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HRW kritisiert Malaysias Anti-Terror-Gesetz

Gabriel Dominguez/re7. April 2015

Um den militanten Islamismus zu bekämpfen, hat Malaysia ein Anti-Terror-Gesetz erlassen, das eine Haft für zwei Jahre ohne Prozess erlaubt. Phil Robertson von HRW sieht die Menschenrechte in Gefahr.

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Polizeiaufgebot in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur (Foto: Pictrue Alliance)
Bild: picture-alliance

Nach zehnstündiger hitziger Debatte hat das malaysische Parlament am Dienstag das umstrittene Gesetz verabschiedet. Die Regierung rechtfertigt den Vorstoß mit dem Hinweis, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Malaysier Verbindungen zum "Islamischen Staat" aufgenommen hätten. Erst am Montag war

Nach zehnstündiger hitziger Debatte hat das malaysische Parlament am Dienstag das umstrittene Gesetz verabschiedet. Die Regierung rechtfertigt den Vorstoß mit dem Hinweis, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Malaysier Verbindungen zum "Islamischen Staat" aufgenommen hätten. Erst am Montag waren 17 Verdächtige festgenommen worden. Sie sollen Anschläge auf die Armee und Polizei geplant haben, um an Waffen zu gelangen und strategische wichtige Punkte in der Hauptstadt anzugreifen.

Kritiker befürchten, dass das Gesetz unbegrenzten Festnahmen ohne juristische Prüfung gestattet. Außerdem enthält das neue Gesetz Elemente des Sicherheitsgesetzes ISA, das 2012 außer Kraft gesetzt worden war. Es wurde unter anderem genutzt, um gegen Oppositionelle und Dissidenten vorzugehen.

Deutsche Welle: Worum geht es bei dem neuen Anti-Terror-Gesetz?

Phil Robertson: Das Gesetz zielt auf Terroristen, genau genommen auf Personen, die bezichtigt werden, Mitglied oder Unterstützer einer terroristischen Organisation in einem fremden Land zu sein. Aber wie so oft ist die malaysische Regierung recht vage, wenn es um Sicherheitsgesetze geht. Das ermöglicht eine maximale Flexibilität bei der Auslegung des Gesetzes durch die Sicherheitskräfte.

Phil Robertson, stellvertretender Direktor von Human Rights Watch in Asien (Foto: HRW)
Phil Robertson, stellvertretender Direktor von Human Rights Watch in AsienBild: Pimuk Rakkanam

Warum wurde es gerade jetzt verabschiedet?

Die Regierung hat eigentlich genügend gesetzliche Mittel, um mit der Bedrohung durch den Terrorismus fertig zu werden. Deswegen vermuten manche verborgene Motive. Das Gesetz, das am Dienstag vom Unterhaus des Parlaments verabschiedet wurde, kann zu Verurteilungen führen, die juristisch nicht geprüft wurden. Das Gremium (Prevention of Terrorism Board, POTB, Anm. d. Red.), das das Gesetz umsetzen wird, wird von der Regierung ausgesucht und dem König als Staatsoberhaupt offiziell ernannt.

Warum ist das Gesetz so umstritten?

Das Gesetz ist wie ein Zombie. Es belebt das Interne Sicherheitsgesetz (ISA) und die Notverordnung von 2012 wieder. Beide Gesetze hatten der Bekämpfung des Kommunismus und rassistischer und religiöser Spannungen gedient. Es wurde allerdings regelmäßig missbraucht, um politische Gegner auf unbestimmte Zeit hinter Gitter zu bringen. Es gibt also gute Gründe, besorgt zu sein.

Die malaysische Anwaltsvereinigung schätzt, dass in den vergangenen Jahren 160 Menschen unter Missbrauch des Gesetzes inhaftiert wurden. Die Zivilgesellschaft misstraut Premierminister Najib und seiner Regierung. Es ist also kein Wunder, dass jetzt alle Warnlampen angehen.

Verstößt das Gesetz Ihrer Ansicht nach gegen Menschenrechte?

