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Hunderttausende gegen Berlusconi

5. Dezember 2009

"No Berlusconi Day": Unter diesem Motto sind in Rom Demonstranten gegen den konservativen Regierungschef Silvio Berlusconi auf die Straßen gegangen. Die Proteste wurden vor allem über das Internet organisiert.

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Zwei Demonstranten mit Masken vorm Gesicht, darauf die Aufschriften "NO" (Foto: ap)
Auch sie sagten "No" zu ihrem RegierungschefBild: AP

Nach Angaben der Veranstalter kamen am Samstag (05.12.2009) mehr als 350.000 Menschen zu den Anti-Berlusconi-Protesten nach Rom. Sie folgten dem Aufruf einer Gruppe regierungskritischer Blogger auf der Internet-Plattform Facebook. Diese hatten seit zwei Monaten zu dem "No Berlusconi Day" aufgerufen. Es handelte sich um die erste fast ausschließlich über das Internet organisierte Protestkundgebung in Italien. Die Organisatoren forderten die Demonstranten auf, sich violett zu kleiden, weil diese Farbe in Italien nicht politisch einzuordnen sei.

Demonstranten tragen ein Spruchband mit der Aufschrift "Berlusconi Dimissioni" (Foto: ap)
Diese Demonstranten forderten Berlusconi mit ihrem Spruchband zum Rücktritt aufBild: AP

Die größte italienische Oppositionspartei PD entschied sich dafür, nicht an den Protesten teilzunehmen. Gewerkschaften, Mitglieder der kommunistischen Partei sowie die kleine Anti-Korruptionspartei "Italien der Werte" von Antonio Di Pietro schlossen sich der Initiative an.

Skandale statt Politik

Viele Spruchbänder und Plakate der Demonstranten bezogen sich auf Berlusconis Auseinandersetzungen mit der Justiz. Der 73-jährige Regierungschef muss sich in zwei Verfahren vor Gericht verantworten. In dem einen geht es um Zeugenbestechung, im anderen um Steuerbetrug. "Berlusconi, tritt zurück und akzeptiere verurteilt zu werden", hieß es auf einem großen Transparent.

Kritisiert wurde auch, dass mehr über Berlusconis Skandale gesprochen werde als über seine Politik. Dies sei durchaus in der Absicht des Regierungschefs. Unbeachtet unterminiere der Premier so die Verfassung und die Demokratie, sagte der Sprecher der Veranstalter, Massimo Malerbo aus Catania.

Justitia muss warten

Menschenmenge zieht im Halbdunkel durch Straße (Foto: ap)
Die Proteste dauerten bis zum frühen AbendBild: AP

Der Korruptionsprozess gegen Berlusconi wurde am Freitag erneut vertagt, diesmal auf den 15. Januar. Das Gericht in Mailand akzeptierte die Begründung von Berlusconis Anwälten, ihr Mandant habe eine Kabinettssitzung leiten müssen. Das Verfahren sollte eigentlich schon Ende November beginnen.

Bei dem Prozess geht es um den Vorwurf, Berlusconi habe seinem früheren Anwalt David Mills für Falschaussagen in Prozessen der 90er Jahre 600.000 Dollar gezahlt. Dieser und ein weiterer Korruptionsprozess gegen Berlusconi konnten wieder aufgenommen werden, weil das italienische Verfassungsgericht Anfang Oktober ein 2008 erlassenes Immunitätsgesetz zugunsten Berlusconis für verfassungswidrig erklärt hatte. Mills war in der Sache im Februar zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Anschuldigungen eines Mafiosi

Berlusconi ist zudem mit der Mafia in Verbindung gebracht worden. Ein zu lebenslanger Haft verurteilter mehrfacher Mafia-Mörder sagte am Freitag als Zeuge in einem Gerichtsverfahren, sein damaliger Boss habe ihm 1993 von einem Bündnis mit Berlusconi berichtet. Berlusconi würde der Mafia nicht näher genannte "Unterstützung" gewähren, das Verbrechersyndikat wiederum dem angehenden Politiker bei Wahlen helfen, sagte Gaspare Spatuzza. Einige Monate nach dem angeblichen Treffen ging Berlusconi in die Politik und wurde 1994 zum Regierungschef gewählt. Berlusconi wies die Anschuldigungen bereits als lächerlich zurück und bestritt jegliche Verbindung zur Mafia.

Autor: Martin Schrader (afp/dpa/ap/rtr)

Redaktion: Dirk Eckert