1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hollande will sofort mit Reformen loslegen

7. Mai 2012

Frankreich hat einen neuen Präsidenten: François Hollande. Der Sozialist will einiges umkrempeln. Unter anderem wollen die Regierungsmitglieder und er selbst auf 30 Prozent ihres Gehaltes verzichten.

https://p.dw.com/p/14qwl
Francois Hollande mit seiner Lebensgefährtin (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Nach seiner Wahl zum Präsidenten Frankreichs will der Sozialist François Hollande sofort mit seinen Reformen loslegen. Schon in den ersten Wochen soll an der Spitze des Staates einiges anders werden und die Ergänzung des EU-Fiskalpaktes vorangetrieben werden. Im Sommer sollen wichtige Finanzreformen folgen. Insgesamt will er 35 konkrete Maßnahmen im ersten Jahr der Amtszeit umsetzen.

Direkt nach der Wahl soll als erste Maßnahme wie versprochen das Gehalt des Staatschefs und der Regierungsmitglieder um 30 Prozent reduziert werden. Zu diesen höchst symbolischen Veränderungen gehört auch eine "Charta" für ein ethisches Handeln der Regierungsmitglieder, nachdem unter dem konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy mehrfach der Vorwurf der Verschwendung und Bereicherung durch Kabinettsmitglieder aufgekommen war.

Frankreich: Hollande wird neuer Präsident

Kaufkraft der Franzosen stärken

In dieser ersten Phase bis zum 29. Juni will Hollande auch seine europa- und verteidigungspolitischen Pflöcke einrammen. Direkt nach der Wahl will er sein "Memorandum" mit der Forderung nach einem Wachstumsprogramm als Ergänzung zum Fiskalpaket in der EU an die anderen Staats- und Regierungschefs verschicken. Seine erste Reise soll ihn zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) führen, um mit ihr darüber zu verhandeln. Ziel ist ein Beschluss beim EU-Gipfel am 28. und 29. Juni. Bis Ende 2012 will Hollande die französischen Soldaten aus Afghanistan abziehen.

Darüber hinaus will er in den ersten Wochen bereits die Kaufkraft der Franzosen gestärkt sehen: Der Benzinpreis soll für drei Monate eingefroren werden. Besonders umstritten war im Wahlkampf auch eine Änderung der Rentenreform: Wer 41 Jahre einbezahlt hat, soll künftig wieder ab 60 ohne Abschläge in Rente gehen können.

Reform der Staatsfinanzen

In einer zweiten Phase ab Anfang Juli will Hollande das Parlament für einen Monat zu einer außerordentlichen Sitzungszeit einberufen, um insbesondere seine finanzpolitischen Pläne umzusetzen. Dabei soll es um die Reform der Staatsfinanzen gehen, um eine Steuer- und eine Bankreform. Darunter fällt die mittelfristige Finanzplanung, die bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorsieht. Eine Schuldenbremse in der Verfassung lehnt Hollande jedoch ab.

Bei der Steuer stehen eine ganze Reihe gewichtiger Änderungen bevor: So soll eine Reichensteuer in Höhe von 75 Prozent für Einkommen über einer Million Euro eingeführt und die unter Sarkozy beschlossene Mehrwertsteuer-Erhöhung rückgängig gemacht werden.

Auch große Reformprojekte etwa zu Arbeitslosigkeit und Ausbildung sollen angestoßen werden. Allein im Bildungsbereich werden die ersten der für die Amtszeit versprochenen 60.000 Stellen im Bildungsbereich besetzt werden.

Börsen reagieren mit Talfahrten

Die Finanzmärkte, die Hollande im Wahlkampf zu seinem "Gegner" erklärt hatte, müssen mit dem Verbot hochspekulativer Produkte rechnen. Bei den Banken soll der Geschäfts- und Investmentbereich getrennt werden. Sorgen über den künftigen Wirtschaftskurs Europas nach den Wahlen in Griechenland und Frankreich haben die Aktienmärkte in Asien auf Talfahrt geschickt. Der Nikkei verlor knapp 2,8 Prozent. Auch der Euro geriet unter Druck und rutschte auf ein 3-Monats-Tief.

Internationale Reaktionen

Internationale Glückwünsche kamen prompt: US-Präsident Barack Obama gratulierte Hollande zur Wahl und lud ihn ein, noch vor dem Gipfeltreffen der G8-Gruppe und der NATO in zwei Wochen nach Washington zu kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte mit Hollande und lud den Sozialisten zu einem Besuch in Berlin ein. Auch Bundesaußenminster Guido Westerwelle hob hervor, er freue sich auf die Zusammenarbeit. Auch EU-Kommissionspräsident José Barroso setzt auf gemeinsame Ziele, wie die Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft. Großbritanniens Premierminister David Cameron will die "sehr engen Beziehungen" mit Paris fortführen und der italienische Ministerpräsident Mario Monti warb dafür, die "Haushaltsdisziplin" nicht aufzugeben.

Nach Angaben des Pariser Innenministeriums erhielt Hollande in der zweiten und entscheidenen Präsidentenwahl knapp 52 Prozent der Stimmen, auf den konservativen Alt-Präsidenten Nicolas Sarkozy kamen gut 48 Prozent. Sarkozy gestand seine Niederlage ein. Er kündigte an, sich komplett aus der Politik zurückzuziehen. Mitte Mai gibt er das Präsidentenamt an Hollande ab.

as/gmf (afp, dpa, rtr)