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Hintergrund: Enron-Prozess

8. Mai 2002

Der in die Enron-Affäre verwickelte Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen kämpft um sein Überleben.

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In Houston im US-Bundesstaat Texas soll ein Strafverfahren gegen die Beratungsgesellschaft Andersen beginnen, der Behinderung der Justiz im Skandal um die Enron-Pleite vorgeworfen wird. Experten erwarten, dass eine Verurteilung in dem Prozess das sichere Ende von Andersen bedeuten würde. Aber auch unabhängig von dem Verfahren steht das Schicksal der Beratungsfirma auf der Kippe: Außerhalb der USA gingen bereits mehr als 90 Prozent der zum weltweiten Andersen-Netz gehörenden Ableger inzwischen Allianzen mit anderen Partnern ein.

In Houston sollte zu Prozessbeginn zunächst die Jury ausgewählt werden. Andersen war im März von einem Geschworenengericht angeklagt worden, Tausende Unterlagen und Prüfberichte über Enron vernichtet zu haben, um die Ermittlungen zum Konkurs des Energiekonzerns zu behindern. Eine außergerichtliche Einigung zwischen der Beratungsgesellschaft und dem Justizministerium als oberster Strafverfolgungsbehörde der USA war gescheitert, da Andersen sich geweigert hatte, ein schuldhaftes Vorgehen

einzugestehen. Die Firma fürchtete, durch ein solches Eingeständnis seine Chancen in zwei anhängigen Zivilverfahren zu mindern. Neben dem Prozess in Houston ist Andersen mit einer Klage von Enron-Aktionären sowie einer Klage der Baptist Foundation of Arizona, einer Pleite gegangenen Investmentfirma, konfrontiert.

Seit dem Enron-Skandal hat Andersen zahlreiche Kunden verloren. Im Ausland wurden die meisten Andersen-Filialen abtrünnig und gingen Partnerschaften mit konkurrierenden Firmen ein, wie der amtierende Chef von Andersen Worldwide, Aldo Cardoso, der Pariser Zeitung «Le Monde» (Dienstagsausgabe) sagte. Im Wesentlichen seien dies Kooperationen mit den Wirtschaftsprüfern Deloitte sowie Ernst & Young. Auch in Deutschland nimmt die deutsche Andersen-Filiale nun mit Ernst & Young einen neuen Anlauf. Inzwischen suchten nur noch die Filialen in Marokko, Indonesien und Israel nach einer Lösung, sagte Cardoso.

Auch innerhalb der USA musste Andersen bereits tiefe Einschnitte vornehmen. 7000 von 26.000 Stellen in den Vereinigten Staaten wurden gestrichen. Nach Zeitungsberichten ist möglich, dass die Firma noch vor dem Urteil in Houston ihren Bankrott erklärt. Der Enron-Konzern, für den Andersen tätig war, war Ende vergangenen Jahres für die Öffentlichkeit völlig überraschend in Konkurs gegangen. Es war die größte Firmenpleite der US-Geschichte. Enron-Manager stehen im Verdacht, im Vorfeld der Pleite Bilanzen manipuliert und sich selbst bereichert zu haben. Auch werden mögliche politische Verzweigungen des Skandals derzeit im US-Kongress untersucht. Enron hatte US-Präsident George W. Bush im Wahlkampf mit großzügigen Spenden unterstützt, aber auch an die heute oppositionellen Demokraten gespendet.

Quelle: AFP