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Im Namen der Pressefreiheit

Peter Philipp4. Mai 2003

Seit dem 3. Mai 1953 ist die Deutsche Welle auf Sendung. Weltweit genießt sie hohes Ansehen durch Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit. Die DW ist ein Sprachrohr der Pressefreiheit, die weltweit bedroht bleibt.

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Der 3. Mai ist auch Tag der Pressefreiheit

"Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht umfaßt die Freiheit, Meinungen unangefochten zu vertreten, sowie Informationen und Ideen mit allen Kommunikationsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten." Das besagt Artikel 19 der "Universellen Erklärung der Menschenrechte" der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1948. Schöne Worte, die - kurz nach dem Zweiten Weltkrieg - sicher auch dem Gefühl weltweit entsprachen, es müsse nun Schluss gemacht werden mit der Verletzung von Menschenrechten.

Presse- und Meinungsfreiheit sind integrale Bestandteile der Menschenrechte. Und sie werden wie diese weltweit kontinuierlich verletzt: Kaum ein Land, das nicht auf die eine oder andere Weise Presse- und Meinungsfreiheit beschränkt oder behindert. Oder sogar ganz unterbindet.

Journalisten im Visier

Zeitungsredakteur im Gefängnis in der Türkei
Ocak Isik Yurtcu, Zeitungsredakteur im Gefängnis in der TürkeiBild: AP

"Reporter ohne Grenzen" (ROG) ist eine weltweit operierende Organisation, die als Monitor solcher Verstöße aktiv ist und sich dafür einsetzt, dass die schlimmsten Verletzungen revidiert und aufgehoben werden. Elke Schäfter ist Geschäftsführerin der deutschen Sektion von "Reporter ohne Grenzen" - und sie muss bestätigen, dass es mit der Pressefreiheit weltweit weiterhin im Argen liege:

"Zwar wurden weniger Journalisten getötet. Aber wir haben einen drastischen Anstieg bei den gewalttätigen Übergriffen auf Journalisten. Und wir haben einen Anstieg bei den vorübergehend, zu unterschiedlichen Zeitspannen festgenommenen Journalisten. Und das ist eine sehr negative Bilanz für uns".

In den ersten dreieinhalb Monaten des Jahres 2003 sind weltweit mindestens 14 Journalisten und ein journalistischer Assistent getötet worden. 129 sind inhaftiert - zum Teil bereits seit Jahren. Und nur, weil sie ihrem Beruf nachgegangen waren.

Kein Privileg der Machthaber

Die Weltkarte von "Reporter ohne Grenzen" besteht überwiegend aus Ländern, in denen Presse- und Meinungsfreiheit nachweislich und regelmäßig in größerem Umfang verletzt werden. Besonders zahlreich sind die Fälle in Asien und Lateinamerika, das hängt aber zum Teil mit der Bevölkerungsdichte dort zusammen und keinesfalls immer nur mit den Regimen in der Region. Denn die Verletzung der Pressefreiheit ist nach Erkenntnis von "Reporter ohne Grenzen" schon längst nicht mehr das "Privileg" der jeweiligen Machthaber.

"Es ist nicht nur der Staat, der die Presse einschränkt und die Journalisten bedroht. Es sind auch bewaffnete Gruppen, organisierte Kriminalität und der Drogenhandel. Es sind eigentlich sämtliche gesellschaftlichen Konfliktfelder, die wir seit vielen Jahren kennen und beobachten, die zunehmend auch für Journalisten, die darüber berichten, bedrohlich werden".

Die "schwarze Liste"

Es wundert natürlich nicht, dass auf der jährlich zusammengestellten "schwarzen Liste" der Sünder gegen die Pressefreiheit westeuropäische Staaten gut abschneiden. Aber sie kommen nicht ganz ungeschoren davon, denn auch dort werden immer wieder Vorstöße unternommen, die freie Arbeit und Informationsbeschaffung von Journalisten zu beschränken. Wie etwa kürzlich in der Bundesrepublik Deutschland, wo sogar gerichtlich dem Staat das Recht eingeräumt wurde, Journalisten-Telefone abzuhören. Dies - so heißt es - gelte zwar nur in Ausnahmefällen. Aber bei "Reporter ohne Grenzen" läuten die Alarmglocken. Und nicht nur in dieser Organisation.

Schlusslicht in Sachen Pressefreiheit in Westeuropa ist Italien, mit Platz 40 im letzten Jahr weit hinter den USA, die selbst auch nur auf Platz 17 rangierten. Der Grund hierfür: In den USA wurden zahlreiche Journalisten verhaftet, weil sie in Gerichtsverhandlungen ihre Quellen nicht preisgaben oder weil sie nach dem 11. September angeblich Sicherheitsbestimmungen missachteten.

Beispiel Irak-Krieg

Auch der Irak-Krieg hat "Reporter ohne Grenzen" Grund zur Kritik geliefert. Obwohl zum ersten Mal Journalisten als "embedded journalists" die Kriegshandlungen direkt vor Ort miterleben konnten. Es habe aber zuvor schon unzulässige Restriktionen gegeben - und es seien bestimmte Journalisten aus bestimmten Ländern ausgeschlossen worden. Wieder andere seien von den amerikanischen und britischen Truppen behindert worden - von den irakischen Behörden ganz zu schweigen. Und ausreichenden Schutz für die Korrespondenten in Bagdad habe es auch nicht gegeben.

Natürlich ist es in Kriegs- und Krisensituationen immer so gewesen, dass die kriegführenden Parteien den Medien nicht freie Hand lassen und ihnen keine volle Operationsfreiheit im Kriegsgebiet zugestehen. Dahinter verbergen sich militärische und politisch-propagandistische Gründe - und das weiß man natürlich auch bei "Reporter ohne Grenzen", wenn man eine Aufhebung solcher Einschränkungen fordert: "Natürlich beharren wir immer wieder darauf, dass wir diese Möglichkeiten haben wollen und dass wir das auch unter Pressefreiheit verstehen. Auch und gerade in Kriegs- und Krisenzonen."

Gasmasken für Journalisten
Gasmasken für JournalistenBild: AP
Kameramann unter Beschuss durch israelische Armee
Kameramann unter Beschuss durch israelische ArmeeBild: AP
Zensur Fernsehschirm
Bild: AP

Der Kampf geht weiter

Es ist mühsam, die Regierungen der verschiedensten Länder zur Achtung und Respektierung der Menschenrechte anzuhalten. Aber es ist ein kleiner und sicher auch bescheidener Erfolg, dass es immer wieder auch in Einzelfällen gelingt, Missstände nicht nur anzuprangern, sondern auch zu beheben und abzustellen. Dies gelingt vor allem dann, wenn betroffene Staaten negative Schlagzeilen scheuen. Aber die Anzahl solcher Staaten wird immer geringer und die Gefahren für Journalisten durch nichtstaatliche Feinde der Pressefreiheit immer größer.

Ernüchtert muss man feststellen: Der Artikel 19 der Menschenrechtserklärung ist auch 55 Jahre nach seiner Verabschiedung in vielen Erdteilen nur das idealisierte Bild einer Welt, die es in dieser Form nicht gibt.