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Holpriger Weg zum Frieden

Peter Philipp / arn30. Juni 2003

Israelfeindliche Palästinenser haben am Montag (30.6.) trotz des erklärten Gewaltverzichts einen Anschlag verübt und damit die Hoffnungen auf eine rasche Umsetzung des Nahost-Friedensplans gedämpft.

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Kam der Truppenabzug zu früh?Bild: AP

Die der "Fatah"-Bewegung von Palästinenser-Präsident Jassir Arafat nahe stehenden "El-Aksa"-Brigaden bekannten sich zu dem jüngsten Angriff auf einen Lastwagen, bei dem nach israelischen Angaben ein Bulgare getötet wurde. Die "Fatah" hatte sich kurz zuvor im Namen ihrer Untergruppen zu dem Gewaltverzicht bekannt. "Wir sind nicht an diesen so genannten Waffenstillstand gebunden und wir werden weiter die (jüdischen) Siedler und das israelische Militär in den besetzten Gebieten bekämpfen", sagte ein Sprecher der El Aksa-Brigaden.

Waffenruhe nur auf dem Papier?

Die "Fatah" hatte am Wochenende (28./29. Juni 2003) einen sechsmonatigen, die "Hamas" und der "Islamische Dschihad" einen dreimonatigen Gewaltverzicht erklärt. Palästinensische Sicherheitskräfte haben dem internationalen Friedensplan entsprechend die Kontrolle über Teile des Gazastreifens übernommen. Dem Truppenabzug war die Ausrufung einer Waffenruhe der drei größten militanten palästinensischen Organisationen vorausgegangen.

Wenige Stunden nach dem Abzug der israelischen Truppen errichteten sie in Beit Chanun mehrere Kontrollposten sowohl in der Ortschaft als auch an den Zufahrten. Die "El-Aksa"-Brigaden sind der "Fatah" untergeordnet, haben jedoch keine zentrale Führung und sind in der Frage der Waffenruhe zerstritten. Radikale Palästinenser-Gruppen haben zahlreiche Anschläge gegen Israelis verübt, kämpfen für die Zerstörung Israels und lehnen den Nahost-Friedensplan ab.

Raus aus der Sackgasse

Die verfeindeten Parteien ließen sich förmlich bis zur letzten Minute Zeit, ihren ersten Verpflichtungen aus der "Road Map" nachzukommen - dem Fahrplan zu einem Nahost-Frieden, der vom "Quartett" aus USA, EU, UNO und Russland entworfen und von Israelis wie Palästinensern im jordanischen Akaba bekräftigt worden war.

Es war sicher nicht eigene Umkehr zu mehr Friedfertigkeit, sondern eher die Einsicht, dass der bisherige Weg zu nichts anderem führt als zu noch mehr Elend und weltweitem Unverständnis. Denn beide Seiten machen unverändert deutlich, dass sie noch weit entfernt sind von einem wirklichen Friedensprozess.

Die Fronten bleiben

So erklärten die palästinensischen Gruppen - die islamistische "Hamas" und "Islamischer Dschihad" einerseits und die "Al-Aksa-Brigaden" der "Fatah" andererseits -, dass eine Waffenruhe nur dann von Bestand sein könne, wenn Israel sich aus den palästinensischen Gebieten zurückziehe, wenn es seine gezielten Aktionen - darunter auch Mordanschläge gegen Führer dieser Gruppen - einstelle und wenn es palästinensische Gefangene freilasse.

Und in Israel versichert man, dass eben solche Bedingungen nicht akzeptabel seien: Man werde seinem Teil der Auflagen aus der "Road Map" nachkommen - darunter vor allem dem Truppenrückzug, sich aber nicht daran hindern lassen, den Kampf gegen radikale Gruppen fortzusetzen. Besonders dann nicht, wenn die palästinensische Verwaltung unter Ministerpräsident Mahmoud Abbas nicht selbst gegen diese Gruppen durchgreife. So, wie es in der "Road Map" vereinbart sei.

Unter Zugzwang

Die palästinensische Verwaltung wird nun in der Tat gefordert sein: Bisher konnte sie ihre Inaktivität vor allem damit begründen, dass die erneute israelische Besatzung ihr jede Operationsgrundlage entzogen habe. Wenn Israel sich aber schrittweise zurückzieht und die palästinensische Verwaltung diese Gebiete übernimmt, dann wird sie dort auch für Ruhe und Ordnung sorgen müssen.

Und der Tag dürfte nicht fern sein, an dem diese Verwaltung mit den radikalen Gruppen aneinander gerät. Denn zumindest "Hamas" und "Islamischer Dschihad" geben unumwunden zu, dass ihre Zustimmung zur Waffenruhe nicht etwa eine Akzeptanz des Staates Israel bedeutet, sondern nur eine taktische Entscheidung. Und Abbas weiß natürlich ebenso wie die meisten anderen Palästinenser, dass solch eine Position nicht geduldet werden kann, weil sie notgedrungen neue Konflikte mit Israel heraufbeschwört und damit das Ziel der Gründung eines eigenen palästinensischen Staates (in der "Road Map" für 2005 vorgesehen) auf den Sankt Nimmerleinstag verschiebt.

Schwaches Fundament

Die Palästinenser wissen nur zu gut, dass der israelische Truppenrückzug in jeder Hinsicht symbolisch ist, solange er nicht mit anderen Friedensmaßnahmen von beiden Seiten flankiert wird: Die Panzer können nämlich in ebenso kurzer Zeit wieder in Beit Chanoun oder in Bethlehem einrücken, wie sie von dort abgezogen worden.

Und natürlich kann solches auch bei den besten Intentionen auf palästinensischer Seite innerhalb von Sekunden ausgelöst werden: Wenn nämlich wieder Terroranschläge stattfinden. Es wird niemand glauben, dass eine Waffenstillstandserklärung ausreicht, um jedem Fanatiker das Handwerk zu legen.