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"Ich glaube, dass das so ok war"

19. Juli 2015

Die Art, wie sie auf die Nöte der jungen Palästinenserin Reem bei einer Veranstaltung in Rostock reagierte, hat der Kanzlerin viel Kritik eingebracht. Im ARD-Sommerinterview versuchte Merkel, ihr Handeln zu erklären.

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Bundeskanzlerin Merkel trifft Flüchtlingsmädchen Reem (Foto: picture-alliance/dpa/NDR)
Bild: picture-alliance/dpa/NDR

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihr Verhalten bei der vielbeachteten Begegnung mit dem palästinensischen Flüchtlingsmädchen Reem gegen Kritik verteidigt. "Ich glaube, dass das so ok war", sagte die CDU-Vorsitzende im ARD-"Sommerinterview". "Ich finde, die Geste war in Ordnung."

Merkel hatte das Mädchen am Mittwoch in einer Rostocker Schule bei einer "Bürgerdialog"-Veranstaltung der Bundesregierung getroffen. Die Schülerin Reem berichtete dort über die Belastungen während eines Asylverfahrens - und über die Angst vor einer drohenden Abschiebung. Merkel äußerte bei dem Treffen Verständnis, verwies aber auf die deutschen Gesetze - und darauf, dass Deutschland nicht alle Menschen aufnehmen könne, die sich hier ein besseres Leben erhofften. Daraufhin brach das Mädchen in Tränen aus.

Jede Menge Spott unter "#merkelstreichelt"

Merkels etwas ungelenker Versuch, die 14-Jährige zu trösten, sorgte für viel Aufsehen. Die Kanzlerin musste sich im Internet unter dem Hashtag "#merkelstreichelt" jede Menge Spott gefallen lassen. Kritiker warfen ihr Kaltherzigkeit vor. Dazu Merkel in dem Interview: "Ich glaube (...), dass es wichtig ist, wenn eine Bundeskanzlerin mit Menschen diskutiert, wo sie die Sachlage nicht ganz genau kennt, dass ich da nicht sage: Weil Du gerade die Bundeskanzlerin getroffen hast, ist aber Dein Schicksal schneller zu lösen als das von vielen, vielen anderen", sagte Merkel. "Trotzdem möchte man ein weinendes Mädchen trösten. Aber ich kann dadurch nicht die Rechtslage verändern."

Bundeskanzlerin Merkel versucht Reem zu trösten (Foto: "picture-alliance/dpa/Bundespresseamt/S. Kugler)
Kaltherzig, ungelenk oder einfach nur ehrlich? Bundeskanzlerin Merkel im Gespräch mit ReemBild: picture-alliance/dpa/Bundespresseamt/S. Kugler

Beim "Bürgerdialog" müsse sie bei jeder Wortmeldung eines Menschen damit rechnen, dass ein schwieriges Schicksal dahinterstehe, sagte Merkel. "Gerade wenn man in so eine Schule geht, wo auch Behinderte sind. Einiges hat mich da schon sehr betroffen gemacht." Zum Spott im Internet sagte die Kanzlerin: "Was soll ich mich ärgern? Ich habe Probleme zu lösen."

Gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in EU gefordert

Die CDU-Vorsitzende nahm das Interview zum Anlass, erneut eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Europa zu fordern. Das Dublin-Abkommen entspreche nicht mehr den Gegebenheiten, "wie wir sie mal hatten". Die EU-Staaten müssten zu einer fairen Lastenverteilung kommen, was die Aufnahme von Flüchtlingen angehe. Mit Blick auf die anstehenden Beratungen der EU-Innenminister zu dem Thema sagte die Kanzlerin: "Die Gespräche laufen gar nicht so schlecht."

Die Ressortchefs wollen an diesem Montag in Brüssel über die Umverteilung von rund 60.000 Flüchtlingen in Europa entscheiden - unter anderem zur Entlastung der Mittelmeerländer Italien und Griechenland, wo besonders viele Bootsflüchtlinge ankommen. Bei ihrem jüngsten Treffen Anfang Juli hatten die Innenminister die angestrebte Zahl nicht erreicht. Nun soll ein Sondertreffen die Lösung bringen. Diplomaten sind zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommt.

Das Thema ist innerhalb der Europäischen Union seit Monaten umstritten. Die Staaten können freiwillig zusagen, wie viele Migranten sie nehmen wollen. Eine von der EU-Kommission vorgeschlagene feste Quote für jedes Land war im Ministerrat gescheitert. Hintergrund ist, dass nach dem Dublin-Abkommen Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen müssen, wo sie erstmals europäischen Boden betreten haben.

sti/wl (afp, dpa)