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Ian Kershaw: Bundesbürger haben Einstellung zum Zweiten Weltkrieg grundlegend geändert

25. Januar 2005

Britischer Historiker im Interview von DW-WORLD.DE

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Die Einstellung der Bundesbürger zum Zweiten Weltkrieg hat sich nach Einschätzung des britischen Historikers und Hitler-Biographen Ian Kershaw in den vergangenen 60 Jahren grundlegend geändert. In einem Interview von DW-WORLD.DE, dem Internet-Angebot der Deutschen Welle, sagte Kershaw: "1945 sahen viele Deutsche ihr Land besetzt, sich selbst als besiegt, ein kompletter Untergang. Heute erscheint dieser Untergang den Leuten offenbar als notwendig." Nur so habe man mit der "verhexten deutschen Geschichte brechen können, die lange vor die Ära Hitlers zurückreicht. Nur so konnten sie Land und Gesellschaft neu aufbauen. Mit Werten, die sich von denen Hitlers komplett unterschieden", so Kershaw weiter.

Den 8. Mai 1945 als "Stunde Null" zu bezeichnen, lehnt Kershaw ab. Der durch seine zweiteilige Hitler-Biographie bekannt gewordene Forscher erklärte gegenüber DW-WORLD.DE, "natürlich endet nicht alles am 8. Mai und begann nicht alles am 9. Mai neu. Die Geschichte gehe weiter, auch wenn es einen politischen Bruch gegeben habe. Kershaw: "Im gesellschaftlichen Sinn gab es keine ‚Stunde Null‘. Die Einstellung der Menschen ändere sich nicht von heute auf morgen, auch das Personal im öffentlichen Leben blieb oft dasselbe." Dennoch markiere das Ende des Zweiten Weltkriegs eine Zäsur in der europäischen und deutschen Geschichte: "Der 8. Mai war das Ende einer Ära. Er war der Wendepunkt zwischen den beiden Hälften des vergangenen Jahrhunderts."

25. Januar 2005
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