Das Recht auf einen freien und fairen Prozess und die Unschuldsvermutung stellen den Kern der internationalen Menschenrechte dar. Nach dem neuen Gesetz können Menschen für 60 Tage festgehalten werden, ohne einen Rechtsbeistand zu bekommen oder von den gegen sie erhobenen Vorwürfen zu erfahren. Bei den Ermittlungen muss die Polizei nicht die üblichen Standards einhalten. Sie kann Beweise auf jedem erdenklichen Weg beibringen.

Wenn der Fall vor das POTB-Gremium kommt, hat der Angeklagte keinen Anspruch auf Rechtsberatung. Das Urteil ist endgültig und kann nur aufgrund von Verfahrensfehlern angefochten werden. Über die Verfahrensregeln entscheidet allerdings das POTB selbst. Es kann Haftstrafen von bis zu zwei Jahren verhängen und diese verlängern, wenn es das für angebracht hält.

Das POTB-Gremium kann die Menschen auch unter "strikte Kontrolle" stellen. Sie können damit deren Kommunikation überwachen, die Bewegungsfreiheit einschränken oder eine elektronische Fußfessel anlegen - um nur ein paar Beispiele zu nennen. Es handelt sich um totale Kontrolle, die dazu dient, Menschen wegzusperren, ohne jede Chance auf ein faires und freies Verfahren.

Was will die Regierung mit dem Gesetz erreichen?

Die Regierung behauptet, dass sie damit den Terrorismus besser unter Kontrolle bringen könne. Aber sie hatte bereits alle dazu notwendigen Mittel. Ich glaube, dass es eine geheime Agenda gibt: Die Rückkehr zu den Sicherheitsgesetzen vor 2012, mit denen die Androhung von Verhaftung mit großer Effektivität gegen politische Aktivisten eingesetzt worden ist.

Welche Forderungen hat HRW an die Regierung in Kuala Lumpur?

Die malaysische Regierung sollte das Gesetz an das Unterhaus zur Revision zurückschicken. Aber das wird niemals passieren, denn die Regierung versucht ja gerade das Gesetz mit großer Geschwindigkeit durch die Institutionen zu bringen. Sie wissen, dass niemand sie aufhalten kann.

Entscheidend wird sein, dass Malaysias Freunde in der internationalen Gemeinschaft Premierminister Najib uns seine Regierung wissen lassen, wie inakzeptabel das Gesetz ist. Der Schutz vor Terrorismus ist wichtig. Aber er muss in Übereinstimmung und nicht im Gegensatz zu den internationalen Menschenrechten stehen.

Phil Robertson ist stellvertretender Direktor von Human Rights Watch in Asien.

en 17 Verdächtige festgenommen worden. Sie sollen Anschläge auf die Armee und Polizei geplant haben, um an Waffen zu gelangen und strategische wichtige Punkte in der Hauptstadt anzugreifen.

Kritiker befürchten, dass das Gesetz unbegrenzten Festnahmen ohne juristische Prüfung gestattet. Außerdem enthält das neue Gesetz Elemente des Sicherheitsgesetzes ISA, das 2012 außer Kraft gesetzt worden war. Es wurde unter anderem genutzt, um gegen Oppositionelle und Dissidenten vorzugehen.

Deutsche Welle: Worum geht es bei dem neuen Anti-Terror-Gesetz?

Phil Robertson: Das Gesetz zielt auf Terroristen, genau genommen auf Personen, die bezichtigt werden, Mitglied oder Unterstützer einer terroristischen Organisation in einem fremden Land zu sein. Aber wie so oft ist die malaysische Regierung recht vage, wenn es um Sicherheitsgesetze geht. Das ermöglicht eine maximale Flexibilität bei der Auslegung des Gesetzes durch die Sicherheitskräfte.

Warum wurde es gerade jetzt verabschiedet?

