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Hilfspaket aus Washington

Antje Passenheim, Washington12. März 2014

Auf dem Höhepunkt der Krim-Krise empfängt US-Präsident Obama den ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk im Weißen Haus. Die Geste könnte kaum deutlicher sein. Doch das allein wird nicht reichen.

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Proteste gegen die russische Krim-Politik in Washington (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Bislang ging sein Name dem US-Präsidenten nicht ganz so leicht über die Lippen: "Ministerpräsident ... äh", geriet Barack Obama noch vor ein paar Tagen vor der Presse ins Straucheln - und rettete sich mit: "Der Ministerpräsident der Ukraine." Obamas Staatssekretärin Victoria Nuland hatte den Namen Arseni Jazenjuk dagegen schon früh genannt - als ihren Favoriten nämlich, um die Ukraine aus ihrer Krise zu führen. "Ich glaube, es kann nur der Typ sein, der die wirtschaftliche und politische Erfahrung hat", sagte die US-Europabeauftragte vor Wochen in einem abgehörten Telefonat mit dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt.

Wenn Obama nun den Chef der ukrainischen Übergangsregierung im Weißen Haus empfängt, wird er nicht nur den Namen Arseni Jazenjuk geübt haben. Mit dem Empfang wird er der Welt zeigen, dass er sich auf die neue Führung in Kiew festgelegt hat, meint Ian Brzezinski vom Washingtoner Thinktank Atlantic Council: "Ich denke, es ist ein sehr wichtiger Besuch, denn er wird die Verpflichtungen der USA gegenüber der Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine inklusive der Krim vermitteln."

Ian Brzezinski vom Atlantic Council (Foto: privat)
Obama hat sich auf die neue Führung in Kiew festgelegt, meint Ian Brzezinski vom Atlantic CouncilBild: privat

Ein dickes Hilfspaket aus wirtschaftlichen wie sicherheitstechnischen Maßnahmen könnte diese Verpflichtung unterstreichen, glaubt der Außenpolitik-Experte, der als ehemaliger stellvertretender Vizeverteidigungsminister zuständig für Europa und NATO-Angelegenheiten war. Die militärische Unterstützung könnte breit aufgestellt sein. "Das könnte Hilfe sein, um die ukrainische Armee zu stärken, zu reformieren und zu modernisieren. Das wäre eine Maßnahme mit Blick auf die längerfristige Sicherheitsbeziehung zum Westen", sagt Brzezinski. Es könne aber auch um unmittelbare Bedürfnisse gehen, "wie etwa Ausrüstung, um die ukrainische Verteidigung gegen die russische Armee zu stärken."

Jazenjuk muss auch etwas liefern

Das könnten Waffen zur Panzer- oder Flugabwehr sein. Oder technische Unterstützung für den ukrainischen Geheimdienst, um die Bewegungen russischer Truppen zu beobachten. Er sei beeindruckt von der Disziplin der ukrainischen Armee während dieser Krise, lobt Brzezinski. Allerdings erwarte das Weiße Haus auch einige Mitbringsel von dem früheren ukrainischen Parlamentspräsidenten und Außenminister: "Zum einen die Bestätigung, dass sich Jazenjuk, seine Regierung und sein Volk als Teil Europas sehen", meint er.

Zum anderen werde der Gast hoffentlich einen Strategieplan oder eine Vision über die nötigen Reformen zur Modernisierung der ukrainischen Wirtschaft mit nach Washington bringen, "um die Korruption zu beenden, die in diesem Land vorherrschend war. Es müssen politische Reformen sein, die Demokratie und Freiheit für das Land garantieren."

Gedenken an die Opfer der Maidan-Revolution vor der geschlossenen Botschaft der Ukraine in Washington (Foto: DW)
Gedenken an die Opfer der Maidan-Revolution vor der geschlossenen Botschaft der Ukraine in WashingtonBild: DW/Antje Passenheim

Noch eine weitere Versicherung erwartet sich Keith Crane vom Pentagon-nahen Thinktank RAND von dem Treffen im Weißen Haus. "Die Ukraine muss die für das Frühjahr versprochenen Wahlen durchführen", sagt er. "Ich denke, das macht es auch leichter, den Russen zu zeigen, dass die neugewählte Regierung sich ganz und gar dem ukrainischen Recht und der Verfassung verschreibt."

Die Ukraine stärken - und in die Pflicht nehmen

Dass das Treffen Jazenjuk-Obama tatsächlich einen ersten Schritt zum Ausweg aus der Krise bringt, bezweifelt Crane: "Das Treffen könnte zu einem Moment des Waffenstillstands beitragen. Wenn man sich das russische Vorgehen in Georgien oder Transnistrien anschaut, dann würde ich behaupten, dass die russische Regierung ganz zufrieden mit einem eingefrorenen Konflikt wäre." So unglücklich das auch sei: "Ich würde mich darauf vorbereiten, dass die Krim für mehrere Jahre, vielleicht Jahrzehnte unter russischer Kontrolle bleibt."

Es sei aber wichtig, dass Obama in den Gesprächen ein wichtiges Signal setze und "ein Paket zur Stabilisierung der Ukraine" einbringe, sagt der Wirtschaftsfachmann. Hilfreich wäre finanzielle und technische Unterstützung durch die USA und vielleicht eine Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen. Doch Crane betont: "Das muss unbedingt zusammen mit der Europäischen Union koordiniert werden."

Alleingänge der USA oder der EU könnten von der anderen Seite als Zeichen der Schwäche gewertet werden, meint der Direktor des Programms für Energie und wirtschaftliche Entwicklung bei RAND. Dagegen würde ein Zusammenspiel der Allianz auch den Rücken des Besuchers in Washington stärken. Und ihn gleichzeitig stärker in die Pflicht nehmen.