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Neuer Lebensmut

Benjamin Wüst22. Dezember 2008

Sie war die jüngste Eishockeyspielerin bei einer WM. In 164 Länderspielen gelangen ihr 86 Tore – eine Rekordquote. Maren Valenti war die erste Frau, die mit den Männern aufs Eis durfte. Doch dann erkrankte sie schwer.

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Maren Valenti vor ihrem Bild "Cow Girls"
Hat ihr Lächeln nicht verloren: Maren Valenti vor ihrem Bild "Cow Girls"Bild: Maren Valenti

Schnell lässt sie die Rollläden hoch und öffnet ein Fenster. Es riecht nach Farbe, nicht nach verschwitzten Eishockeyklamotten – die Zeiten sind vorbei. Mit ihrem Leben auf dem Eis hat Maren Valenti abgeschlossen. Sie war einmal eine richtig gute Eishockeyspielerin, daran erinnern die vielen Pucks, Trikots und Fotos an den Wänden ihrer Wohnung in Mannheim.

Mit 13 Jahren nimmt sie zum ersten Mal an einer Weltmeisterschaft teil, so jung wie keine Spielerin zuvor. Eine Karriere beginnt: Viermal Deutscher Meister, fünf Welt- und vier Europameisterschaftsteilnahmen zieren ihre Laufbahn. Die 32-Jährige spielt in der 2. Bundesliga im Männerteam der "Wölfe" Freiburg. Sie ist die erste, die gemeinsam im deutschen Profi-Eishockey mit den Männern aufs Eis geht. 2002 spielt Valenti sogar bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City. "Ein echtes Highlight", erinnert sie sich.

Diagnose: Multiple Sklerose

Maren Valenti im DEB-Dress
Rekordtorschützin Valenti im DEB-DressBild: Maren Valenti

Doch dann bekommt sie Probleme: Immer öfter stolpert sie. Die Beine rutschen einfach weg. Sie verfehlt das Tor. Erst zweifelt sie an ihrem Können, doch dann wird der Rekordtorjägerin des deutschen Eishockeybundes klar: "Irgendetwas stimmt mit meinem Körper nicht." Die Ursachenforschung dauert knapp vier Jahre. 2006 dann endlich die Diagnose: MS – Multiple Sklerose. Für Freunde und Familie ein Schock, nicht für Maren Valenti selbst. "Ich wusste endlich, warum ich stolpere. Für mich war es einfach eine Erleichterung zu sehen, warum ich nicht mehr die Leistung bringen kann, die ich eigentlich von mir verlange."

MS ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu verschiedenen Behinderungen wie beispielsweise Sehstörungen oder Lähmungserscheinungen führt. Maren Valentis altes Leben ist vorbei. An Leistungssport ist nicht mehr zu denken. Selbst den Job als Fitnesstrainerin muss die gelernte Mediengestalterin aufgeben. Zu oft kann sie sich nicht mehr konzentrieren. "Wir leben in einer Zeit, in der alle höher, schneller, weiter wollen, gerade im Job. Ich kann das nicht bewerkstelligen und so jemanden möchte auch niemand haben. So jemand wird überhaupt nicht eingestellt, deshalb war für mich ganz klar: Ich werde malen."

Die Kunst, die Malerei ist ihre zweite große Liebe neben dem Eishockey. Im Alter von vier Jahren gewinnt Maren Valenti schon Malwettbewerbe. Später dient der Pinsel als willkommener Ausgleich zum rauhen Eishockeysport. Eines war immer klar: "Ich wusste, dass ich nach dem Eishockey malen werde", sagt Valenti heute. Eigentlich wollte sie spielen, bis sie 38 Jahre alt ist, aber daraus wurde nichts.

Voller Lebenslust

Maren Valenti
Schon lange her: Valenti im Trikot der Eisbären BerlinBild: picture-alliance / dpa

Infolge der Diagnose MS war mit 29 Jahren Schluss. Seit über zwei Jahren bekommt sie nun alle vier Wochen Infusionen. Arztbesuche gehören jetzt so zu ihrem Leben wie früher das Training. Vieles hat sich geändert: "Ich gehe kaum noch abends weg. Ich feiere nicht mehr, trinke keinen Alkohol mehr. Das tut mir einfach nicht gut. Ich lebe einfach ruhiger." Maren Valenti klingt ein bisschen müde, aber sie ist voller Lebenslust. Sie liebt die Malerei, dafür lebt sie. Ihre Kunstrichtung nennt sich Pop-Art – reale Gegenstände, klare Linien, bunte Farben. "Jedes Tier, jedes Männchen, alles was ich male, lacht. Ich male nur positive Bilder, nichts Dunkles, nichts Gefürchtetes, nichts Böses. Das bin ich nicht. Ich bin selbst ein lebensfroher Mensch und ich kann nur das malen, was ich bin."

Es ist nicht einfach, sich als Künstlerin einen Namen zu machen und vom Bilderverkauf zu Leben, aber Maren Valenti ist ehrgeizig. "Das war ich im Sport und das bin ich auch jetzt", sagt sie. Ihr größtes Ziel: "Ich möchte gerne ein Bild im MoMA in New York City haben."

Ob jemals eines ihrer Bilder wirklich im MoMA (Museum of Modern Art) in New York hängen wird? Einfach wird es nicht, aber einfach war es nie für sie. Nicht als jüngste Eishockeyspielerin, die je an einer Weltmeisterschaft teilgenommen hat, nicht als einzige Frau unter Männern in der heimischen Eishockey-Liga und schon gar nicht mit ihrer Krankheit Multiple Sklerose. Ein Bild in New York? Zuzutrauen ist es Maren Valenti, vor allem weil sie selbst so fest an sich glaubt. "Ich bin mit meiner Kunst auf dem Vormarsch. Ich habe jetzt sogar schon ein Bild nach Italien verkauft. Es kommt alles. Es braucht alles Zeit, aber es kommt, und ich bin geduldig."