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Guinea-Bissau wählt und hofft

Helena de Gouveia15. März 2012

In Guinea-Bissau wird am Sonntag ein neuer Präsident gewählt. Als Favorit geht der jetzige Premierminister Carlos Gomes Júnior ins Rennen. Das in Westafrika gelegene Land gilt als einer der instabilsten Staaten Afrikas.

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Datum: 15/03/2012 Ort: Bissau, Guinea-Bissau Fotografin: Helena Ferro de Gouveia/DW Copyright: Helena Ferro de Gouveia/DW Beschreibung: Verschiedene Poster und Flaggen der Präsidentschaftskandidaten geben den letzten Tagen der Wahlkampagne knallige Farben. Auf dem Rad ist der jetzige Ministerpräsident von Guinea-Bissau, Carlos Gomes Júnior (Partei PAIGC) zu sehen.
Guinea Bissau Wahlen 2012Bild: DW

Vor dem Hauptsitz der einstigen Staatspartei PAIGC in der Hauptstadt Bissau strömen die Menschen auf die Straße und tanzen. Hier wird nicht gefeiert, weil es Grund zum Feiern gibt. Guinea-Bissau liegt laut UN-Index der menschlichen Entwicklung auf Platz elf der am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Es wird gefeiert, weil viele Guineer die Hoffnung auf bessere Verhältnisse nicht aufgegeben haben.

Carlos Gomes Júnior, der jetzige Premierminister, tritt als Kandidat des PAIGC (Partido Africano da Independência da Guiné e Cabo Verde - Partei der Unabhängigkeit von Guinea-Bissau und der Kapverden) an. Er gibt sich optimistisch: "Die Menschen vertrauen mir. Selbstverständlich glaube ich an den Sieg." Dabei kann sich Carlos Gomes Júnior auf die Parteimaschine des PAIGC verlassen, die nach wie vor als die am besten organisierte politische Formation Guinea-Bissaus gilt.

Schleudersitz Präsidentenamt

Seit der Einführung der Mehrparteien-Demokratie in den 1990er Jahren konnte kein einziges Staatsoberhaupt Guinea-Bissaus die fünfjährige Amtszeit zu Ende bringen. Immer wieder griff das Militär ein und setzte Präsidenten ab. 2009 wurde der damalige Präsident "Nino" Vieira von Uniformierten ermordet, nachdem kurz zuvor der Generalstabschef Tagme Na Waie bei einem Bombenanschlag getötet worden war. Die Täter sind bis heute nicht gefasst.

Fahrradfahrer mit der Flagge des Landes und der PAIGC in Bissau. (Foto: dpa)
Fahrradfahrer mit der Flagge des Landes und der PAIGC in BissauBild: picture-alliance/dpa

Kein Wunder, dass sich die Einwohner Guinea-Bissaus vor allem Stabilität wünschen. Und so versprechen sämtliche Kandidaten ihren Landsleuten dafür zu sorgen, dass es in Zukunft friedlicher und weniger chaotisch zugehen wird. Serifo Nhamadjo, der Vorsitzende des Parlaments, geht als unabhängiger Kandidat ins Rennen, obwohl er Mitglied des PAIGC ist. Er betont: "Ich bin der 'Lösungs-Kandidat'. Ich bin Teil der Lösung der Probleme." Nhamadjo plädiert für eine Politik des sozialen Einschlusses und will die Dynamik des verstorbenen Präsidenten Malam Bacai Sanhá fortsetzen: "Ich will Schiedsrichter sein, damit alle Institutionen ohne Konflikt funktionieren."

Ex-Präsident Malam Bacai Sanhá, der im Januar nach langer Krankheit in Paris verstorben war, hatte versucht während seiner dreijährigen Amtzeit Guinea-Bissau von Korruption, Missmanagement und dem Joch des Militärs zu befreien. Sein Motto war "Dialog als Konfliktlösung".

