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IG Bau: Geißler soll schlichten

7. Mai 2002

Nach dem Tarifkonflikt in der Metallindustrie bahnt sich auch auf dem Bau ein Arbeitskampf an.

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Die Tarifkommission der IG Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) stellte das Scheitern der Tarifverhandlungen fest und sprach sich dafür aus, den CDU-Politiker Heiner Geißler als Schlichter anzurufen. Zugleich äußerte sich die Gewerkschaft skeptisch den Aussichten einer möglichen Schlichtung und erklärte, sie werde die Vorbereitungen für einen Streik 'ungebremst fortsetzen.' Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie erklärte dagegen, er sehe durchaus Spielraum für eine Verhandlungslösung und sei im Zuge einer Gesamtlösung zu Zugeständnissen bei den Einkommen bereit. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

ARBEITGEBER LEGTEN BISLANG KEIN LOHNANGEBOT VOR

Am Freitag war nach insgesamt 50 Stunden ergebnisloser Verhandlungen die fünfte Gesprächsrunde gescheitert. Die Arbeitgeber, die den Rahmentarifvertrag zum 30. April gekündigt hatten, hatten bis dahin kein Lohnangebot vorgelegt. Die Bundestarifkommission habe das Scheitern der Gespräche mit den Bauarbeitgebern einstimmig beschlossen und dem Bundesvorstand der Gewerkschaft empfohlen, Geißler als Schlichter anzurufen, teilte die IG Bau mit. 'Nun läuft die Uhr für einen letzten Versuch, zu einer friedlichen Einigung zu kommen', sagte Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel. Wenn dies nicht gelinge, könnte Anfang Juni der erste flächendeckende Arbeitskampf in der deutschen Baubranche seit 1949 starten.

IG BAU GEHT VON SCHEITERN DER SCHLICHTUNG AUS

Wiesehügel geht allerdings von einem Scheitern der Schlichtung aus. 'Herr Geißler hat nur 14 Tage lang Zeit, und ich wage zu bezweifeln, dass wir zu einem Ergebnis kommen, wenn die Arbeitgeber weiterhin alles, was wir tarifpolitisch erreicht haben, zu Grabe tragen wollen.' Anders als in der Metallindustrie sind die Tarifpartner der Baubranche verpflichtet, vor einem Arbeitskampf einen Schlichtungsversuch zu unternehmen. Die Schlichtungskommission muss innerhalb einer Woche zusammentreten und hat dann 14 Tage Zeit für eine Lösung. Erst nach Ablauf dieser Frist und einem Scheitern der Schlichtung sind Streiks gegen tarifgebundene Unternehmen zulässig. Warnstreiks und Arbeitskampfmaßnahmen gegen nicht tarifgebundene Unternehmen sind jedoch schon zuvor zulässig.

URABSTIMMUNG WIRD SCHON NÄCHSTE WOCHE EINGELEITET

Der für die Streik-Organisation zuständige IG-Bau-Vorstand Dietmar Schäfers sagte, in der kommenden Woche werde die Gewerkschaft eine Urabstimmung in den nicht tarifgebundenen Unternehmen einleiten. Am kommenden Montag würden die Betriebe festgelegt, die nicht dem Arbeitgeberverband angehörten und dementsprechend nicht unter die Friedenspflicht fielen. Ihnen gelte die erste Streikwelle. 'Wir werden unsere Streiktaktik nicht zu Markte tragen', sagte Schäfers auf entsprechende Fragen. Solle es zu Streiks gegen tarifgebundene Unternehmen kommen, sei die Gewerkschaft auch auf mögliche Aussperrungen vorbereitet. Gewerkschaftschef Wiesehügel sagte, die Streikbereitschaft der Beschäftigten sei 'riesengroß, das wundert mich selber.' Nach Gewerkschaftsangaben sind mehr als 80 Prozent der rund 950.000 Beschäftigten in der Baubranche gewerkschaftlich organisiert. Die IG Bau fordert neben einer Lohnerhöhung von 4,5 Prozent eine Verkürzung der Arbeitszeit von 39 auf 37 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich und eine Angleichung der Ost-Löhne. Die Arbeitgeber wollen dagegen vor allem eine Neugestaltung der Lohngruppen erreichen und fordern flexiblere Arbeitszeiten sowie eine Neuordnung der Fahrtkosten- und Auslöseregelungen.

ARBEITGEBER RECHNEN MIT SCHLICHTUNGSLÖSUNG

'Wir gehen davon aus, dass wir im Rahmen einer Schlichtung zu einer Verständigung kommen werden', sagte der Sprecher des Hauptverbandes der Bauindustrie, Heiko Stiepelmann. 'Wir bauen ja nicht auf einem Trümmerhaufen auf,' sagte er mit Blick auf die Verhandlungen der vergangenen Wochen. Wenn bei der Schlichtung die Themen Lohngruppenstruktur und Arbeitszeitmodelle gelöst werden könnten, 'dann sind wir auch beim Thema Tariflohn beweglicher, aber nur im Paket'. Der Verbandssprecher räumte ein, dass der designierte Schlichter Geißler eine schwierige Aufgabe habe. 'Natürlich ist es sehr viel schwieriger, bei einer Rahmenvereinbarung zu schlichten, als nur bei einer Lohnauseinandersetzung.' Geißler sei aber gut in die Thematik eingearbeitet und habe schon in der Vergangenheit erfolgreich in der Baubranche geschlichtet.

Reuters