1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hochradioaktiver Müll unterwegs nach Gorleben

25. November 2011

Der Castor-Transport mit Atommüll rollt durch Deutschland. Nach einem mehrstündigen Stopp im Saarland, ist der Zug mit der radioaktiven Fracht auf dem Weg ins Wendland. Atomkraftgegner starteten Protestaktionen.

https://p.dw.com/p/13HUV
Zug mit Castor-Behältern (Foto: dpa)
Auf den ersten Blick ein harmloser Güterzug der an diesem Freitag Saarbrücken passiert: Der Castor-TransportBild: picture-alliance/dpa

An diesem Freitag (25.11.2011) gegen zehn Uhr hatte der Zug mit den elf Castoren, Stunden später als ursprünglich geplant, die deutsch-französische Grenze im Saarland passiert. Nach einem Zwischenstopp in Neunkirchen, wo die Lokomotiven gewechselt wurden, ist der Konvoi mit den tonnenschweren weiß verkleideten Castor-Behältern seit kurz nach 16 Uhr wieder unterwegs in Richtung Gorleben. Während des Halts gab es keine Zwischenfälle.

Zusammenstöße lange vor Atommüll-Ankunft im Wendland

Polizei geht mit Wasserwerfern gegen Atomkraftgegner vor (Foto: AP)
Polizei geht mit Wasserwerfern gegen Atomkraftgegner vorBild: dapd

Anders entlang der Schienenstrecke durch Deutschland, wo es bereits vor Durchfahrt des Atommülltransports Proteste gab. Im pfälzischen Haßloch war ein Großaufgebot der Polizei im Einsatz, um zu verhindern, dass mehrere Dutzend Atomkraftgegner die Zugstrecke des Castor-Transports nach Gorleben besetzten und Steine aus dem Gleisbett entfernten.

In der Nähe des Atommüll-Zwischenlagers Gorleben im niedersächsischen Wendland, wo der Zug mit den Castoren am Samstag erwartet wird, ging die Polizei in einem Waldgebiet an der Castor-Schienenstrecke mit Wasserwerfern gegen hunderte gewaltbereite Demonstranten vor. Beamte seien massiv mit Steinen angegriffen worden, sagte ein Sprecher der Polizei in Lüneburg. Es seien Molotowcocktails und Böller geflogen. In Metzingen in Niedersachsen ging die Polizei auch mit Tränengas gegen Demonstranten vor, die versucht hatten, eine Bundesstraße zu blockieren.

Ungewöhnlich heftige Proteste gegen den Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll, der im französischen La Hague bei der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken angefallen ist, hatte es schon am Mittwoch in Valognes in der Normandie vor der Abfahrt des Zuges gegeben.

Atom-Gegner kündigen weitere massive Proteste an

Kind bei einer Mahnwache gegen den Atommülltransport (Foto: AP)
Bei einer Mahnwache gegen den Castor-Transport in SpeyerBild: dapd

Für das Wochenende haben Atomkraftgegner zahlreiche Aktionen angekündigt, um den Transport zeitweise aufzuhalten, darunter eine Großkundgebung in Dannenberg. Verhindern werden sie den Castortransport angesichts des enormen Polizeiaufgebots wohl nicht. Das letzte Stück vom Verladebahnhof in Dannenberg zum Zwischenlager mitten im Wald bei Gorleben müssen die Atommüll-Behälter auf Schwertransportern gefahren werden. Dabei war es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Sitzblockaden gekommen.

"Wir gehen nicht davon aus, dass es hier in den nächsten Tagen zu einer Eskalation kommt", sagte Jochen Stay, der Sprecher der Anti-Atomkraft-Organisation "ausgestrahlt". "Dazu muss aber auch die Polizei beitragen." Sie müsse mit der Empörung der Menschen vor Ort verständnisvoll umgehen, mahnte Stay.

Bei den geplanten Aktionen gegen den Atommülltransport werden deutlich weniger Teilnehmer erwartet als noch im November vergangenen Jahres. Damals hatten nach Angaben der Veranstalter rund 50.000 Menschen den Castor-Transport genutzt, um gegen die Atompolitik der Bundesregierung zu protestieren, die nur wenige Wochen zuvor die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke beschlossen hatte.

Inzwischen hat die Schwarz-Gelbe Regierung eine Kehrtwende vollzogen und unter dem Eindruck der AKW-Katastrophe im japanischen Fukushima den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Selbst führende Grünen-Politiker haben nach dem Atomausstieg von Widerstand abgeraten. Die Proteste im Wendland werden aber weitergehen - auch weil der Salzstock in Gorleben als mögliches Endlager für hochradioaktiven Atommüll weiter erkundet wird.

Vorerst letzter Atommüll-Transport nach Gorleben

Polizeifahrzeuge in Gorleben (Foto: dpa)
Gorleben rüstet sich für die Ankunft der CastorenBild: picture-alliance/dpa

Der Atommülltransport nach Gorleben ist der vorerst letzte Transport dieser Art. Dennoch bleiben die Ängste der Bevölkerung. Die Zwischenlagerung von Atommüll in Gorleben ist seit Jahrzehnten umstritten, ebenso wie die Eignung des Salzstockes in 800 Meter Tiefe als Endlager. Die Bundesregierung hat inzwischen zwar angekündigt, "ergebnisoffen" nach einer Endlagerstätte suchen zu wollen, das reicht den Menschen in der Region aber nicht aus. Viele befürchten, dass mit den Atommülltransporten ins Zwischenlager Gorleben, wo bereits über 100 Atommüllbehälter stehen, eine Entscheidung für ein Endlager bereits vorweg genommen worden ist.

Autorin: Ulrike Quast (dpa,afp,dapd,afp)
Redaktion: Martin Schrader