1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Ich sehe die Ukraine im geeinten Europa"

9. März 2005

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hat in seiner Rede im deutschen Bundestag ein leidenschaftliches Bekenntnis zu Europa abgelegt - und die Verdienste seiner Landsleute hervorgehoben.

https://p.dw.com/p/6LlN
Juschtschenko im deutschen BundestagBild: AP


"Die Ukrainer werden ein unentbehrlicher Teil der europäischen Völkerfamilie sein - davon bin ich überzeugt", sagte Juschtschenko in seiner mehrfach von Beifall unterbrochenen Rede vor den Bundestagsabgeordneten.

Fahrplan für die EU

Er hoffe, dass sein Land einen Platz im geeinten Europa einnehmen werde. "Ich sehe die Ukraine im geeinten Europa, in nicht allzu weit entfernter Zukunft", sagte Juschtschenko in seiner Rede. Er dankte den deutschen Abgeordneten stellvertretend für die Unterstützung, die Deutschland der Ukraine während der "Orangenen Revolution" im Dezember gezeigt habe. Die Deutschen hätten erkannt, dass in der Ukraine "eine neue Seite in der europäischen Geschichte aufgeschlagen" worden sei. Deutschland sei immer der Motor der europäischen Integration gewesen. Daher setze er auf die deutsche Unterstützung des ukrainischen Strebens nach Integration in die europäischen Strukturen.

"Ich möchte die Sympathien der Deutschen für die Ukraine in eine Unterstützung unseres Strebens hinein in das geeinte Europa umwandeln", sagte er. Der Weg zu Stabilität, Wohlstand und Sicherheit der Bürger führe ausschließlich "über echte Demokratie, über die alltägliche Verwirklichung der europäischen demokratischen Werte." Die Ukraine habe einen "Fahrplan" für die Europäische Union und hoffe, bis 2007 mit Beitrittsverhandlungen beginnen zu können. Der Präsident bekräftigte, dass die Integration seines Landes in die EU und die NATO gegen kein anderes Land gerichtet sei: "Russland ist der ewige strategische Partner der Ukraine."

Ukrainer sind "keine Illegalen"

Der ukrainische Präsident warb für eine Liberalisierung der Visa-Regelungen für Studenten, Geschäftsleute und Medienvertreter, die zwischen beiden Länder reisen. Mit Blick auf die innenpolitischen Diskussionen über die Visa-Affäre, deren Schwerpunkt an der deutschen Botschaft in Kiew lag, appellierte Juschtschenko an die Parlamentarier: "Unterstützen Sie die ukrainische Jugend, die Studenten, Journalisten, Künstler und Geschäftsleute bei ihrem Bestreben nach Kommunikation - unterstützen Sie die Liberalisierung des Visa-Wesens für diese Kategorien von Ukrainern." Deutsche und Ukrainer hätten jetzt die einzigartige Chance, einander besser kennen zu lernen.

In einem Interview mit der Deutschen Welle am Vortag hatte er sich ebenfalls zur Visa-Affäre geäußert. "Es ist mir unangenehm, wenn mein Volk als 'Illegale' bezeichnet wird. Die Ukrainer sind ein mutiges Volk sind. Sie haben den Menschen in Europa viel Gutes gebracht und sie werden das noch weiter tun. Wir müssen zunächst die Ursachen suchen, um begreifen können, warum heute fünf Millionen Ukrainer im Ausland sind", sagte er. "Die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Visa-Affäre muss Deutschland selbst untersuchen und die Probleme lösen."

Willkommene Gäste

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sagte bei der Begrüßung Juschtschenkos im Plenum, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass Besucher aus der Ukraine pauschal als potenzielle Straftäter verdächtigt würden. "Das Gegenteil ist richtig: Ukrainerinnen und Ukrainer sind uns in Deutschland genau so willkommen wie andere Gäste".

Dagegen bezeichnete der EU-Ratsvorsitzende, Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, die Vorstellungen Kiews über baldige Beitrittsgespräche im Interview mit DW-WORLD.DE als "nicht realitätsnah". Er betonte: "Die Ukraine liegt in Europa, das stimmt. Es liegen noch sehr viele Länder in Europa. Die Ukraine ist ein sehr großes, ein wichtiges Land. Die Ukrainer haben wirklich gezeigt, dass Demokratie nicht aufzuhalten ist. Das muss positiv eingeschätzt werden von der EU, aber jetzt mit diesem Land in Beitrittsverhandlungen zu treten, das wäre nicht realitätsnah." (arn/mik)