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Hilfegesuch aus den USA

Daniel Scheschkewitz / mas11. Juli 2003

Für die Friedenssicherung in Irak zahlen die USA einen hohen Preis: täglich sterben dort US-Soldaten, und die Kosten der Mission sind doppelt so hoch wie geschätzt. Jetzt wollen die USA die NATO zur Hilfe rufen.

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Könnte Hilfe gebrauchen: US-Militärpolizist in BagdadBild: AP

Immer neue Meldungen über tödliche Übergriffe auf US-Soldaten verschrecken nun schon seit Wochen die amerikanische Nation. Hinzu kommen Berichte über eine dramatisch sinkende Truppenmoral bei den 146.000 US-Soldaten, die derzeit in Irak stationiert sind.

Donald Rumsfeld
Donald RumsfeldBild: AP

Zwei Tage lang musste sich Verteidigungsminister Donald Rumsfeld (Foto) deshalb im US-Senat zu den Perspektiven der Operation "Iraqi Freedom" befragen lassen. Die zentralen Fragen richtete dabei am Donnerstag (10.7.2003) der republikanische Senator John McCain an ihn: "Was wird uns das Ganze ungefähr kosten? Und wie lange werden wir im schlimmsten Fall dort bleiben müssen?"

Antworten

Die Beantwortung der zweiten Frage übernahm der scheidende Oberkommandeur Tommy Franks. Die Truppe, so General Franks, werde in der jetzigen Stärke auf absehbare Zeit im Irak bleiben müssen, es sei denn, so korrigierte Rumsfeld seinen Adlatus, zu den bislang 19 Alliierten, die die USA im Irak unterstützen, kämen weitere hinzu.

Erst nach einem Telefonat mit der zuständigen Finanzabteilung im Pentagon konnte Rumsfeld die Frage nach den laufenden Kosten der Besatzungsstreitmacht beantworten. Sie belaufen sich derzeit auf 3,9 Milliarden US-Dollar im Monat. Im April waren die Kosten noch auf gut zwei Milliarden Dollar (1,77 Mrd. Euro) pro Monat geschätzt worden.

Resolution

Angesichts dieser Kosten und der wachsenden Zahl ermordeter US-Soldaten sprach sich der US-Senat am Donnerstag für die Entsendung von NATO-Truppen in den Irak aus. Die Kammer verabschiedete einstimmig eine Resolution, in der US-Präsident George W. Bush aufgefordert wird, eine entsprechende Anfrage bei Mitgliedstaaten der NATO oder der Vereinten Nationen zu erwägen. Diese Staaten könnten Soldaten oder Polizeikräfte zur Befriedung Iraks stellen, heißt es nach US-Medienberichten in der Resolution.

Der demokratische Senator John Kerry sagte, die USA sollten mehr tun, um internationale Truppen an der Mission in Irak zu beteiligen: "Wir erkennen jetzt, dass die US-Regierung ohne einen genauen Plan zur Friedenssicherung in den Krieg gezogen ist." Es sei jetzt an der Zeit, dieser Wahrheit ins Auge zu sehen und den Kurs zu ändern, "um die Nachkriegslast zum Wohle unseres Landes international zu teilen".

Deutschland, Frankreich

Bereits am Mittwoch hatte Verteidigungsminister Rumsfeld erklärt, zur Stabilisierung der Lage würden die USA die Unterstützung von so vielen Ländern wie möglich begrüßen. Dazu gehörten auch Deutschland und Frankreich, sagte er vor dem für die Streitkräfte zuständigen Senatsausschuss in Washington. Das US-Außenministerium stehe bereits mit Dutzenden Staaten und Militärorganisationen in Verbindung, um sie zur Entsendung von Truppen in den Irak zu bewegen. Auch die NATO sei angesprochen worden.

Die Bundesregierung mit dem vehementen Kriegsgegner Gerhard Schröder an ihrer Spitze bringt dies unter Umständen in eine unangenehme Lage. Sie könnte bald vor der Wahl stehen, zur Unterstützung der NATO Bundeswehr-Soldaten in den Irak zu senden oder zumindest eine finanzielle Beteiligung an den immensen Kosten der Demokratisierung dieses Landes zuzusagen. Eine Entsendung der Bundeswehr nach Irak scheint eher unwahrscheinlich, Scheckbuch-Diplomatie dürfte der Bundesregierung angesichts der desolaten Lage des Bundeshaushalts aber auch schwer fallen.

Zerrissenheit

Eine offizielle Stellungnahme gab die Bundesregierung zu dem Aufruf aus den USA noch nicht ab. In deutschen Regierungskreisen hieß es am Donnerstag aber bereits, die Beteiligung an einer Friedenstruppe stehe nicht zur Debatte. Der französische Außenminister Dominique de Villepin sagte, französische Soldaten würden nur bei einem UN-Mandat entsandt. Sollten beide Länder auch nach einer offiziellen NATO-Anfrage bei dieser Haltung bleiben, böte das nordatlantische Militär-Bündnis einmal mehr ein Bild der Zerrissenheit.

An der Seite der amerikanischen und britischen Truppen in Irak stehen bereits Soldaten mehrerer anderer NATO-Staaten, aber sie handeln nicht im Auftrag des Bündnisses. Zu den Staaten gehören Italien, Spanien und Polen.