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Hillary – das unbekannte Wesen?

Rüdiger Lentz20. Dezember 2007

Wer ist Hillary Clinton? Dumme Frage: Präsidentschaftskandidatin, natürlich, Frau von Bill Clinton und ehemalige First Lady; und: Senatorin für New York; und: Einserjuristin und Rechtsanwältin, und, und, und…

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Bild: DW

Ihr Lebenslauf ist Allgemeinwissen, ihre Verdienste sind tausendmal genannt worden, Hillary Clinton ist praktisch eine "gläserne Kandidatin". Tausendmal durchleuchtet, tausendmal durchgescheckt.

Und dennoch: Kennen wir sie wirklich? Das genau ist die Frage, die sich immer mehr Amerikaner immer häufiger stellen: Wer ist diese Frau? Was verbirgt sich hinter ihrem aufgesetzten Lächeln, ihrer Disziplin und ihrem MG-Feuer an politischer Rhetorik, ihrem enormen Zahlen- und Datenwissen, mit dem sie zwar Fachleute immer wieder verblüfft, aber Durchschnittsbürger immer häufiger erschreckt, ihren dutzenden von Reformvorschlägen und Wahlkampfreden und ihrer offensichtlich unerschöpflichen Energie, mit der sie sich und ihre Wahlkampfmannschaft von Termin zu Termin hetzt.

Die Ziele?

Und was ist ihr Ziel: Die Würde des Amtes wiederherzustellen oder die Republikaner zu demütigen und zu besiegen - die ihren Mann (wir erinnern uns, die Lewinsky Affäre) beinahe mit einem Amtsenthebungsverfahren aus dem Weißen Haus gedrängt hätten. Was treibt sie an: Die Sorge um das Allgemeinwohl oder nur schlecht kaschierte Machtgier?

Hillary Rodham Clinton ist – noch - auf dem besten Wege, die erste weibliche Präsidentin in der Geschichte der USA zu werden. Noch, will heißen, ihre nationalen Umfragewerte garantieren ihr noch einen zweistelligen Vorsprung vor ihrem schärfsten Konkurrenten: Barack Obama. Aber dieser Vorsprung schmilzt wie Schnee in der Sonne und – schlimmer noch – in den drei Vorwahlstaaten Iowa, New Hampshire und South Carolina liegt Obama entweder schon gleichauf oder hat Hillary Clinton bereits auf den Platz Zwei verwiesen.

Diesen erstaunlichen Absturz in der Meinungsgunst führen die Beobachter hauptsächlich auf ihre mangelnde Fähigkeit zurück Sympathie und Wärme auszustrahlen. Einfach echt zu wirken.

Wo ist das Herz?

Keiner bezweifelt ihren Verstand, ihre Erfahrung oder ihre Fähigkeit "vom Tag Eins an führen zu können" (Zitat Hillary), aber immer mehr bezweifeln ob Hillary überhaupt ein Herz hat. Deshalb hat man der – noch – Spitzenkandidatin der Demokraten eine "likeability", eine "Gernemögen" Kampagne verordnet. Jetzt wird gemenschelt – von You Tube bis zu den Wahlveranstaltungen in Iowa und New Hampshire.

"Sie ist eine Mutter, sie hat eine Tochter, und sie kümmert sich auch noch um ihre Mutter!" – so die "enthüllende" Äußerung einer engen Hillary Freundin bei einer Wahlveranstaltung in Iowa. Und Hillary verrät uns, dass sie in der High School dicke Brillengläser trug, sie aber abgesetzt hätte in der Hoffnung, dass Jungens von ihr Notiz nehmen würden. Noch mehr Privates gefällig? Auf die Frage an Bill Clinton, was er und die Senatorengattin denn so täten, wenn sie gerade nicht politisch unterwegs seien, kam die entwaffnende und ehrliche Antwort: "Schlafen, weil wir so müde sind."

Gott sei Dank!

Genutzt hat Hillary der Ausflug ins Private, der sie sympathischer und vor allem eben menschlicher erscheinen lassen sollte, bisher noch nicht. Zu sehr merkt man ihr an, dass dies eine Rolle ist, die ihr offensichtlich nicht liegt. Viel lieber holt sie ihre Sprechzettel hervor und doziert über ein Moratorium der Bausparraten, die Gesundheitsreform und die Beendigung des Irakkrieges. Kommentar eines Wahlbeobachters: "Gott sei Dank, das ist die Hillary, die wir kennen!"