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Entwicklungshilfe müsste verdoppelt werden

23. Oktober 2009

Die EU, die 27 Mitgliedsstaaten und die Kommission, zahlten im letzten Jahr 49 Milliarden Euro Entwicklungshilfe, weit mehr als die Hälfte aller Zahlungen weltweit.

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Im DW-WORLD.DE Interview: Karel de Gucht, EU-Kommissar für Entwicklungshilfe (Foto: AP)
Im Interview: Karel de Gucht, EU-Kommissar für EntwicklungshilfeBild: AP

Um die Milleniumsziele zu erfüllen, müsste diese gigantische Summe von 49 Milliarden Euro bis 2015 jedoch fast verdoppelt werden. Selbstkritisch räumt die EU-Kommission ein, dass die unkoordinierten Hilfsprojekte der Mitgliedsstaaten jedes Jahr zu Verlusten und Doppelaufwand in Höhe von drei bis sechs Milliarden Euro führen. Darüber sprach DW-WORLD.DE mit Karel de Gucht, dem EU-Kommissar für Entwicklungshilfe:

DW-WORLD.DE: Sind Sie zuversichtlich, dass die EU ihre Zusagen für offizielle Entwicklungshilfe einhalten kann. Wird sie genug Geld geben?

Karel de Gucht: Man muss zwischen der Europäischen Union insgesamt und der Europäischen Kommission unterscheiden. Wir, die Kommission, werden unseren Verpflichtungen nachkommen. Die Mitgliedsstaaten sind natürlich alle selbst für sich verantwortlich. Da mache ich mir einige Sorgen. Denn wenn man die Prozentzahl als Messlatte nimmt, heißt das ja, dass das Ergebnis kleiner wird, weil das Bruttoinlandsprodukt in der Krise schrumpft. Die absolute Zahl wird also kleiner. Eine ganze Reihe von Mitgliedsstaaten hat arge Haushaltsprobleme, eigentlich sind das alle, wenn wir ehrlich sind. Das könnte am Ende einen Effket haben. Wir werden in den nächsten Monaten sehen, ob der eintritt oder nicht.

Es gibt noch ein weiteres Risiko, und das ist die Doppelbuchung von Geld. Das Geld könnte man auf der einen Seite als Entwicklungshilfe verbuchen, auf der anderen Seite könnte man das gleiche Geld als "Kampf gegen den Klimawandel" abrechnen. Deshalb bestehe ich darauf, dass die Mittel für die Eindämmung des Klimawandels frisches, zusätzliches Geld sein müssen.

Wie können Sie die Mitgliedsstaaten daran hindern, diese beiden Dinge zu vermischen und so zu rechnen?

Die offizielle Entwicklungshilfe (ODA) ist klar definiert. Man kann da nur die Zahlen veröffentlichen und sagen, dies und jenes ist nicht korrekt. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass es bei der Entwicklungshilfe jetzt schon einen gewissen Teil gibt, den man für die Folgen des Klimawandels ausgibt. Das auseinander zu halten wird nicht ganz einfach werden. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) misst die offizielle Entwicklungshilfe. Sie muss sich jetzt Verfahren überlegen, wie man das hinbekommt.

Was kann denn die Europäische Union selbst tun, um ihre Hilfen effizienter zu machen? Können Sie zum Beispiel bei der Verwaltung sparen?

Wenn man sich die Verwaltungskosten für Entwicklungsprojekte ansieht, wird klar, dass die Kosten zu hoch sind. Wenn man die Mitgliedsländer disziplinieren will, da geht man am besten mit gutem Beispiel voran. Auch innerhalb der EU-Kommission könnte da einiges gespart werden und das wird unser Hauptfokus sein.

Trotzdem bleiben es ja 27 Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission, die als Geber fungieren und koordiniert werden müssen? Ist das sehr schwer?

Man könnte sich es einfach machen und sagen: Wir sind ein Geber. Basta! Das hat mit dem wirklichen Leben aber nichts zu tun. Das ist ferne Zukunftsmusik.

Das Interview führte Bernd Riegert.
Redaktion: Heidi Engels