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Hohn und Spott für den Kandidaten

3. August 2009

Den alten Traum von der Vollbeschäftigung - Frank-Walter Steinmeier macht ihn wahr, falls er Kanzler wird. Das verspricht er jedenfalls, und erntet dafür Kritik von allen Seiten.

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SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier beim Parteitag im Juni (Foto: dpa)
Steinmeier beim SPD-Parteitag im JuniBild: AP

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier zieht mit einem ehrgeizigen "Deutschland-Plan" in den Bundestagswahlkampf: Eines der zentralen Versprechen darin lautet: Vollbeschäftigung bis zum Jahr 2020. Vor allem mit umweltfreundlichen Technologien und im Gesundheitswesen sollen demnach in den kommenden Jahren vier Millionen neue Stellen entstehen.

In dem 67 Seiten umfassenden SPD-Papier, dessen Inhalte bereits am Wochenende durchgesickert waren, heißt es: "Wir zeigen, wie Deutschland mit kluger Politik im nächsten Jahrzehnt insgesamt vier Millionen neue Arbeitsplätze schaffen kann." Und: "Bis 2020 wollen wir die Arbeitslosigkeit besiegen." Unter Steinmeier als Kanzler werde Deutschland zum "Silicion Valley umweltschonender Industrieproduktion".

"Fantasialand" und "Produktpiraterie"

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und CSU-Chef Horst Seehofer (Foto: AP)
Guttenberg (l.) und Seehofer halten Steinmeiers Pläne für unglaubwürdigBild: AP

Schon vor der offiziellen Präsentation an diesem Montag (03.08.2009) stieß Steinmeiers "Deutschland-Plan" bei Union, FDP, Grünen und Linken auf massive Kritik. Manche Politikerkollegen konnten sich auch spöttische Bemerkungen über die Pläne Steinmeiers nicht verkneifen.

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe): "Das ist doch Fantasialand." Das "simple Ausgeben von Zielmarken" erinnere ihn "doch stark an die Illusionen der sozialistischen Planwirtschaft". Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erklärte in der "Bild am Sonntag", die Menschen seien "es leid, immer zu Wahlkampfzeiten mit Versprechen überschüttet zu werden."

Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin warf der SPD dagegen "Produktpiraterie" vor. Schließlich verspricht seine Partei im Wahlkampf die Schaffung von einer Million neuen Jobs durch den ökologischen Umbau der Wirtschaft. Trittin erklärte, die Grünen rechneten dabei "konkret" und "konservativ" - und auch nur für die nächste Legislaturperiode. Steinmeier aber mache "wolkige Versprechungen" für die kommenden zehn Jahre.

"Die Erde ist eine Scheibe"

Oskar Lafontaine (Foto: AP)
Seine ehemalige Partei ist "keine Konkurrenz" für ihn: Oskar LafontaineBild: AP

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte der "Bild am Sonntag", das Programm Steinmeiers sei ein "Akt der Verzweiflung, um mit einem unseriösen Wahlgeschenk die am Boden liegende SPD wieder aufzurichten".

Der Vorsitzende der Linken Oskar Lafontaine erklärte im ARD-Fernsehen, die SPD sei mit dieser Ankündigung "keine Konkurrenz für uns". Die Sozialdemokraten hätten an dieser Stelle ihre Glaubwürdigkeit verspielt. "Wer jahrelang Regierungspartei ist, kann nicht plötzlich behaupten: Ich hab das Rezept", so Lafontaine. Linke-Geschäftsführer Dietmar Bartsch sagte: "Die SPD schafft vier Millionen Arbeitsplätze, und die Erde ist eine Scheibe."

Grüne Technologien und Gesundheitsbranche

Konkret will Steinmeier dem Vernehmen nach durch den sparsameren Einsatz von Energie und Rohstoffen sowie die Förderung grüner Schlüsseltechnologien zwei Millionen Arbeitsplätze schaffen. Eine Million Jobs sollen in der Gesundheitsbranche entstehen, wo alleine für die Kranken- und Altenpflege mehrere hunderttausend neue Stellen vorgesehen sind. Eine halbe Million Arbeitsplätze sollen zudem in der Kreativwirtschaft geschaffen werden, eine weitere halbe Million in sonstigen Dienstleistungen und im Handel.

Steinmeier will außerdem eine "Allianz für den Mittelstand" gründen und dafür im Kanzleramt Wirtschaft, Gewerkschaften und Banken an einen Tisch holen. (gri/wa/se/dpa/afp)