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Im Kreis gelaufen

28. Februar 2012

Der Bundestag stimmt einem zweiten Rettungspaket für Griechenland zu und gibt damit grünes Licht für weitere Milliardenhilfen. Dass nun alles gut wird, daran glaubt allerdings niemand mehr, meint Sabine Kinkartz.

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7. Mai 2010 und 27. Februar 2012: Knapp zwei Jahre liegen zwischen diesen beiden Daten, denen eins gemein ist. Damals und heute sorgte der Bundestag mit der Mehrheit seiner Abgeordneten dafür, dass Griechenland keine Bankrotterklärung abgeben muss. Doch damit endet die Gemeinsamkeit auch schon. Schwankte die Mehrheit der Abgeordneten 2010 noch zwischen Hoffen und Bangen, so kann der Gemütszustand dieser Tage nur noch mit Resignation umschrieben werden.

Die Politik ist im Kreis gelaufen und steht 2012 wieder genau da, wo sie 2010 losgerannt ist. Zwei vergeudete Jahre, viele Milliarden Euro, die man auch aus dem Fenster hätte werfen können, ein Blick ins Ungewisse und die Erkenntnis, dass es keine Alternative gibt. Das kann nur frustrieren. Griechenland wird weiter Geld brauchen, viel Geld. Milliardenschwere Zahlungen, die in Form eines dritten und wer weiß, vielleicht auch vierten oder fünften Rettungspakets erforderlich sein werden.

Dauerhafte Transfers nötig

So unerreichbar im Rückblick auf 2010 das damalige Ziel war, Griechenland werde bis 2014 wieder auf eigenen Beinen stehen, so unerreichbar ist jetzt das erklärte Ziel, mit den dreistelligen Milliardenhilfen den griechischen Schuldenberg bis 2020 auf ein erträgliches Maß senken zu können. Wie soll sich ein Land sanieren, das dafür keine Kraft und keine Mittel hat, in dem nur wenig so funktioniert, wie es funktionieren müsste. Wie sollen in ein paar Jahren Strukturen gebildet werden, für deren Aufbau eigentlich Jahrzehnte nötig wären? Die Zeiten für Griechenland werden nicht besser sondern schlechter, das ist die bittere Wahrheit.

Sabine Kinkartz 10117 Berlin
Sabine Kinkartz, DW-Wirtschaftskorrepondentin in BerlinBild: DW

Griechenland hätte mehr Chancen, sich zu regenerieren, wenn es die Währungsunion verlassen würde, hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich noch vor der Abstimmung im Bundestag gesagt. Dass er damit recht hat, das weiß jeder in der Bundesregierung, auch wenn das offiziell natürlich niemand sagen darf. Denn wie soll man Rettungspakete für ein Land rechtfertigen, das man verloren gibt?

Verlogene Debatte

So richtig kann aber auch die Bundeskanzlerin ihre wahren Gefühle nicht mehr kaschieren. Zwar mühte sie sich im Plenum darum, Zuversicht zu verbreiten. Doch viele Worte klangen hohl. Glaubhaft war allein ihr Hinweis darauf, dass tatsächlich niemand im Moment abschätzen kann, welche Konsequenzen eine immer noch ungeordnete Insolvenz Griechenlands auch für Deutschland hätte. "Als Bundeskanzlerin muss ich zuweilen Risiken eingehen, Abenteuer darf ich nicht eingehen, das verbietet mein Amtseid", betonte Merkel.

Diese Feststellung kann natürlich auch so interpretiert werden, dass Berlin Athen genau dann fallen lassen wird, wenn die Konsequenzen für Deutschland und den Rest Europas überschaubar werden. Das könnte der Fall sein, wenn der dauerhafte Rettungsschirm ESM aufgespannt ist, wenn genug Geld zur Verfügung steht, um Portugal, Italien und Spanien gegen das implodierende Griechenland abzuschotten.

Wer das nicht will, der muss sich damit abfinden, dass Griechenland noch auf Jahrzehnte am europäischen Tropf hängen und ein Transferstaat bleiben wird. Ein Land, das aus eigener Kraft mit dem Rest der Eurostaaten nicht mithalten kann und daher gestützt werden muss. Vielleicht ist das die bessere Lösung. Auf jeden Fall wäre es die konsequentere. Bei der Gründung der Währungsunion gab es genug Stimmen, die vor einer Aufnahme Griechenlands warnten. Die Politik hat sich über alle diese Warnungen damals hinweggesetzt. Eigentlich müsste sie jetzt für die Folgen geradestehen.

Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Heiner Kiesel