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"Dämpfer für koreanisches Verhältnis"

Esther Felden12. Juni 2013

Die Absage der für diese Woche geplanten Annäherungsgespräche zwischen Nord- und Südkorea belastet das bilaterale Verhältnis. Aber das muss nicht unbedingt Stillstand bedeuten, erklärt SWP-Exerte Hanns Günther Hilpert.

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Hanns Günther Hilpert, stellvertrender Leiter der Forschungsgruppe Asien bei der SWP(Copyright: Hanns Günther Hilpert)
Dr. rer. pol. Hanns Günther HilpertBild: Marc Darchinger

Deutsche Welle: Herr Hilpert, was hat Sie mehr überrascht: Die Tatsache, dass Nordkorea dem Süden wieder Gespräche angeboten hat – oder, dass diese Gespräche jetzt doch kurzfristig wieder abgesagt wurden?

Hanns Günther Hilpert: Eigentlich das Zweite. Nach dem Einlenken Nordkoreas gegenüber der Internationalen Gemeinschaft - was sich in dem Besuch des Kim-Jong-Un-Gesandten in Peking vor etwa zwei Wochen gezeigt hat - lag es nahe. Da war im Prinzip klar: Es wird zu einer Entspannung kommen. Was mich jetzt überrascht hat, war die Tatsache, dass dieses geplante Treffen so kurzfristig wieder geplatzt ist. Denn im Prinzip sind doch beide Seiten an einer Gesprächslösung interessiert und wollten aufeinander zugehen.

Grund für die Absage soll ein Streit über den Rang der jeweiligen Verhandlungsführer gewesen sein. Nordkorea hat den vom Süden vorgesehenen Chefunterhändler, den stellvertretenden Minister für Wiedervereinigung, als Provokation aufgefasst. Warum?

Ursprünglich war vorgesehen, dass der Minister für Wiedervereinigung die Gespräche leitet. Davon hat Südkorea aber Abstand genommen, nachdem Nordkorea seinerseits vorher den Verhandlungsführer rangmäßig abgestuft hatte. Solche Statusfragen sind natürlich nicht unwichtig. Das ist eine Art Kräftemessen in der Vorverhandlung. Da hat Nordkorea anscheinend angenommen, dass man an diesem Punkt nicht nachgeben kann, um nicht selbst das Gesicht zu verlieren. Deshalb haben sie sich zurückgezogen.

Stichwort Statusfragen: Dass das gegenseitige Misstrauen sehr groß ist und schon kleine Irritationen Folgen haben können, ist ja durchaus bekannt: Inwieweit war es vor diesem Hintergrund klug von Seiten Seouls, gerade so eine Person auszuwählen?

Für Südkorea, das unbedingt Verhandlungen und eine Wiederverständigung mit Nordkorea um jeden Preis haben möchte, war es natürlich unklug. Aber es war vielleicht auch klug, schon im Vorfeld darzustellen, dass man nicht bereit ist, sich allen Forderungen Nordkoreas zu beugen. Es war im Prinzip schon ein Teil der Verhandlungen, und so ist es im Vorfeld gescheitert und nicht erst in den Verhandlungen selbst.

Es wären die ersten hochrangigen Gespräche zwischen beiden Seiten seit sechs Jahren gewesen. Damit waren natürlich auch Hoffnungen verbunden, dass sich die Lage auf der koreanischen Halbinsel nach den heftigen Spannungen der vergangenen Monate beruhigen könnte. Wie groß ist jetzt der Dämpfer?

Der Dämpfer ist da. Aber der Dämpfer bezieht sich nur auf das bilaterale Nord-Süd-Verhältnis. Eine Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen Nordkorea und den USA erscheint mir immer noch möglich.

Wie wahrscheinlich ist das?

Ich denke, das ist sehr wahrscheinlich, denn Nordkorea hat sich dazu im Prinzip bereit erklärt und hat auch in Peking die Bedingungen Chinas gehört, nämlich dass es Gespräche geben soll, dass Dialog vor Konfrontation und Aggression stehen soll und dass alle Seiten einschließlich Chinas die nukleare Abrüstung Nordkoreas als Ziel sehen.

Hanns Günther Hilpert ist stellvertretender Forschungsgruppenleiter Asien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.