: Trotz gewisser Fortschritte ist die Sicherheit noch zerbrechlich, und die Vertreter der verschiedenen Volksgruppen misstrauen sich - im besten Fall - oder hassen sich schlimmstenfalls.

Nach zwei oder drei solchen Besuchen weiß jeder: Das Engagement der internationalen Sicherheitstruppen auf dem Balkan ist ein Geduldsspiel, ein langfristiges Engagement. Bis eine vom Krieg traumatisierte Gesellschaft wieder zur Stabilität zurückfindet, kann es viele Jahre dauern. "Wenn wir nicht hier wären, ginge es sofort wieder los", vermuten deshalb auch viele der Soldaten im Einsatz. Über 26.000 sind es insgesamt im Kosovo, über 12.000 in Bosnien - eine enorme Zahl, die schnell vergessen wird, denn schon brennt es ja wieder an einer anderen Ecke in der Welt.

Aber die Soldaten sind da mit einem Mandat des Bundestags, und sie müssen ihren Auftrag irgendwie erfüllen, auch wenn in der Heimat kaum noch jemand Notiz von der Lage auf dem Balkan nimmt - danach kam ja der Krieg im Afghanistan und dann der im Irak. Für den Verteidigungsminister gehört es allerdings zum Job, sich die Sorgen der Soldaten anzuhören (für solche Gespräche gehen regelmäßig die Türen zu, die Journalisten bleiben draußen), und es gehört zu seinem Job, die Soldaten zu ermuntern und zu loben (dabei dürfen dann auch die Medien dabei sein).

Diesmal reiste der Verteidigungsminister nicht alleine: Zusammen mit ihm stieg eine Bluesband in die Regierungsmaschine, alte Bekannte von Peter Struck. Die Musiker spielten in zwei Feldlagern im Kosovo und in Bosnien für die Soldaten, und mangels anderer Attraktionen waren die Konzerte gut besucht. Dass allerdings der Minister dann selbst mit schwarzer Sonnenbrille und Hut auf der Bühne abrocken würde, hatte vorher nicht im Protokoll gestanden. Und so etwas ist überhaupt nur denkbar auf einer Reise in die Einsatzgebiete der Bundeswehr - zwischen staubigen Pisten, Zeltplanen und Wohncontainern, die vermutlich länger dort stehen werden, als jeder von uns jemals vermutet hätte.