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"House of Cards" geht in die nächste Runde

30. Mai 2017

Mit Frank Underwood hat Netflix einen skrupellosen Präsidenten geschaffen, der über Leichen geht. Jetzt startet die 5. Staffel der US-Erfolgsserie "House of Cards". Hat die Realität die Fiktion mittlerweile überholt?

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Still von 5. Staffel House of Cards (Netflix)

"House of Cards" ist eine hochgelobte und sehr erfolgreiche TV-Politserie. Die Macher sollen sich für die Charaktere des eiskalten politischen Paares Frank und Claire Underwood beim Ehepaar Clinton inspiriert haben. Die echte Hillary hat die Wahl verloren, aber mit Donald Trump im Amt scheint die Realität der Serie mittlerweile so manchen dramatischen Twist vorweg zu nehmen.

Aufstieg eines skrupellosen Paars

In den letzten vier Staffeln hat es Frank Underwood, gespielt vom großartigen Kevin Spacey, vom machthungrigen Kongressabgeordneten South Carolinas bis zum amerikanischen Präsidenten gebracht - und das ohne Rücksicht auf Verluste: Bestechung und Skandale, sogar Leichen pflastern seinen Weg an die Spitze der Macht.

Still von 5. Staffel House of Cards (Netflix)
Spielt nur scheinbar die zweite Geige: Robin Wright als Claire Underwood

Im Laufe der Zeit wurde seine Gattin Claire Underwood (Robin Wright) zur heimlichen Heldin der Serie aufgebaut: von der Ehefrau auf Augenhöhe zur emanzipierten First Lady, die eine fast noch gerissenere Taktikerin ist als ihr Mann. In der vierten Staffel erzwang Claire schließlich ihre Kandidatur für die Vizepräsidentschaft. Vorboten für eine Präsidentin Underwood? Immerhin war ihr Mann seit einem Attentat gesundheitlich stark angeschlagen.

Vorbild Hillary fällt weg

Nun stellt sich die Frage, ob "House of Cards" auch ohne den Cliffhanger einer weiblichen "Clinton"-Präsidentschaft funktioniert. Einerseits muss sich die Erfolgsserie von ihrem heimlichen politischen Vorbild emanzipieren, andererseits droht das Netflix-Polit-Drama, das vor der US-Wahl geschrieben worden sein soll, in Zeiten des totalen Trump-Chaos schlimmstenfalls als zahme TV-Version der neuen Polit-Realität wahrgenommen zu werden.

"Trump hat uns all unsere Ideen gestohlen", witzelte denn auch Darstellerin Robin Wright am Filmfestival in Cannes über die neue politische Wirklichkeit anno 2017. Ihr wäre sowieso eine ganz andere Präsidentin am liebsten: "Ich wünsche mir Michelle Obama für 2022. Sie wäre eine tolle Präsidentin", sagte die 51-Jährige in Cannes. Man dürfe die Hoffnung nicht verlieren. 

Land ohne Demokratie

Der Trailer zur fünften Staffel macht klar, was die Underwoods von Demokratie halten: nämlich gar nichts. Über die Vorschau voller rasanter Szenen spricht Frank Underwood bedrohlich: "Die Amerikaner wissen nicht, was gut für sie ist. Ich weiß genau, was sie brauchen. Sie sind wie kleine Kinder. Wir müssen ihre klebrigen Händchen halten und ihre schmutzigen Mündchen abwischen. Ihnen beibringen, was richtig und was falsch ist. Wir müssen ihnen beibringen, was sie denken und fühlen sollen. Sie brauche Hilfe - für ihre wildesten Träume, für ihre schlimmsten Ängste. Zu ihrem Glück haben sie: mich." Die Mission der Underwoods: Der reine Machterhalt: "Underwood 2016, 2020, 2024, 2028, 2032, 2036..."

Von der Realität eingeholt

Im Gespräch mit US-Satiriker Stephen Colbert erklärt Spacey vor wenigen Tagen, dass einige Dinge, die in der Serie noch fiktional abgedreht wurden, sich inzwischen wirklich ereignet hätten. "Tatsächlich waren wir aber zuerst dran", beteuert Spacey. Aber: "Wir haben bessere Autoren als Trump", so der 57-Jährige. Underwoods Rücksichtslosigkeit, seine Verdrehung der Fakten, die Eiseskälte der Macht und die amoralische Verkommenheit des Washingtoner Politzirkus galten seit dem Start der Serie 2013 zwar als hervorragendes Fernsehen, aber doch als Übertreibung. Nun wird Präsident Underwood plötzlich an Präsident Trump gemessen.

Die Serie wird im amerikanischen Netflix komplett gestreamt, im deutschen Netflix gibt es die Folgen erst nach der jeweiligen Ausstrahlung der Folgen bei Sky (weil es Netflix bei Serienstart in Deutschland noch nicht gab, verkaufte Netflix damals die Rechte an Sky).

jhi/suc (dpa/ap)