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Hiobsbotschaften der Steuerschätzer erwartet

Karl Zawadzky 4. November 2003

In Frankfurt am Main tagt bis Donnerstag (6.11.) der Arbeitskreis Steuerschätzung. Er soll das Ausmaß der neuen Milliardenlöcher in den öffentlichen Haushalten ermitteln. Böse Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.

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Wo nichts mehr ist, lässt sich auch nichts holen

Drei Tage lang (3.11. – 6.11.2003) beraten unabhängige Finanzwissenschaftler sowie Experten des Bundesfinanzministeriums, der Finanzministerien der Bundesländer, der Bundesbank und von wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten in Frankfurt am Main das Steueraufkommen in Deutschland. Das Ergebnis steht in der Tendenz fest, wird aber erst am Donnerstag am Ende der Herbstsitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung im Gebäude der Bundesbank genau beziffert werden. Aufgrund der Vorausberechnungen im Bundesfinanzministerium sowie in einigen Länderfinanzministerien werden Steuerausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe erwartet. Das heißt: Den Finanzministern droht ein neuer Schlag ins Kontor. Vorsorglich haben die Finanzminister von Bayern und Niedersachsen bereits zur haushaltspolitischen Notbremse gegriffen und eine Haushaltssperre verhängt.

Erfreulich

Erfreulich ist nur, dass die schlimmsten Vorhersagen wohl nicht eintreffen werden. Denn in den vergangenen Tagen sind die Haushaltslöcher, jedenfalls nach den Vorabschätzungen, deutlich geschrumpft. War ursprünglich davon ausgegangen worden, die Einnahmen der öffentlichen Haushalte würden in diesem und im kommenden Jahr um insgesamt mehr als zwanzig Milliarden Euro hinter den bisherigen Annahmen zurückbleiben, ist jetzt nur noch von 17,5 Milliarden Euro die Rede. Diese Steuermindereinnahmen fallen in zwei Jahren an und sind dann von allen drei staatlichen Ebenen zu verkraften. Dennoch ist dies ein hoher Betrag. Und Bundesfinanzminister Hans Eichel klagt zu Recht, dass Deutschland über seine Verhältnisse lebt und die öffentlichen Haushalte zu groß sind für dieses Steueraufkommen.

Grundlage der Steuerschätzung ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung, denn klar ist: Wenn die Wirtschaft stagniert oder die Wirtschaftsleistung gar rückläufig ist, hat das direkte Auswirkungen auf das Steueraufkommen. Für 2003 war die Bundesregierung zu Beginn des Jahres noch von 0,75 Prozent Wirtschaftswachstum ausgegangen. Doch die Hoffnung hat sich nicht erfüllt. 2003 wird mit einer so genannten "schwarzen Null" abschließen. Das heißt: Es herrscht nunmehr bereits im dritten Jahr in Folge Stagnation. Zu Jahresbeginn war die Wirtschaftsleistung rückläufig, mittlerweile hat die Wirtschaftstätigkeit angezogen. Für das Steueraufkommen bedeutet das im Vergleich zu den Etatansätzen ein Minus von neun Milliarden Euro.

Unerfreulich

Derzeit schwenkt die deutsche Wirtschaft auf einen Wachstumskurs ein, doch im kommenden Jahr wird das Wachstum noch sehr verhalten sein. Ging die Bundesregierung bislang von zwei Prozent Wirtschaftswachstum aus, ist jetzt von 1,7 Prozent die Rede. Das heißt, dass die Steuereinnahmen 2004 um voraussichtlich 8,5 Milliarden Euro hinter den bisherigen Annahmen zurückbleiben werden. Eichel sagt:

Zweimal im Jahr - im Mai und im November - werden die Steuereinnahmen geschätzt. Die Novemberschätzung ist besonders wichtig, denn sie fließt ein in die Schlussberatung des Bundeshaushalts sowie der Haushalte der Länder und Gemeinden für das kommende Jahr. Wieder einmal sind die Aussichten alles andere als gut. Nach dem Eingeständnis des Bundesfinanzministers werden die schlechte Entwicklung der Steuereinnahmen und die dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit zum dritten Verstoß Deutschlands gegen den Europäischen Stabilitätspakt führen. Die EU beziffert das Defizit der öffentlichen Haushalte Deutschlands im kommenden Jahr auf bis zu 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und befürchtet auch für 2005 ein Überschreiten der Drei-Prozent-Hürde des Maastrichter Vertrages. Bestätigt die Steuerschätzung diese Annahme, kann der Bundesfinanzminister sich auf Haushaltsempfehlungen aus Brüssel einstellen.