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Hochwasser statt Terrorismus

Andreas Tzortzis/(daw)22. Oktober 2002

Ein knappes Jahr nach den Terroranschlägen vom 11. September spielt das Thema Terrorismus in der deutschen Politik nur noch eine Nebenrolle. Stattdessen sind andere Probleme in den Mittelpunkt gerückt.

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Damals Top-Thema, heute fast vergessen: TerrorismusBild: AP

Die Monate nach dem 11. September waren in Deutschland vom Kampf gegen den Terrorismus geprägt. Neben der Trauer um die Opfer erschütterte die Menschen besonders, dass die Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon offenbar von Hamburg aus geplant wurden.

Sicherheitspaket und Solidarität

Die Regierung reagierte schnell: Innerhalb weniger Monate brachte Innenminister Otto Schily zwei "Sicherheitspakete" auf den Weg, die einen härteren und konsequenteren Umgang mit potenziellen Extremisten erlauben sollten. Die Folge des Handelns der Regierung waren gute Umfragewerte für die Koalition und die breite Solidarität mit den USA.

Heute, ein knappes Jahr später, ist der Kampf gegen den Terrorismus von der politischen Tagesordnung verschwunden. Themen wie die Flutkatastrophe in Ostdeutschland, die hohe Arbeitslosigkeit und die Konjunkturflaute haben seinen Platz eingenommen. Islamischer Fundamentalismus und die so genannten "Schläfer" spielen längst keine Rolle mehr in der täglichen Diskussion.

Gründe für Themenwechsel

Jochen Hippler, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg, hat zwei Gründe dafür ausgemacht. Zum einen verliere das Thema mit steigendem zeitlichen Abstand an Bedeutung. Zum anderen sei es Bundeskanzler Schröder gelungen, durch seine umfangreichen Sofortmaßnahmen den Ängsten in der Bevölkerung entgegenzuwirken. "Die Menschen haben keine wirkliche Gefahr empfunden," sagt Hippler. "Das hätte anders ausgehen können, wenn Worte und Taten der Regierung weniger deutlich gewesen wären."

Das nachlassende Interesse am Thema innere Sicherheit bekommt auch die Polizei zu spüren. Sie findet nach Angaben von Polizeigewerkschaftler Rüdiger Holecek kaum noch Gehör bei der Regierung. Sein Engagement für mehr Personal und eine bessere Finanzierung werde in Berlin kaum noch wahrgenommen, klagt er.

Mißachtung der Polizei

Holecek verweist darauf, dass die zusätzlichen Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit die ohnehin überlasteten Polizeikräfte vor immer neue Probleme stellten. Immer mehr Polizisten würden in den Verfassungsschutz versetzt, ihre alten Stellen blieben aus Geldmangel frei. "Wir leiden unter dieser Mißachtung", betont Holecek im Gespräch mit DW-WORLD.

Das will die Gewerkschaft, die mehr als 190.000 deutsche Polizisten repräsentiert, durch eine Pressekonferenz am 11. September ändern. Dort soll ein Handbuch über terroristische Aktivitäten in Deutschland vorgestellt werden. "Wir wollen verhindern, dass das Thema völlig aus dem Blickfeld der Politik verschwindet", bekräftigt Holocek.