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Illegal und unerkannt

Thomas Kohlmann16. Juni 2003

Weltweit, so schätzen Experten, werden jedes Jahr mehr als 800 Milliarden US-Dollar aus dunklen Geschäften gewaschen. Trotz internationaler Fahndungen ist kaum dagegen anzukommen.

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Waschmaschinenfest?!Bild: BilderBox

Wenn sich die Internationale Organisation zur Geldwäschebekämpfung FATF in Berlin trifft (16.-20. Juni 2003), dann ist das schon fast Routine. Seit 1989 unter dem Dach der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung (OECD) in Paris angesiedelt, versucht die FATF unter anderem mit ihrer schwarzen Liste die Länder unter Druck zu setzen, die bei der Bekämpfung der Geldwäsche nur zögernd oder gar nicht kooperieren.

Geldwäscher-Paradiese am Pranger

Im Falle Liechtensteins wirkte der Druck durch die G 7: Nachdem sich das Fürstentum als Tummelplatz für Geldwäscher auf der FATF-Negativliste wieder fand, nahm die Kooperationsbereitschaft der verschwiegenen Alpen-Bankiers sprunghaft zu. Banken und Vermögensverwalter melden sich seitdem viel öfter, wenn sie unter ihren Kunden Geldwäscher oder Terror-Finanziers vermuten.

So registrierte die dafür eingerichtete Financial Intelligence Unit (FIU) des Fürstentums 2002 dreißig Prozent mehr Verdachtsmeldungen als im Jahr davor. Der Chef der FIU, Michael Lauber, räumt aber ein, dass dies weniger mit der Zunahme krimineller Handlungen zu tun hat, als viel mehr mit der gesteigerten Vorsicht am Finanzplatz Liechtenstein. Die FATF jedenfalls belohnte Liechtenstein und strich im Juni 2002 das Land von der schwarzen Liste.

Heißes Geld aus St. Petersburg

Dass Russland im Oktober 2002 ebenfalls von der Liste gestrichen wurde, löst bei Geldwäsche-Experten nur ein ungläubiges Kopfschütteln aus. "Ich jedenfalls werde Russland nicht von meiner persönlichen Geldwäsche-Liste streichen", unterstreicht ein Ermittler, der anonym bleiben will.

In Deutschland machte der Fall der "St. Petersburg Immobilien und Beteiligungs AG" (SPAG) Schlagzeilen. Strafverfolger und Bundesnachrichtendienst glauben, dass die seit 1997 börsennotierte Immobiliengesellschaft der St. Petersburger Mafia als Geldwaschanlage gedient hat. Der ermittelnde Staatsanwalt David Ryan Kirkpatrick geht davon aus, dass zweistellige Millionenbeträge von der Firma im hessischen Mörfelden-Walldorf gewaschen worden sind. Eine Affäre mit politischer Brisanz: Russlands Präsident Wladimir Putin, früher stellvertretendes Stadtoberhaupt von St. Petersburg, fungierte bis ins Frühjahr 2000 als Berater der SPAG.

Orientalische Überweisungen

Geldströme zur Terror-Finanzierung sind besonders schwierig nachweisbar. Besonders, wenn die Terroristen aus der islamischen Welt stammen. "Hawala" macht's möglich: Seit Jahrhunderten überweisen so Muslime Geld von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent. Das Prinzip erklärt Terrorismus-Experte Udo Ulfkotte: "Eine Hawala-Überweisung erfolgt mit minimalem Papieraufwand, sie wird nirgendwo elektronisch gespeichert. Wer aus Berlin Geld nach Islamabad überweisen will, der hat die Auswahl unter mindestens zehn einschlägig bekannten - illegalen - "Geschäften" in Kreuzberg, die offiziell als Juweliere, Trödler oder Imbissbuden firmieren."

Alles weitere ist verblüffend einfach: Das Geld wird beim Hawala-Händler abgegeben und verschwindet in einem Tresor. Der Kunde erhält allenfalls einen Zettel mit einer Buchstaben- oder Ziffernfolge. Die wird nun vom Berliner Händler an einen Hawala-Partner in Islamabad übermittelt. Wer danach anonym in Islamabad in dem betreffenden "Geschäft" den Überweisungscode kennt, der bekommt das Geld. Alle Beteiligten profitieren am Hawala-Tarnsfer: Der Kunde spart hohe Auslandsüberweisungsgebühren, der Berliner steckt seine Provision unversteuert ein und der Geschäftspartner in Pakistan verdient am Wechselkurs.

Finanziers des Terrors

Dass sich islamistische Organisationen wie die Hisbollah oder die afghanischen Taliban zusätzlich durch den Drogenhandel finanzieren, macht die Sache für die Ermittler nicht einfacher. Etwa 80 Prozent der weltweit gewaschenen Gelder, so eine Schätzung des Office for Drug Control and Crime Prevention der UNO, stammen aus Drogengeschäften. Und solange mit Drogen in den USA und Westeuropa Milliarden verdient werden, wird auch das Geschäft der Geldwäscher boomen.