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High-Tech aus Öl

Ingo Mannteufel8. Mai 2003

Natürliche Reichtümer wie Öl und Gas tragen die russische Wirtschaft von heute. Die Zukunft des Landes können sie jedoch nicht sichern. Das wissen auch Politiker und Beamte in Moskau und wollen das ändern.

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Russlands Wirtschaft: Ölförderung in SibirienBild: AP

Für die russische Wirtschaft sind die Rohstoffe des Landes von zentraler Bedeutung: Mehr als 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes stammen aus dem Abbau und Handel mit den natürlichen Ressourcen des Riesenreiches. Wissensintensive und innovative Güter werden dagegen in Russland kaum produziert oder gar exportiert. Das ist eigentlich überraschend, denn die russische Forschung hat eine lange Tradition und auch heute noch ist das wissenschaftliche Potenzial groß: Schätzungen zufolge gibt es mehr als 4000 Forschungsinstitutionen mit rund 800.000 Wissenschaftlern - und einige davon genießen Weltruf.

Mit dem Internet in die Zukunft

Wladimir Putin im Internetcafé
Wladimir Putin, links, im Internetcafe in der zentralsrussischen Stadt SaranskBild: AP

Die politischen Entscheidungsträger in Russland wollen daher nun den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft verstärken. Ein Mittel dazu ist die Förderung von Informations- und Kommunikationstechnologien durch das Programm "Elektronisches Russland 2002-2010": "Dabei geht es darum, Informationstechnologien im gesamten Bereich des öffentlichen Lebens, der Staatsverwaltung und der Gesellschaft einzuführen, erklärt Zeren Zerenow, Leiter der Abteilung für neue Wirtschaftszweige und Unternehmensführung im russischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel im Gespräch mit DW-WORLD. Das Ziel sei, den Staat effizienter zu machen und ihn in einen Dienstleistungsstaat für Bürger, Gesellschaft und Wirtschaft zu verwandeln. Damit werde auch die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gesteigert. (siehe das Interview mit Zeren Zerenow "Privileg der Rückständigkeit")

Probleme und Nöte russischer Unternehmer

Bis zur Entwicklung Russlands zu einem Exportland für High-Tech-Produkte ist es aber noch ein langer Weg. Wie so oft fehlt Geld. Beispielsweise sind viele russische Forschungsinstitutionen unterfinanziert. Sie können sich nur dank westlicher Forschungsaufträge über Wasser halten. Junge Unternehmer mit innovativen Produkten finden auch nur schwer Startkapital für ihre Geschäftsgründungen. Hinzu kommen die Probleme, mit denen alle kleineren mittleren Unternehmen in Russland kämpfen: mangelhafte Infrastrukturen, Korruption und Misswirtschaft in der staatlichen Verwaltung sowie unklare Steuer- und Rechtsvorschriften.

Verbesserungen im Bereich der Industrie- und Forschungspolitik verspricht dagegen Andrej Fursenko, Erster stellvertretender Minister für Wissenschaft, Industrie und Technologie Russlands, im Interview mit DW-WORLD. Wie Zerenov sprach er Anfang Mai auf einem Symposium der Vereinigung deutscher und russischer Ökonomen dialog e.V. in Tübingen über die Bedeutung von Bildung, Forschung und Technologietransfer für die deutsche und russische Wirtschaft. Fursenko zufolge setzt die russische Regierung heute darauf, die Entstehung von Wissen zu finanzieren.

Gemeinsam mit der Wirtschaft wolle sie dafür sorgen, dass Forschungsergebnisse in marktfähige Wirtschaftsprodukte umgewandelt werden. Dabei unterstütze die russische Regierung nicht nur konkrete Projekte. Vielmehr versuche sie auch allgemein bessere Bedingungen für neue kleine Firmen mit innovativen Ideen zu schaffen. (siehe das Interview mit Andrej Fursenko: "Wir werden nie zu einem zweiten Indien werden")

Wunsch und Wirklichkeit

Präsident Wladimir Putin steht laut Fursenko voll und ganz hinter dem Ziel, in Russland eine technologie- und wissensbasierte Wirtschaft zu schaffen. Der Präsident habe die Bedeutung dieses Bereiches der Wirtschaft für die Zukunft des Landes klar erkannt. Dass für Putin und seine Mitstreiter in der russischen Regierung noch viel zu tun bleibt, offenbart die Tatsache, dass nur 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Wissenschaft und wissenschaftliche Forschung fließen. Dieses Verhältnis dürfte sich aber nur unter einer Bedingung verändern: Wenn gerade die private Gewinne und Staatseinnahmen aus dem Export von Öl und Gas für High-Tech-Forschung und den Transfer dieser Ergebnisse in die Wirtschaft genutzt werden.