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Hoffen auf den Sommer

7. März 2003

Die ohnehin kriselnde Touristik-Branche gerät durch den anhaltende Irak-Konflikt weiter unter Druck. Dennoch hofft die deutsche Reise-Industrie darauf, dass die Buchungszahlen im Sommer wieder steigen.

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Weniger gefragt als im Vorjahr: Pauschalurlaub am MeerBild: AP

Die Krise der deutschen Reisebranche hält unvermindert an. Die Buchungen für Pauschalreisen liegen seit Jahresbeginn um 14,5 Prozent unter dem ohnehin extrem schwachen
Vorjahresniveau, teilte das Reisevertriebssystem Start Amadeus zum Beginn der weltweit wichtigsten Branchenmesse, der Internationalen Tourismus-Börse (ITB), in Berlin mit.

Auch die Fluggesellschaften bekommen die Reise-Flaute zu spüren. Die Buchungen von Flügen gingen im Vergleich zum Vorjahr um 8,8 Prozent zurück. Branchenexperten gehen davon aus, dass die Umsätze der großen Unternehmen in ähnlichem Umfang sinken. Als Grund führte eine Sprecherin vor allem die zunehmende Gefahr eines Irak-Krieges und die anhaltend flaue Konjunktur an.

Prinzip Hoffnung

Trotzdem hofft die Reise-Branche weiter auf eine Besserung der Situation noch in diesem Jahr. "Insgesamt haben wir das Jahr 2003 keineswegs abgeschrieben", erklärte der Präsident des Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verbandes (DRV), Klaus Laepple. Allerdings hätten die Unternehmen registriert, dass um die Monate März und April als "Zeitraum eines mutmaßlichen Kriegs gegen Irak regelrecht herumgebucht" werde.

Auch während des Golfkriegs 1991 sei der Reiseverkehr nahezu zum Erliegen gekommen. Aber danach hätten die Buchungen von Pauschalreisen um fast zehn Prozent zugelegt. Nach Einschätzung des Welttourismusrates (WTTC) wird die Branche 2003 weltweit auch ohne einen Irak-Krieg deutlich schwächer wachsen als erwartet. Die Prognose von einem Zuwachs von 4,1 Prozent sei nicht zu halten, sagte WTTC-Präsident Jean-Claude Baumgarten. Er gehe von drei Prozent aus. Im Kriegsfall müsse sich die Touristikwirtschaft auf einen weiteren Rückgang einstellen. Lediglich Billigreisen werden gerne gebucht.

Billig und gut

Für Aufregung in der Touristik-Branche sorgt auch der Trend zum Sparen beim Reisen, angeheizt durch den Wettstreit der neuen Billig-Airlines. Einige Branchenexperten sprechen zwar von einer 'Aldisierung' der Touristik, aber das kümmert die Reisewilligen wenig. Angebote gibt es zuhauf, nicht nur bei den großen Touristikkonzernen. Über Billigfluggesellschaften lassen sich leicht Hotels zu preiswerten Flügen buchen. Günstige Angebote gibt es auch beim Kaffeeröster Tchibo, an der Tankstelle und im Lottoladen. Und es sind nicht nur einfache Reisen im Angebot: Selbst ein Wochen-Trip nach Dubai im Nobel-Hotel hat der Direktvermarkter "Berge und Meer" nach eigenen Angaben bereits erfolgreich vermarktet.

TUI auf neuen Wegen

Unterdessen reagiert der größte europäische Tourismuskonzern TUI auf die Irak-Krise mit weiteren Einsparungen. TUI-Chef Michael Frenzel erklärte, die Buchungseingänge für den Sommer 2003 lägen zum Teil 20 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Den Sommer abgeschrieben habe der Konzern allerdings noch nicht, betonte er. Im Interview mit einem Branchenmagazin verkündete er einen Strategiewechsel seines Konzerns: Er wolle sich künftig mehr an Kundenwünschen nach billigen Reisen und flexibleren Angeboten orientieren – analog zu den Geschäftspraktiken der Billigfluggesellschaften. Eine Kooperation mit der führenden deutschen Discounterkette Aldi ist im Gespräch. Branchenanalysten wie Christian Obst von der Hypovereinsbank sehen allerdings die Gefahr, dass bei einer 'Aldisierung' die bisherigen Geschäftsmodelle der Touristikkonzerne mit ohnehin nicht sonderlich großen Gewinnmargen unter dem Preis- und Kostendruck in Gefahr geraten. (arn)