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"Historisches" Integrationsgesetz für Deutschland

Naomi Conrad, Berlin 14. April 2016

Deutschland bekommt zum ersten Mal in seiner Geschichte ein Integrationsgesetz. Das sieht vor: Wer die Integration verweigert, muss mit Kürzungen rechnen, wer seine Ausbildung abbricht, verliert den Aufenthaltstitel.

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Seehofer, Merkel und Gabriel in Berlin (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Die Fotografen und Kameramänner drängen sich am Donnerstag im Pressesaal im Kanzleramt um das Podest: Ein Bodyguard quetscht sich noch schnell an den Journalisten vorbei, während Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel vorne Platz nehmen, flankiert von den Ministern für Inneres, Justiz und Arbeit.

Die Parteivorsitzenden zeigen sich gut gelaunt und aufgeräumt. Mit gutem Grund: Die Koalition habe, so Merkel, "wichtige Projekte auf den Weg gebracht": Nach monatelangem, oft erbitterten Streit innerhalb der Koalition hatten sich die Parteispitzen am Mittwochabend im Laufe einer siebenstündigen Sitzung auf ein Konzept zur Integration von Flüchtlingen und ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Terrorismus geeinigt.

Deutschlands erstes Integrationsgesetz

Einen "historischer Schritt", so nannte Sigmar Gabriel die beschlossenen Eckpunkte für das Integrationsgesetz - damit soll Deutschland zum ersten Mal in seiner Geschichte ein solches Gesetz bekommen, das am 24. Mai bei einer Klausurtagung in Meseberg beschlossen werden soll.

Flüchtlinge in Idomeni warten auf die Essensausgabe
Tausende harren in Idomeni ausBild: Getty Images/AFP/D. Mihailescu

Ziel des Integrationspaketes sei, so Merkel, möglichst viele Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dabei gelte das Prinzip "fördern und fordern": Demnach müssen Flüchtlinge, die Integrationsmaßnahmen ablehnen, mit Kürzungen ihrer Leistungen rechnen - und wer seine Ausbildung abbricht, kann nach Angaben der Kanzlerin sogar seinen Aufenthaltstitel verlieren. Das, so Horst Seehofer, sei auch eine "Frage der Gerechtigkeit". Geflüchteten soll außerdem ein Wohnsitz zugewiesen werden können, ein Beschluss, den Hilfsorganisationen immer wieder kritisiert haben.

Kritik von Hilfsorganisationen

Zudem sollen Flüchtlinge leichter eine Arbeit aufnehmen dürfen: Bislang gilt, dass Asylbewerber und Geduldete nur eine Arbeit aufnehmen können, wenn es keine deutschen oder europäischen Bewerber mit gleichen Qualifikationen gibt. Diese Regelung, die sogenannte "Vorrangprüfung", soll nun für drei Jahre abgeschafft werden.

Idomeni: Leben zwischen den Fronten

Scharfe Kritik an dem Vorhaben kam von der Hilfsorganisation ProAsyl, die das Vorhaben in einer Pressemitteilung ein "Desintegrationsgesetz" nannte und fehlende Integrationsangebote seitens der Regierung kritisierte. Ein Integrationsgesetz, das Sanktionen vorsehe, so ProAsyl, "fördert entgegen aller Fakten das Vorurteil, Flüchtlinge wollten sich nicht integrieren." Entscheidend für die Integration seien Spracherwerb und vor allem der Aufenthaltsstatus. Doch genau das werde "oft jahrelang verweigert."

Die Koalitionsspitzen einigten sich außerdem auf ein Maßnahmenpaket zur Terrorbekämpfung, das Merkel als "großen Fortschritt" bezeichnete. Das Maßnahmenpaket sieht unter anderem eine engere Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten vor. Es gelte "Kooperation statt Konspiration", so Gabriel. Auch sollen verdeckte Ermittler schon zur Gefahrenabwehr - und nicht erst bei der Strafverfolgung - zum Einsatz kommen.