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Hollande fordert Achtung der Menschenrechte

18. April 2016

Es gibt Folter, Polizeigewalt und andere Menschenrechtsverstöße in Ägypten. Frankreichs Präsident Hollande thematisiert sie - zum Missfallen von Staatschef al-Sisi. Lobende Worte findet der deutsche Vize-Kanzler Gabriel.

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Frankreichs Präsident Hollande (l.) und Ägyptens Machthaber al-Sisi (Foto: dpa)
Frankreichs Präsident Hollande (l.) und Ägyptens Machthaber al-SisiBild: picture-alliance/dpa/Egyptian Presidency

Frankreichs Präsident François Hollande hat bei seinem Besuch in Kairo die ägyptische Regierung zur Achtung der Menschenrechte im Anti-Terror-Kampf aufgefordert. Der Kampf gegen den Terrorismus erfordere "Entschlossenheit", aber auch Rechtsstaatlichkeit, machte Hollande in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem ägyptischen Kollegen Abdel Fattah al-Sisi deutlich. Er fügte hinzu, Menschenrechte seien auch ein Mittel im Kampf gegen den Terror.

Fall Giulio Regeni angesprochen

Hollande wies darauf hin, dass er zudem "sensibelste Themen" wie die Fälle des Franzosen Eric Lang und des Italieners Giulio Regeni angesprochen habe. Lang war nach seiner Festnahme in Kairo 2013 laut offizieller Darstellung der ägyptischen Justiz "von Mithäftlingen" tot geschlagen worden.

Regeni war am 25. Januar in Kairo verschwunden. Neun Tage später wurde seine Leiche mit Folterspuren am Rande eines Vororts von Kairo gefunden. Diplomaten gehen davon aus, dass der Doktorand, der in Ägypten über Gewerkschaften forschte, von Sicherheitsdiensten zu Tode gefoltert wurde, was die politische Führung vehement bestreitet.

Der Fall belastet seit Wochen die Beziehungen zu Italien und erhöhte den Druck auf Ägypten, das wegen der Unterdrückung Oppositioneller und der Verfolgung von Aktivisten und Kritikern ohnehin seit langem in der Kritik von Menschenrechtlern steht.

Beim warmen Emfang für den französischen Präsidenten ahnt die ägyptische Führung noch nichts von Hollands kritischen Anmerkungen (Foto: dpa)
Beim Empfang für den französischen Präsidenten ahnt die ägyptische Führung noch nichts von Hollands kritischen AnmerkungenBild: picture-alliance/dpa/Egyptian Presidency

Al-Sisi versteht die Aufregung nicht

"Die Region, in der wir leben, ist eine sehr unruhige Region", sagte al-Sisi vor den Journalisten, sichtlich irritiert von den wiederholten Fragen zur Menschenrechtslage. "Die Normen Europas, das an der Spitze des Fortschritts und der Zivilisation steht, können derzeit nicht für unsere Region und besonders Ägypten gelten."

Der Präsident ging auch kurz auf die Todesumstände von Lang und Regeni ein. Anschuldigungen gegen Polizei und Justiz bezeichnete er als Versuch "böser Männer", die das Ziel hätten, Ägypten von seinen arabischen und europäischen Freunden zu entfremden.

Bei dem Besuch Hollandes, der von einer großen Wirtschaftsdelegation begleitet wird, ging es auch um Abkommen auf dem Kultur-, Infrastruktur- und Energiesektor. Unterhändler französischer Unternehmen unterzeichneten 18 Verträge oder Absichtserklärungen. Insbesondere ging es um den Auftrag für die Verlängerung einer U-Bahnlinie in Kairo für 1,2 Milliarden Euro.

Auch Deutschland sucht engere Wirtschaftskontakte

Neben Hollande hält sich auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Ägypten auf. Nach einem Besuch der Pyramiden am Sonntag mit Tourismusminister Mohammed Jehia Rasched eröffnete er an diesem Montag ein Treffen der deutsch-ägyptischen Wirtschaftskommission. Dabei wurden mehrere Verträge unterschrieben.

Das bevölkerungsreichste arabische Land ist gerade dabei, seine marode Energieversorgung zu modernisieren. Dem Siemens-Konzern winkt ein acht-Milliarden-Euro-Auftrag.

Gabriel im Palast al-Sisis (Foto: dpa)
Gabriel im Palast al-Sisis, den er für einen "beeindruckenden Präsidenten" hältBild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Am Rande der Investorenkonferenz rief Gabriel die ägyptische Regierung auf, den gewaltsamen Tod des italienischen Wissenschaftlers lückenlos aufzuklären. "Berichte über zunehmende Menschenrechtsverletzungen, Fälle wie die des italienischen Staatsbürgers, erschrecken uns und machen uns große Sorgen und schaden auch dem Image Ägyptens", sagte Gabriel in Kairo.

"Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten"

Am Sonntag noch waren die Worte des deutschen Vizekanzlers in al-Sisis Präsidentenpalast moderater ausgefallen. Der SPD-Politiker wies darauf hin, dass bei allen Unterschieden Ägypten und Europa der Wunsch nach Sicherheit, Stabilität und Hoffnung verbinde. Er bot die Hilfe Deutschlands etwa bei der Sicherung der ägyptischen Grenze zu Libyen an, um den Waffenschmuggel für islamistische Kämpfer zu unterbinden.

Der Gast aus Berlin lobte, Ägypten habe sich vorgenommen, das Land Schritt für Schritt zu demokratisieren, dabei wolle Deutschland Partner sein. Für Irritation sorgte dann die letzte Bemerkung Gabriels: "Ich finde, Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten."

se/rb (ap, dpa, afp)