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IAEO-Chef in Israel

Detlev Karg6. Juli 2004

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO, Mohammed el Baradei, besucht die heimliche Atommacht Israel. Jerusalem gibt sich offen und hat schon mal Reaktor-Bilder im Internet veröffentlicht.

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Mohammed el Baradei: Was er sucht, verbergen die meisten lieberBild: AP

Immer wenn der Diplomat und oberste Atomaufseher sich ankündigt, wird es den Mächtigen im Gastgeberland mulmig. Wie stark, hängt vom Ansehen des Landes in der Welt ab und ob es schon im Club der Atommächte logiert oder nicht. Die Mullahs im Iran etwa möchten gerne in den Club, denn der Erzfeind Israel verfügt über geschätzte 200 Atomsprengköpfe, genug um den ganzen Nahen Osten in Schutt und Asche zu legen.

Warum, so die Logik des Schreckens, nicht also den bis an die Zähne bewaffneten Israelis Paroli bieten? Was wiederum freilich in Jerusalem zu Überreaktionen führen könnte. Um diesen verhängnisvollen Kreislauf früh zu unterbinden, will Baradei sich von den israelischen Plänen ein Bild machen und mäßigend auf das stets um seine Existenz bangende Israel einwirken.

Beim Reaktor vorbeisurfen

Dort hat man ganz publikumswirksam eine Homepage der Atomenergie-Kommission eingerichtet. Ganz allgemein geht es dort um Nuklearforschung, aber es sind sogar Bilder des streng bewachten Atomreaktors in Dimona in der Negev-Wüste zu sehen – ein Novum. Auf der Webseite wird das Thema Atomwaffen freilich nicht erwähnt. El Baradei will bei seinem am Dienstag (6.7.2004) beginnenden zweitägigen Besuch in Jerusalem seine Vorschläge für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten diskutieren. Sechs Jahre ist es her, dass er Israel zuletzt besuchte. Ob der Besuch mehr Transparenz in das nukleare Gebaren Israels bringt, ist fraglich.

Das Land besitzt nach übereinstimmender Meinung seit Jahrzehnten Atomwaffen. Anders lässt sich die drakonische Behandlung des Wisssenschaftlers Mordechai Vanunu kaum erklären. Vanunu wanderte für 18 Jahre ins Gefängnis, weil er Informationen über Israels A-Waffen an die Medien weitergegeben hatte. Nach seiner Freilassung steht er weiter unter Arrest. Da Israel dem Atomwaffensperrvertrag nicht beigetreten ist, kann die IAEA das israelische Atomprogramm auch nicht überwachen.

Immer weniger Gründe für ein Atomprogramm?

Die Geheimniskrämerei wiederum bietet eine hervorragende Vorlage für scharfe Kritik der nahöstlichen Nachbarn Israels. Von ihnen bemühten sich bisher einige um die Bombe, mussten sich dafür aber stets am Pranger der Weltöffentlichkeit verantworten. Dabei gab es auch positive Anzeichen in der Region, wie etwa die Entscheidung Libyens, die Entwicklung von Atomwaffen einzustellen. Damit wächst politische der Druck auf Israel, seinerseits auf Atomwaffen zu verzichten.

Undurchschaubare Bestrebungen im Iran

Was bei den Nachbarn in der Region freilich nicht leicht fällt: Iran arbeitet nach den Worten des israelischen Außenministers Silvan Schalom an der Entwicklung von weiter reichenden Raketen, die auch Europa bedrohen könnten. Vor Wochenfrist hatten die Kontrolleure der IAEA im Iran eine frühere Produktionsanlage für Massenvernichtungswaffen untersucht und radioaktive Spuren entdeckt. Iran habe prompt auf das Gesuch seiner Behörde reagiert, sagte Mohamed el Baradei am Rande einer Konferenz über die friedliche Nutzung der Atomenergie in Moskau. Unterdessen bescheidet sich der Iran nicht mit der Aufsicht über sein Atomprogramm. Das Land will trotz der Proteste Zentrifugen für die Urananreicherung bauen. Die Anreicherung von Uran selbst bleibt aber weiter ausgesetzt.

Gerüchte ranken sich auch um die früheren Bemühungen des Irak, der unter Saddam Hussein Verhandlungen zum Kauf von Uran aus dem Niger geführt haben soll. Dabei hat sich offenbar der Irak nicht nur selbst um das spaltbare Material bemüht. Die Schmuggler aus dem Niger waren selbst aktiv geworden. Das berichtete die britische Zeitung Financial Times am Montag (5.7.) unter Berufung auf europäische Geheimdienstkreise.

Grund genug also für diejenigen Staaten, die Atomwaffen besitzen, weiter darauf zu setzen. Frankreichs Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie sagte ebenfalls am Montag einer deutschen Zeitung: "Für uns sind die Atomwaffen der ultimative Schutz gegen eine Bedrohung von außen". Etwa zehn Prozent ihres Verteidigungsetats steckt die Pariser Regierung in ihre Force de Frappe. Auf Anfrage, so die Ministerin, würde man auch den Nachbarn Deutschland mit Atomwaffen verteidigen.