Staatsstreiche, Putschversuche und Anschläge

Doch auch unter Sanhá kehrte keine Ruhe ein, und Guinea-Bissau wurde seinem Ruf gerecht, einer der instabilsten Staaten Afrikas zu sein. Im April 2010 setzten die Streitkräfte ihren damaligen Generalstabschef Zamora Induta einfach ab, verhafteten ihn und brachten für mehrere Stunden auch Premierminister Carlos Gomes Júnior in ihre Gewalt. Präsident und Politiker schauten weitgehend machtlos zu. Ende Dezember 2011 folgte dann ein weiterer Aufstand der Streitkräfte, in diesem Fall konnte die Situation aber unter Kontrolle gebracht werden.

Carlos Gomes Junior, Prämierminister von Guinea-Bissau (Foto: AP)
Carlos Gomes Junior, Premierminister von Guinea-BissauBild: AP

Zum zweiten Mal geht der parteilose Geschäftsmann Henrique Rosa ins Rennen. Bei den letzten Wahlen 2009 war er noch Malam Bacai Sanhá unterlegen. Nach einem Militärputsch 2003 hatte Henrique Rosa bereits zwei Jahre lang als Interimspräsident amtiert. Henrique Rosa sieht die Ursache der Instabilität vor allem in der sozialen Ungerechtigkeit: "Was ist es für eine Gesellschaft, in der die Lehrer nicht bezahlt werden, in der manche Schulen in einem üblem Zustand sind, in der die Richter nicht bezahlt werden und schlecht leben müssen? Wir müssen uns Sorgen machen!"

Zu viele Soldaten für das kleine Land

Henrique Rosa kritisiert die Subventionen für das Militär. Circa 8000 Mann zählt derzeit die Armee - viel zu viel für einen Staat mit nur rund 1,6 Millionen Einwohnern. 2500 Soldaten sollen bald in den Ruhestand gehen. Nachdem die EU bei der Reform der Streitkräfte gescheitert ist, engagiert sich nun Angola im Land - wie Guinea-Bissau eine ehemalige portugiesische Kolonie.

Henrique Rosa (Foto: AP)
Henrique Rosa, PräsidentschaftskandidatBild: AP

Neben der fehlenden Kontrolle des Militärs besteht die größte Herausforderung des Landes im Drogenhandel. Mit seinen unzähligen und schwer zu überwachenden Inseln ist Guinea-Bissau zur Drehscheibe von Drogen im Transit von Südamerika nach Europa geworden. Die Vereinten Nationen haben ausgerechnet, dass die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes dem Wert von etwa sechs Kokain-Lieferungen entspricht. So fällt es der Drogenmafia leicht, Politiker, Polizisten und Militär zu bestechen.

Der Kandidat der Partei PRS, Kumba Ialá, wirft der Regierung vor, beim Thema Drogen nicht genau hinzuschauen: "Die Drogen sind in Guinea-Bissau mit Hilfe der PAIGC-Regierung angekommen." Dafür macht Ialá auch den Premierminister und Präsidentschaftskandidaten des PAIGC, Carlos Gomes Júnior, verantwortlich. Er wolle dagegen eine andere Politik fahren: "Wir sind entschlossen, den Drogenhandel zu bekämpfen, damit die öffentliche und private Gesundheit des Landes nicht verseucht wird."

Ialá – umstrittener Kandidat der Balanta

Ialá, der in Portugal Philosophie studiert hat, war einst der Hoffnungsträger des Landes. Im Jahr 2000 hatte er nach freien und fairen Wahlen gewonnen. Doch unter seiner Präsidentschaft wurde die Meinungsfreiheit unterdrückt und die Opposition behindert.

Präsidentschaftskandidat Kumba Ialá (Foto: dpa)
Präsidentschaftskandidat Kumba IaláBild: picture-alliance/dpa

2003 wurde er in einem unblutigem Putsch abgesetzt. Bei den vergangenen Wahlen 2009 schaffte er es immerhin in die Stichwahl und bekam etwas mehr als ein Drittel der Stimmen. Auch diesmal werden ihm gute Chancen bei den Wahlen am 18.3.2012 eingeräumt, da er viele Anhänger unter den Balanta hat. Sie sind mit rund 30 Prozent der Bevölkerung die größte ethnische Gruppe des Landes.

Kommt einer der neun Kandidaten bei der Abstimmung am Sonntag über 50 Prozent der Stimmen, hat er direkt gewonnen. Wenn nicht, findet eine Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten statt.