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Hollande bei Fiskalpakt hart

8. Mai 2012

Der künftige französische Präsident will nicht nur sparen, sondern zugleich das Wachstum mit öffentlichen Mitteln fördern - und bleibt damit auf Gegenkurs zu Kanzlerin Merkel. Jetzt soll ein EU-Sondergipfel helfen.

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Der künftige französische Präsident Francois Hollande, (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters

Der neue französische Präsident François Hollande will in den kommenden Tagen ein Memorandum zur Wachstumsförderung an seine europäischen Partner schicken. Frankreich werde den Fiskalpakt, "in dem Zustand, in dem er sich befindet" nicht ratifizieren, bekräftigte Hollandes Sprecher Pierre Moscovici im Radiosender RTL. Hollande wolle Europa "in Richtung auf mehr Wachstum umorientieren". Der Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in der EU müsse "vervollständigt", also um eine Wachstumskomponente ergänzt werden.

Französische Medien kritisieren Merkels "Spardiktat"

Alle EU-Staats- und Regierungschefs, mit denen Hollande seit seiner Wahl telefoniert habe, seien für mehr Wachstum. "Ich bin aber dennoch zuversichtlich, einen Kompromiss mit Deutschland finden zu können", sagte der frühere Europaminister Moscovici. Gelegenheit dazu geben könnte ein weiteres EU-Gipfeltreffen, das am 23. Mai in Brüssel stattfinden soll. Nach dem Willen der EU soll die Sonderkonferenz ganz dem Thema Wirtschaftswachstum gewidmet werden.

Französische Medien kritisierten unterdessen harsch das "Spardiktat" von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte am Montag kategorisch ausgeschlossen, den Fiskalpakt neu zu verhandeln. "Merkel - Die Feier ist vorbei", titelte etwa die konservative Tageszeitung "Le Figaro". Und "Le Parisien" urteilte, mit Merkel werde es Hollande schwer haben. Sie habe eine zweideutige Botschaft gesandt: Sie wolle einerseits den neuen französischen Staatschef "mit offenen Armen" empfangen, gleichzeitig bleibe sie mit ihrer Spar-Politik stur. Die linksliberale "Libération" wiederum sieht Merkel auf dem Weg in die Isolation, sollte sie unbeirrbar ihren Sparkurs verfolgen. "Hollande hat mit seinen Forderungen nach Investitionen inzwischen ein großes Echo in der EU", so die Zeitung. Dies müsse auch Merkel zu denken geben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: dapd)
Hollande wird es mit Bundeskanzlerin Merkel schwer haben, glauben französische ZeitungenBild: dapd

Auch Ex-Premier Jospin auf die Kanzlerin sauer

Scharf griff der frühere Premierminister Lionel Jospin Merkel an. "Deutschland mag bislang von der harschen Sparpolitik profitiert haben, aber viele Länder stürzt dies ins Unglück", sagte der sozialistische Politiker im Radiosender France Info. Merkel könne die europaweite Abkehr von ihrem einseitigen Kurs nicht länger ignorieren.

Frankreichs Ex-Premierminister Lionel Jospin (Foto: AP)
Frankreichs Ex-Premierminister Lionel JospinBild: AP

Auch wenn sowohl Hollande als auch Merkel einhellig ein Wachstumspaket fordern, verstehen doch beide Seiten darunter etwas völlig anderes: Die Bundesregierung will den Arbeitsmarkt weiter flexibilisieren - ein absolutes Tabu für die gewerkschaftsnahen französischen Sozialisten, die sich für mehr Rechte von Arbeitnehmern und ein früheres Rentenalter einsetzen. Hollande will vielmehr öffentlich finanzierte Arbeitsplätze und in die Infrastruktur investieren, um das Wachstum anzukurbeln.

EU-Kommissionspräsident Barroso springt Merkel bei

Rückendeckung bekam die Kanzlerin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Er bekräftigte, dass Brüssel von den Sparvorgaben der europäischen Verträge und den Krisenbeschlüssen nicht abweichen werde. In den vergangenen zwei Jahren habe Europa wirtschafts- und finanzpolitisch "mehr erreicht als in den zehn Jahren davor". Diese Erfolge gelte es keinesfalls aufs Spiel zu setzen - auch nicht nach den jüngsten Wahlen in Frankreich und Griechenland.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso (Foto: rtr)
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel BarrosoBild: Reuters

Merkel selbst übte sich in vornehmer Zurückhaltung. Zwei Tage nach Hollandes Wahlsieg wandte sie sich in einem persönlichen Glückwunschschreiben an den neuen französischen Präsidenten. Es sei an Deutschland und Frankreich, "die notwendigen Entscheidungen für die Europäische Union und die Eurozone zu treffen, um unsere Gesellschaften auf die Zukunft vorzubereiten und ihren Wohlstand nachhaltig zu sichern und zu mehren", schrieb die Kanzlerin.

sti/pg (afp, dapd, dpa)