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Hrubesch: "Kein leichter Weg für die Jungs"

Matthias Frickel / Jan Fritsche5. Januar 2015

Sechs Monate vor der U21-Europameisterschaft spricht der deutsche Nachwuchstrainer Horst Hrubesch im DW-Interview über sein Verhältnis zu seinen Spielern und seine Erwartungen an das Turnier.

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Trainer Horst Hrubesch (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Patrick Seeger

DW: In diesem Jahr findet in Tschechien die U-21-Europameisterschaft statt. Was erwarten Sie von diesem Turnier?

Horst Hrubesch: So wie wir die Qualifikation gespielt haben und mit dem großen Kader, haben wir gesehen, dass wir absolut konkurrenzfähig sind. Mittlerweile haben sie uns bei der Auslosung in der Schweiz ja schon zum Topfavoriten auserkoren. Wir werden in Tschechien sicherlich versuchen, wieder auf den Titel zu spielen.

Wie lässt sich aus einer U21-Mannschaft, bei der viel Fluktuation im Spiel ist, ein wirkliches Team formen?

Man muss einfach immer wieder gucken: Der eine entwickelt sich schneller, der andere braucht ein bisschen länger. Dann kommen Verletzungen hinzu oder die Spieler werden im Verein nur zeitweise eingesetzt. Da hast du eine ziemlich breite Palette, mit der du arbeiten kannst und die dann zusammenzufügen, das ist letztlich der entscheidende Faktor. Wir haben in diesem Kader sicherlich den Vorteil, dass wir gute Individualisten haben, gute Teamspieler, und vor allen Dingen auch viele Spieler, die sehr charakterstark sind. Deswegen fahre ich wirklich frohen Mutes nach Tschechien.

Trainer Horst Hrubesch gestikuliert am Spielfeldrand (Foto: dpa)
Erfahren und erfolgreich: U21-Coach Horst HrubeschBild: picture-alliance/dpa/Patrick Seeger

Ist dann auch eine Teilnahme bei Olympia drin?

Bevor man von Olympia spricht, muss man bei der Europameisterschaft erst einmal Vierter werden. Ich hoffe, dass die Spieler alle gut durch die Vorbereitung kommen. Und vor allem, dass sie alle gesund bleiben und dass sie im Vorfeld auch Spielpraxis kriegen.

Wo sehen Sie denn das Herz dieser Mannschaft? Sehen wir vielleicht einige ihrer Spieler bald in der A-Nationalmannschaft wieder?

Hinten, glaube ich, haben wir zuletzt bewiesen, dass wir zu Null spielen können, ohne dass wir vorne den Druck verlieren. Das Einzige, was wir uns vielleicht im Moment ankreiden müssen ist, dass wir bei den vielen Chancen zu wenige Tore machen. Vor allem wenn ich an das letzte Spiel in Tschechien denke, da haben wir in der zweiten Halbzeit sieben oder acht hundertprozentige Möglichkeiten gehabt und trotzdem nur ein Tor geschossen. Da denke ich müssen wir ein bisschen was tun. Und es sind auch viele Jungs dabei, die wirklich den Schritt nach oben machen können. Fragen Sie mich nicht wer, weil normalerweise sage ich immer: alle. Aber es sind einige dabei, die wirklich diesen Weg nach oben gehen werden, da geht nichts dran vorbei.

Trainer Horst Hrubesch gibt U21-Mannschaftskapitän Moritz Leitner Anweisungen (Foto: dpa)
Stets im engen Austausch mit seinen Spielern: Hrubesch mit Mannschaftskapitän Moritz LeitnerBild: picture-alliance/dpa/Armin Weigel

Es hieß eine Zeit lang, die Fußballer wollen sich heute nur noch die Haare gelen und auf dem Platz gut aussehen. Seit wann haben wir wieder eine neue Generation, die auf einmal so beißen kann?

Ich habe nicht festgestellt, dass sich das in der Form verändert hat. Wir haben früher welche gehabt, die haben sich auch gegelt. Da kann ich mich gut erinnern und das hat sich ja heute auch nicht verändert. Ein entscheidender Faktor ist ja eigentlich, dass die Jungs nicht anders sind, als wir es ja auch waren. Sie wollen ja alle und sind auch bereit, dafür zu arbeiten. Man muss auch bei diesen Jungs wissen, dass da ein fürchterlicher Druck drauf ist. Du darfst ja nichts mehr. Die müssen ihre Jugend auch ausleben, um diese Dinge geht es eigentlich. Und deswegen denke ich, ist der Weg für die Jungs nicht leicht. Im eigenen Verein müssen sie Leistung bringen, bei uns sollen sie Leistung bringen, die Schule sollen sie machen und dann immer noch draußen für jedermann lieb, nett und adrett sein.

Kann man trotzdem irgendwie Spaß in die Truppe bringen?

Du musst sie einfach mitnehmen, du musst mit ihnen reden. Wenn du einen Spieler hast, der im Moment vielleicht die Leistung nicht bringt, dann hat es ja meist einen gewissen Grund. Wir Trainer wissen ja, was er eigentlich kann und was da möglich ist. Und dann muss man sich halt auch mit den Spielern auseinander setzen. Entscheidend ist immer wieder, dass sich die Spieler auch untereinander helfen. Der eine steht für den anderen. Sie haben Spaß, sie fühlen sich wohl und dann hast du sofort diese Mentalität oder diesen Wohlfühlcharakter, der sich dann entwickelt. Wenn du das hast, kannst du auch gut spielen und hast automatisch Spaß.

Horst Hrubesch arbeitet seit Jahren erfolgreich als Nachwuchstrainer für den Deutschen Fußballbund (DFB). Derzeit betreut er die U21. 2008 gewann er mit der U19 die EM, 2009 wurde er mit der U21 erneut Europameister. Als Spieler machte Hrubesch 21 Länderspiele. Er holte 1980 mit der deutschen Nationalelf den Europameistertitel und wurde 1982 Vizeweltmeister. In der Bundesliga stürmte das "Kopfballungeheuer" für Essen, Hamburg und Dortmund. In 224 Bundesligapartien schoss er 136 Tore. Mit dem HSV wurde er 1979, 1982 und 1983 Deutscher Meister und gewann 1983 den Europapokal der Landesmeister.

Das Interview führte Matthias Frickel.