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Hilf mir, auf dich zu vertrauen, Gott!

2. Februar 2013

Die Zukunft ist uns völlig unbekannt. Aber wenn alles möglich ist, kann auch etwas Positives passieren, weil Gott den Menschen beisteht. Lucie Panzer überlegt für die evangelische Kirche, wie sich das im Alltag zeigt.

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Flüchtlingsboot kentert vor Bangladesch
Flüchtlingsboot kentert vor BangladeschBild: Reuters

Ohne Planung funktioniert nichts

In die Zukunft schauen, das kann man nicht. Schade eigentlich. Ich muss doch planen, vorsorgen und mich einrichten auf das, was wird. Es wäre ja verantwortungslos, wenn man es nicht täte. Prognosen, Vorausschau und Vorausplanung sind in vielen Bereichen nötig. Man muss wissen, wie die demographische Entwicklung weitergeht, damit man weiß, ob man in Zukunft mehr Kindergärten oder mehr Einrichtungen für alte Menschen braucht. Und selbstverständlich muss man die Kosten berechnen, wenn man ein Projekt plant und überlegen, ob man sie aufbringen kann. Wenn die Experten das bei manchen Großprojekten nicht richtig hinkriegen, dann ist das ein Skandal und eine Blamage. Aber wie schaut man voraus? Glaskugeln, Tarotkarten oder Kaffeesatz funktionieren ja nicht. Wie also dann? Man rechnet hoch. Man schreibt fort, was ist. Man schaut an, was geworden ist und wie die Entwicklung bisher war. Und dann berechnet man, wie es weitergehen wird: wahrscheinlich geht es ja genauso weiter wie bisher. Das ist die Annahme, die dahinter steckt.

Planung ist gut, Vertrauen ist besser

Noch geht es mir ganz gut, sagen manche. Aber man liest so viel in den Zeitungen: Es wird wohl nicht so bleiben. Die Aussichten sind schlecht. Und viele sagen: Es steht nicht gut um unsere Welt. Wo soll das noch hinführen? Es wird eine Katastrophe geben. So funktionieren viele Prognosen. Die rechnen nicht damit, dass es auch anders werden könnte. Dass es überraschende Entwicklungen geben könnte. Positive.

Genauso ging es den Jüngern von Jesus, als sie mit ihm zusammen im Boot saßen und in einen schweren Sturm gerieten. Die Wellen schlugen hoch, erzählt die Bibel. Und für die Jünger war klar: Wir werden untergehen. Sie haben mit dem Schlimmsten gerechnet. Und Angst gekriegt, natürlich. Wer mit dem Schlimmsten rechnet, muss ja Angst kriegen. Ich kann mir vorstellen wie sie gejammert haben und durcheinander geschrien. Wie sie in Panik geraten sind. Wie sie aus dem Rhythmus gekommen sind beim Rudern. Wie sich keiner mehr getraut hat, das Segel einzuziehen. Die Bibel erzählt, dass es ganz anders gekommen ist. Jesus, heißt es, hat den Sturm beruhigt. Da waren sie gerettet. Und Jesus hat sie gefragt: „Habt ihr denn keinen Glauben?“

Das gibt mir zu denken. Die Jünger, die doch die engsten Vertrauten von Jesus waren: die waren gewissermaßen praktische Atheisten. An ruhigen Tagen, am Sonntag im Gottesdienst, da war ihnen ihr Glaube selbstverständlich. Solange alles gut ging, da gab es keine Zweifel und keine Angst vor der Zukunft. Da konnten sie ohne Weiteres sagen: Ich glaube an Gott, der wird mich behüten. Aber als die See rau wurde: da schienen sie Gott und Glauben nicht zu kennen. Da haben sie bloß noch das Schlimmste erwartet, weil das Schlimmste das Wahrscheinliche war. Mit Gott jedenfalls und mit seiner Hilfe haben sie da nicht gerechnet. Mir geht das manchmal auch so.

Und jetzt denke ich mir: Wenn ich davon ausgehe, dass es gleichsam automatisch so weitergehen wird wie bisher – dann vertraue ich ja nicht wirklich auf Gott. Denn Gott ist einer, der es möglich macht umzukehren. Es anders und besser zu machen. Wir sind nicht einem blinden Schicksal ausgeliefert, dass niemand aufhalten kann. Vieles ist möglich. Menschen können sich ändern. Eine Krankheit kann man heilen oder lernen, mit ihr umzugehen. Viele sagen später: Das war eine wichtige Erfahrung und ein neuer Anfang für mich. Es geht mir besser als vorher. Und auch die manchmal düsteren Prognosen für die Zukunft können der Anfang für ein Umdenken und Neudenken und für neue Entwicklungen sein. Die angeblichen Sachzwänge sind kein Naturgesetz. Gott hat durch die Jahrhunderte immer wieder neue Anfänge und überraschend neue Entwicklungen möglich gemacht.

Gott sitzt mit uns in einem Boot

Ob ich denn nun für das neue Jahr mit Wundern rechnen will, fragen Sie? Jedenfalls will ich mit Gott rechnen. Der sitzt mit mir im Boot. Mit Ihnen übrigens auch, glaube ich. Er kann uns Kraft geben und Mut, aus den Prognosen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dass wir umkehren und es besser machen. Damit positive Entwicklungen in Gang kommen. Es kann alles ganz anders kommen. Darauf will ich vertrauen. Und statt ängstlich auf Prognosen zu starren will ich bitten: Hilf mir, auf dich zu vertrauen, Gott. Und dann die Segel setzen. Oder anfangen zu rudern.

Die evangelische Pfarrerin Lucie Panzer, Stuttgart
Die evangelische Pfarrerin Lucie PanzerBild: GEP

Lucie Panzer(geb. 1955 in Stadtoldendorf, Weserbergland) ist Pfarrerin der württembergischen Landeskirche im Landespfarramt für Rundfunk und Fernsehen. Sie studierte evangelische Theologie in Bethel, Göttingen und Tübingen. Nach vier Jahren als Vikarin und Pfarrvikarin an der Stiftskirche in Tübingen folgte eine neunjährige Familienpause. Ab 1995 ist sie Rundfunkbeauftragte der württembergischen Landeskirche zunächst für den Südwestfunk, ab 1998 für den Südwestrundfunk. Lucie Panzer hat seit 2008 einen Lehrauftrag für Homiletik an der Universität Tübingen. Sie hat vier erwachsene Kinder und lebt in Stuttgart.