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"Ich habe Zweifel"

19. November 2010
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Themenbild Pro und Contra (Grafik: DW)
Bild: DW

Noch immer hängt bei der Terror-Prävention viel von puren Zufällen ab. Vor allem von Hinweisen, die nicht durch deutsche Sicherheitsbehörden gewonnen wurden, sondern von Partnern im Ausland, also von ausländischen Sicherheitsdiensten. Jüngstes Beispiel ist die aktuelle Warnung vor einem Terroranschlag noch im November. Eigene Ermittlungen sollen vorgelegen haben. Aber erst die Hinweise fremder Nachrichtendienste geben dem ganzen Bedeutung und weitere notwendige Details. Das gab sogar Bundesinnenminister Thomas de Maiziere in einem Fernsehinterview zu.

Und selbst diesen Auslandshinweisen vertraut man in Deutschland erst, seitdem sich der ebenfalls aus dem Ausland stammende Tipp über eine Paketbombe aus dem Jemen in einem Flieger nach Deutschland und London als wahr entpuppte. Dass erst der Wahrheitsgehalt eines fremden Hinweises über die Bewertung eigener Ermittlungen entscheidet, erweckt nicht gerade Vertrauen.

Was passiert, wenn die Hinweise aus dem Ausland nicht kommen. Selbst wenn sie kamen, gab es Übermittlungsfehler! So wurde die Paketbombe aus dem Jemen nicht in Deutschland aufgehalten, sondern erst in London - eine gefährliche Panne. Ähnliches gab es in den letzten Jahren. Da konnten Täter Sprengsätze in Koffern in verschiedenen Zügen in Deutschland transportieren. Aus purem Zufall funktionierten die Bomben-Zünder nicht, ansonsten wäre eine Katastrophe passiert. Die Verantwortlichen wären vorher nicht festgenommen worden - sie waren bei den Ermittlungsbeamten nicht einmal auf dem Schirm.

Für diese Gefahrenquelle haben deutsche Sicherheitsbehörden kaum eine Antwort: Bisher unauffällige Personen, so genannte Schläfer, operieren weiter unterhalb des Radarschirms.

Vieles wollte die letzte Bundesregierung auf Initiative des damaligen Innenministers Wolfgang Schäuble ändern. Sie wollte den Behörden mehr Möglichkeiten einräumen - durch Rasterfahndung, Zugriff auf heimische Computer, schnellere Hausdurchsuchungen, umfangreichere Abhöraktionen und Datenvorratsspeicherung. Letztere wurde vom Bundesverfassungsgericht untersagt. Viele andere Vorschläge konnten politisch nicht durchgesetzt werden, auch weil die Proteste der Bürger zu groß waren. Sie sahen ihre Freiheitsrechte eingeschränkt. So befinden sich deutsche Ermittlungsbehörden weiter in einer Art Zwangsjacke - nach dem Motto: Ihr habt keine Chance, aber nutzt sie.

Wie ein Wunder wirkt es da, dass es mehr als 350 Ermittlungsverfahren gegen islamistische Extremisten in Deutschland gibt oder auch die erfolgreiche Verhaftung von Bombenbastlern vor einem geplanten Attentat. Aber auch hier wäre eine Tarnung der Sicherheitskräfte beinahe aufgeflogen.

Jetzt bekommen Polizisten große Maschinenpistolen in die Hand gedrückt - sie mussten aber mehr als zehn Jahre lang warten, bevor sie mit modernen Kommunikationsmitteln, wie digitalen Funksprechgeräten, ausgerüstet wurden.

Und trotz beklagtem Personalmangel bei den Sicherheitsbehörden werden Polizisten weiter als billige Hilfssherrifs für Geschwindigkeitskontrollen missbraucht, weil die Gelder für die Straftickets im Haushalt vieler Städte und Gemeinden fest eingeplant sind. Oder sie müssen Fußballspiele schützen, weil sich besoffene Fans nicht im Griff haben.

Solange das alles so ist, möchte ich eigentlich nicht von einem wirklich wehrhaften Sicherheitssystem sprechen.

Autor: Wolfgang Dick
Redaktion: Kay-Alexander Scholz