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Im israelischen Wahlkampf steht Frieden nicht im Mittelpunkt

Peter Philipp7. März 2006

Zum Wahlkampfauftakt in Israel hat der amtierende Ministerpräsident Ehud Olmert angekündigt, den Siedlungen im Westjordanland die Mittel zu kürzen. Das Thema Frieden dürfte bei den Wahlen jedoch keine Rolle spielen.

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Bild von Amir Peretz bei einer Wahlkampfveranstaltung der ArbeiterparteiBild: AP
Der israelische Premierminister Ehud Olmert, Porträt wirtschaftliche Sanktionen gegen Hamas
Ehud OlmertBild: AP

Knapp drei Wochen vor den Parlamentswahlen hat in Israel die heiße Phase des Wahlkampfes begonnen, der am Dienstag (7.3.2006) offiziell eröffnet wurde. So heiß wie sonst will die Auseinandersetzung bisher aber nicht werden. Nicht nur, weil der bisherige Ministerpräsident und Chef der neuen Kadima-("Vorwärts")Partei, Ariel Scharon, weiterhin im Koma liegt, sondern weil seinem Amtsnachfolger Ehud Olmert die Basis für einen wirklich konfrontativen Wahlkampf abhanden gekommen ist.

Unverblümte Drohungen

Hatte Olmert zunächst vor, gegenüber der sozialdemokratischen Arbeiterpartei wie auch gegenüber seinem eigenen alten Likud-Block als der entschlossenere und überzeugendere Vorkämpfer einer Friedensregelung anzutreten, so teilt Olmert die Irritation und Verunsicherung seiner innenpolitischen Konkurrenten, dass es nun möglicherweise auf absehbare Zeit nicht einmal eine Chance auf Frieden geben könnte.

Mit der Wahl und bevorstehenden Regierungsübernahme durch die islamistische "Hamas" ist in Israel ein nationaler Konsens hergestellt worden, dass man mit diesen Leuten weder verhandeln noch politischen Alltags-Umgang pflegen sollte. Im Gegenteil: Die Regierung Olmert hat die gezielte Ermordung radikaler Palästinenser wieder aufgenommen. Und wenn bisher auch in erster Linie Anhänger des Islamischen Dschihad getroffen wurden, so droht man doch schon unverblümt in Jerusalem, dass auch der künftige Hamas-Premier Ismail Hanija auf der Abschussliste stehen könnte, wenn er der Gewalt keinen Einhalt gebiete.

Kein Ausbau der Siedlungen

Über der Frage eines Friedens mit den Palästinensern dürften die Wahlen in Israel also weniger entschieden werden als je zuvor. Auch deswegen nicht, weil aus der Kadima-Partei ähnliches zu hören ist wie von Hamas: Die Roadmap, jenes unverbindliche Friedenskonzept der EU, der UNO, der USA und der Russen (des "Nahost-Quartetts") sei tot. Gleichwohl kündigte Olmert nun an, er werde weitere Siedlungen in der Westbank räumen und man werde auch den Ausbau der dortigen Siedlungen stoppen. Das Geld solle besser in Entwicklungsstädte in Israel selbst investiert werden.

Was zunächst erstaunt, hat zwei handfeste Gründe. Einmal will Olmert offenbar die Linie weiter verfolgen, die Ariel Scharon im Gazastreifen vorgeführt hatte: In angeblicher Ermangelung eines Partners auf der palästinensischen Seite hatte Scharon ohne jede Koordination mit den Palästinensern einen unilateralen Rückzug aus dem Gazastreifen beschlossen und Olmert will ähnliches nun in der Westbank tun. Kein völliger Rückzug, sondern eine einseitig festgelegte künftige Grenzziehung, von der man natürlich weiß, zu wessen Gunsten sie sein wird.

Werben um die Unterschicht

Der zweite Grund aber ist ein Versuch, die Unterprivilegierten und armen Bevölkerungsschichten für Kadima zu gewinnen. Es sind dies vor allem die Einwandererfamilien aus orientalischen Ländern, die jetzt ihre Hoffnung auf Amir Peretz setzen, den neuen Vorsitzenden der Arbeiterpartei. Peretz stammt aus Marokko, war Bürgermeister einer jener "Entwicklungsstädte" im Süden des Landes, die von der Rezession besonders hart getroffen sind. Und Olmert will den Menschen dort Hoffnung geben, dass nicht "einer von uns" (Peretz) aus der Misere führt, sondern die "bewährte Mannschaft" in Jerusalem. Völlig falsch kalkuliert Olmert dabei nicht, denn er war früher Bürgermeister von Jerusalem, einer Stadt, die ähnliche Probleme zu bewältigen hat wie manche Entwicklungsstadt. Und Olmert hatte im Jerusalemer Rathaus gute Arbeit geleistet.

Gegenüber Olmert und Peretz dürfte Likud-Führer Benjamin Netanjahu ein vergleichsweise großes Problem haben: Als Finanzminister hat er sich nicht gerade verdient gemacht um die Armen im Lande, und als Ministerpräsident der Jahre 1996 bis 1999 hat er demonstriert, wie sehr er entschlossen ist, einen friedlichen Kompromiss mit den Palästinensern zu hintertreiben. Netanjahu steht bestenfalls für die wirklichen Hardliner zur Verfügung - als Garant dafür, dass kein "fauler Kompromiss" mit den Palästinensern eingegangen wird - eine "Gefahr", die angesichts des Wahlsieges von Hamas eigentlich nicht akut ist.

Der israelische Wahlkampf wird sich deswegen wohl wieder einmal in erster Linie um wirtschaftliche Fragen drehen. Auch wieder einmal: Ohne zu erkennen und zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftslage direkt von der Sicherheitslage und dem Mangel an Frieden abhängt.