Die Regierung hat eigentlich genügend gesetzliche Mittel, um mit der Bedrohung durch den Terrorismus fertig zu werden. Deswegen vermuten manche verborgene Motive. Das Gesetz, das am Diestag vom Unterhaus des Parlaments verabschiedet wurde, kann zu Verurteilungen führen, die juristisch nicht geprüft wurden. Das Gremium (Prevention of Terrorism Board, POTB, Anm. d. Red.), das das Gesetz umsetzen wird, wird von der Regierung ausgesucht und dem König als Staatsoberhaupt offiziell ernannt.

Warum ist das Gesetz so umstritten?

Das Gesetz ist wie ein Zombie. Es belebt das Interne Sicherheitsgesetz (ISA) und die Notverordnung von 2012 wieder. Beide Gesetze hatten der Bekämpfung des Kommunismus und rassistischer und religiöser Spannungen gedient. Es wurde allerdings regelmäßig missbraucht, um politische Gegner auf unbestimmte Zeit hinter Gitter zu bringen. Es gibt also gute Gründe, besorgt zu sein.

Die malaysische Anwaltsvereinigung schätzt, dass in den vergangenen Jahren 160 Menschen unter Missbrauch des Gesetzes inhaftiert wurden. Die Zivilgesellschaft misstraut Premierminister Najib und seiner Regierung. Es ist also kein Wunder, dass jetzt alle Warnlampen angehen.

Verstößt das Gesetz Ihrer Ansicht nach gegen Menschenrechte?

Das Recht auf einen freien und fairen Prozess und die Unschuldsvermutung stellen den Kern der internationalen Menschenrechte dar. Nach dem neuen Gesetz können Menschen für 60 Tage festgehalten werden, ohne einen Rechtsbeistand zu bekommen oder von den gegen sie erhobenen Vorwürfen zu erfahren. Bei den Ermittlungen muss die Polizei nicht die üblichen Standards einhalten. Sie kann Beweise auf jedem erdenklichen Weg beibringen.

Wenn der Fall vor das POTB-Gremium kommt, hat der Angeklagte keinen Anspruch auf Rechtsberatung. Das Urteil ist endgültig und kann nur aufgrund von Verfahrensfehlern angefochten werden. Über die Verfahrenregeln entscheidet allerdings das POTB selbst. Es kann Haftstrafen von bis zu zwei Jahren verhängen und diese verlängern, wenn es das für angebracht hält.

Das POTB-Gremium kann die Menschen auch unter "strikte Kontrolle" stellen. Sie können damit deren Kommunikation überwachen, die Bewegungsfreiheit einschränken oder eine elektronische Fußfessel anlegen - um nur ein paar Beispiele zu nennen. Es handelt sich um totale Kontrolle, die dazu dient, Menschen wegzusperren, ohne jede Chance auf ein faires und freies Verfahren.

Was will die Regierung mit dem Gesetz erreichen?

Die Regierung behauptet, dass sie damit den Terrorismus besser unter Kontrolle bringen könne. Aber sie hatte bereits alle dazu notwendigen Mittel. Ich glaube, dass es eine geheime Agenda gibt: Die Rückkehr zu den Sicherheitsgesetzen vor 2012, mit denen die Androhung von Verhaftung mit großer Effektivität gegen politische Aktivisten eingesetzt worden ist.

Welche Forderungen hat HRW an die Regierung in Kuala Lumpur?

Die malaysische Regierung sollte das Gesetz an das Unterhaus zur Revision zurückschicken. Aber das wird niemals passieren, denn die Regierung versucht ja gerade das Gesetz mit großer Geschwindigkeit durch die Institutionen zu bringen. Sie wissen, dass niemand sie aufhalten kann.

Entscheidend wird sein, dass Malaysias Freunde in der internationalen Gemeinschaft Premierminister Najib uns seine Regierung wissen lassen, wie inakzeptabel das Gesetz ist. Der Schutz vor Terrorismus ist wichtig. Aber er muss in Übereinstimmung und nicht im Gegensatz zu den internationalen Menschenrechten stehen.

Phil Robertson ist stellvertretender Direktor von Human Rights Watch in Asien.