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Entwicklungsländer leiden massiv unter Klimawandel

24. Oktober 2009

Die Klimakatastrophe ist bereits da. Das berichteten zahlreiche Regierungschefs von Entwicklungsländern bei den Europäischen Entwicklungstagen in Stockholm. Sie verlangten Hilfe von der EU.

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Cook Inseln 2007 (Bild: AP)
Pazifische Inseln werden überflutetBild: picture-alliance/ dpa

„Stellen Sie sich vor, ihr gesamtes Heimatland würde ein oder zwei Meter unter Wasser stehen. Das ist das, was mir bereits passiert, immer öfter passiert!“ Mit diesem dramatischen Appell versuchte der Präsident des Inselstaates Mikronesien, die Teilnehmer der Europäischen Entwicklungstage in Stockholm aufzurütteln. Emanuel Manny Mori regiert 600 Inseln, die nur ganz knapp aus dem Pazifik ragen: „Mein Land ist kurz davor zu ertrinken. Wir können uns auch nach 17 Jahren Diskussion nicht auf eine gemeinsame Antwort einigen.“

"Die Welt verändert sich einschneidend"

Präsident von Mikronesien, Emanuell Manny Mory (Foto: Bernd Riegert, DW)
Präsident von Mikronesien, Emanuell Manny MoriBild: DW/Bernd Riegert

Der Präsident Mikronesiens forderte die Europäische Union auf, sich beim bevorstehenden Weltklimagipfel in Kopenhagen Anfang Dezember zu finanziellen Hilfen für arme Staaten zu verpflichten. „Wir müssen miteinander arbeiten und uns gegenseitig stützen, um die Welt zu retten,“ sagte Emanuel Manny Mori in Stockholm. Es sei völlig klar, dass die Welt dabei sei, sich einschneidend zu verändern. Auch der Lebensstil der Menschen im reichen Norden werde sich verändern müssen. „Die Frage ist nur noch, wie ernst wird die Krise, wie lange wird sie dauern und wie werden unsere Gesellschaften antworten?“, sagte der Präsident Mikronesiens weiter.

Dörfer der Eskimos versinken

Der Klimawandel betrifft nicht nur Inselstaaten, sondern auch afrikanische Staaten, in denen die Ernteerträge wegen Wasserknappheit zurückgehen. Betroffen sind auch die nördlichsten und kältesten Regionen der Erde. Mary Simon ist Präsidentin der Eingeborenen in Kanada. Die Heimat der Eskimos schmelze dahin, warnte Mary Simon. „Es gibt ein Dorf in meiner Heimat, das anfängt im Boden zu versinken. Der Dauerfrost im Boden ist aufgetaut. Und das passiert überall in der Arktis, beklagte die Sprecherin der Eskimos.

Mary Simon, Präsidentin der Eskimos Kanadas (Foto: Bernd Riegert, DW)
Präsidentin der Ureinwohner Kanadas: Es gibt keinen Permafrost mehrBild: DW/Bernd Riegert

Mary Simon forderte einen Soforthilfe-Fonds von 20 Milliarden Dollar, der beim Klimagipfel in Kopenhagen beschlossen werden müsse. Die vom Klimawandel betroffenen Regionen könnten nicht weitere zehn Jahre warten.

EU sagt Hilfe zu

Der Präsident der EU-Kommission, José Barroso, räumte ein, dass die Industriestaaten mit ihren Abgasen den Klimawandel ausgelöst haben. Deshalb müssten sie auch Anpassungshilfen für die Entwicklungsländer zahlen. Konkrete Summen nannte Barroso aber nicht. „Wir werden als erste eine verlässliche Finanzierung anbieten, mit denen Entwicklungsländer Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel bezahlen können“, kündigte Barroso bei den Entwicklungstagen an. Barroso hofft, die EU-Mitgliedsstaaten beim EU-Gipfel am Donnerstag (29.10.2009) auf diesen Kurs einschwören zu können. Mit konkreten Vorschlägen will die EU dann auf dem Klimagipfel in Kopenhagen glänzen und die anderen Industriestaaten, vor allem die USA, überzeugen.

Entwicklungsexperten schätzen, dass die Entwicklungsländer im Jahr 2020 rund 100 Milliarden Dollar für die Folgen des Klimawandels aufwenden müssen. Ein großer Teil dieses Geldes müsse auch von den Industriestaaten und den Schwellenländern kommen. Die Premierministerin von Bangladesh verlangte, dass diese Gelder zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Entwicklungshilfe gezahlt werden müssten.

Die Europäische Union befürchtet, dass die Geberländer versuchen werden, die Hilfen gegeneinander aufzurechnen, das heißt, reguläre Entwicklungshilfe würde zugunsten des Klimawandels umgeschichtet. Trotz der Wirtschaftskrise sind die Bürger in Europa bereit, mehr Entwicklungshilfe zu zahlen. Das zeigt eine neue Umfrage der EU-Kommission.

Kein gutes Gefühl

Michèle Duvivier Pierre Louis, Premierministerin von Haiti (Foto: Bernd Riegert, DW)
Haitis Regierungschefin zweifelt am Engagement der reichen StaatenBild: DW/Bernd Riegert

Ob die europäischen Politiker daraus beim Umweltgipfel in Kopenhagen jedoch die entsprechenden Konsequenzen ziehen werden, bezweifelt Michèle Pierre Louis. Sie ist die Premierministerin des Karibikstaates Haiti: „Ich habe nicht das Gefühl, dass unsere Position fair berücksichtigt werden wird“, sagte die haitianische Premierministerin. Trotzdem wolle sie weiter kämpfen. Haiti werde, so berichtet Michèle Pierre Louis verzweifelt, von immer heftigeren Stürmen getroffen. Die kleinen Erfolge der Entwicklungspolitik würden so durch den Klimawandel einfach ausradiert und man könne sich nicht wehren.

Autor: Bernd Riegert, z. Zt. Stockholm

Redaktion: Susanne Eickenfonder