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Illegaler Zigarettenhandel an der deutsch-tschechischen Grenze

Monika Dittrich 27. Juli 2006

Zigaretten sind in Deutschland teuer: Vier Euro kostet eine Schachtel mittlerweile, mehr als drei Euro gehen als Tabaksteuer an den Staat. Viele Raucher besorgen sich darum illegale Glimmstängel. Ein Ortsbesuch.

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SchmuggelwareBild: picture-alliance/ dpa

Ein Markt im tschechischen Städtchen Cheb, nur ein paar Kilometer hinter der bayerisch-tschechischen Grenze. Hunderte Bretterbuden, in denen vermeintliche Marken-Ware verkauft wird. T-Shirts von Adidas, Sonnenbrillen von Prada, Taschen von Louis Vuitton - alles zu Spottpreisen. Denn nichts ist echt hier. Verkauft werden Fälschungen. Die Händler sind junge Vietnamesen.

Zehn statt 40 Euro pro Stange

Um Zigaretten zu kaufen, muss man die Verkäufer direkt ansprechen. Original Marlboros werden einem beispielsweise für 18 Euro die Stange angeboten. Die Ware wird erst auf Nachfrage hervorgeholt. Was als original bezeichnet wird, ist mitunter eine schlechte Fälschung. Selbst beim Warnhinweis der EU-Gesundheitsminister hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Dafür ist die Stange unschlagbar billig: Von achtzehn Euro kann man mitunter erst auf zwölf und dann sogar auf zehn Euro runterhandeln. In Deutschland zahlt man für eine versteuerte Stange original Marlboros 40 Euro.

Kein Wunder, dass die Zigarettenindustrie in Aufruhr ist. In Zeiten von Tabaksteuererhöhungen, Tabakwerbeverbot und Nichtraucherschutz steht die Branche ohnehin mit dem Rücken zur Wand. Und jetzt auch noch die gefälschten Zigaretten. Die Zigarettenindustrie zeigt sich besorgt: "Man weiß ja nicht, was da drin ist. Und darum sind gefälschte Zigaretten schon allein aufgrund der Zusammensetzung problematisch. Das betrifft zum Beispiel Pestizide, die beim Tabakanbau benutzt worden sind", sagt Andrea Winkhardt vom Verband der Cigarettenindustrie.

Gefälschte Zigaretten noch gefährlicher als echte

Tatsächlich belegen mehrere unabhängige Studien, dass die nachgemachten Zigaretten noch gefährlicher sind als die echten, denn sie bestehen aus minderwertigem Tabak oder sogar Abfällen. Doch sorgt sich die Branche vermutlich weniger um die Gesundheit ihrer Konsumenten, als ums eigene Geschäft. Denn die gefälschten Zigaretten werden nicht nur auf Grenzmärkten in Tschechien oder Polen verkauft. Sie werden außerdem im großen Stil nach Deutschland geschmuggelt. Und das bedeutet jährlich Milliardenverluste für die Tabakindustrie.

Zigarettenschachtel mit Steuermarken
So sehen Zigarettenschachteln mit Steuerzeichen ausBild: picture-alliance/ dpa

"Eine geschmuggelte Zigarette, die nicht hier versteuert wurde, ist auch eine Zigarette weniger, die wir verkauft haben. Durch die fünf Tabaksteuererhöhungen in vier Jahren ist bei uns der Absatz um ein Drittel eingebrochen", sagt Winkhardt. Und je teurer die Zigaretten in Deutschland würden, desto größer sei der Anreiz für Schmuggler und Fälscher, sagt die Verbandsvertreterin.

Offene Grenzen auch für Schmuggler

Hinzu kommt, dass sich die Grenzen in der größer werdenden Europäischen Union öffnen. Schon bald wird auch an der Grenze zu Tschechien das Schengener Abkommen gelten, das den Verzicht auf Grenzkontrollen innerhalb der EU regelt. Für die Zollfahnder wird es immer schwieriger, den Schmugglern auf die Spur zu kommen.

Franz Paulus arbeitet als Zollfahnder in einer mobilen Kontrollgruppe, noch vor wenigen Jahren hat er an der Grenze zu Tschechien Lastwagen kontrolliert. Mit seinem Kollegen fährt er in einem zivilen Wagen über die Autobahnen im Grenzgebiet. Verdächtige Lastwagen und Transporter aus Osteuropa werden stichprobenartig rausgefischt. Dann kommen Tabakspürhunde zum Einsatz, und manchmal auch die mobile Röntgenanlage. Damit kann man doppelte Böden, Tanks im Tank oder anderswo versteckte Ladung entdecken.

Paulus zeigt als Beispiel eine Röntgenaufnahme von einem LKW: "Auch hier hat man Zigaretten. Der hatte Aluschrott geladen. Wenn man von hinten oder von oben drauf schaut, sieht man eben nur Aluschrott. Und unten drunter hatte der Zigaretten geladen."

Jede sechste Zigarette in Deutschland vermutlich geschmuggelt

Im vergangenen Jahr hat der Zoll in Deutschland 735 Millionen geschmuggelte Zigaretten sichergestellt - überwiegend gefälschte Ware. Doch die Schmuggler sind den Fahndern immer ein paar Schritte voraus. Der Verband der Cigarettenindustrie schätzt, dass jede sechste in Deutschland gerauchte Zigarette eine geschmuggelte ist. Und so entgehen auch dem Staat immer mehr Einnahmen aus der Tabaksteuer.

Auf dem Grenzmarkt in Cheb schlendern deutsche Touristen mit voll gestopften Plastiktüten zwischen Bretterbuden hindurch. Viele haben sich mit Zigaretten eingedeckt. Und das ist noch nicht mal strafbar: Eine Stange darf man pro Person für den privaten Konsum mit nach Deutschland nehmen. Egal, ob original oder gefälscht.