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Schnäppchen-Paradies

Zacharias Zacharakis11. März 2009

Ganz Europa befindet sich fest im Griff der Rezession. Nein, nicht ganz Europa: Ein kleines Städtchen in Polen an der Grenze zu Deutschland profitiert von der Krise.

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Besucher auf dem Polenmarkt von Slubice (Foto: DPA)
Lebensmittel zum Discounter-PreisBild: picture-alliance / dpa

"In Euro oder Zloty", fragt die Frau an der Kasse in einem kleinen Einkaufszentrum, nur wenige Meter hinter der deutsch-polnischen Grenze bei Frankfurt an der Oder. Textilien, Elektrogeräte, Lebensmittel, vor allem Zigaretten und alkoholische Getränke sind hier erhältlich. Auf dem Parkplatz vor der Tür stehen mindestens genauso viele Autos mit deutschen Kennzeichen, wie mit polnischen.

Der Wert der polnischen Währung ist in den vergangenen Wochen stark gefallen. Deutsche Schnäppchen-Jäger aus Berlin und Brandenburg nutzen zurzeit den niedrigen Zloty-Kurs, um in dem kleinen Grenzort Slubice günstig einzukaufen.

Beliebte Ware: Fernseher, Kühlschränke, Waschmaschinen

Besucher auf dem Polenmarkt von Slubice (Foto: DPA)
Zigaretten für 13 statt für 17 EuroBild: picture-alliance / dpa

"Seit etwa einem Monat, seitdem der Euro so hoch steht, machen immer mehr deutsche Kunden bei uns Einkäufe", sagt Radoslav Bala, Geschäftsführer eines Fachhandels für Elektronik. Früher seien auch schon immer deutsche Kunden nach Slubice gekommen, doch damals hätten sie vor allem kleinere Artikel wie Batterien oder CD-Rohlinge gekauft.

An Freitagen und Samstagen kommen jetzt genauso viele Deutsche wie Polen, sagt Bala, und sie geben mehr Geld aus: "Die deutschen Kunden kaufen mehr die größeren Dinge, zum Beispiel Fernseher, Kühlschränke, Waschmaschinen und digitale Kameras - schon eher die teueren Geräte."

Deutsche kaufen Markenware

Nicht allein in den Läden macht sich der Andrang bemerkbar. Auf der Brücke über den Grenzfluss Oder herrscht besonders am Wochenende viel Verkehr. Menschen bepackt mit Einkaufstüten kommen auch zu Fuß von der polnischen Seite über die Brücke. "Freitag und Samstag ist immer am besten", sagt Agnieska Sajduk, die ein Geschäft für Textilien und Genussmittel wie Alkohol und Zigaretten führt. Es ist speziell zugeschnitten auf die Ansprüche der ausländischen Kunden.

"Wir führen Markenwaren, die die Deutschen kennen. Die kommen gezielt zu uns und kaufen diese", erklärt Sajduk. Obwohl die deutsche Grenzregion um Frankfurt an der Oder wirtschaftlich schwach und die Arbeitslosenzahl mit 10 bis 15 Prozent sehr hoch ist, wollten die Kunden vor allem hochwertige Ware. Für den derzeitigen Ansturm hat die junge Polin nur eine Erklärung: "Entscheidend ist der Wechselkurs. Der Euro seht jetzt bei etwa 4,70 Zloty." Im vergangenen Jahr haben die Wechselstuben an der Grenze noch knapp über drei Zloty für einen Euro gezahlt.

"Spanien und Portugal wären auch interessant"

Einkaufstraße in Slubice (Foto: DPA)
Einkaufsstraße in SlubiceBild: picture-alliance/ ZB

Zwei Frauen verlassen ein Schuhgeschäft mit Einkaufstüten in den Händen. Eine der beiden hat ein Paar Lederschuhe für ihr Kind gekauft - für 12 Euro. Sie glaubt, dass sie dafür weniger als in Deutschland ausgegeben hat: "Ich habe zwei Kinder. Von daher weiß ich, was so Sachen kosten. Wenn sie dann noch aus Leder sind, dann ist es gleich noch ein bisschen mehr."

Die beiden Frauen aus Berlin waren dienstlich in der Grenzregion unterwegs und wollten sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. "Das hängt schon mit der Stellung des Geldes im Moment zusammen. Für uns wären ja auch Spanien oder Portugal interessant, aber da müssten man noch weiter fahren", scherzt die Frau.

Ein Ehepaar aus dem nahe gelegenen Eisenhüttenstadt nutzt seit Jahren das Preisgefälle, doch im Moment schlagen die beiden verstärkt zu. "Jetzt ist es extremer. Wir waren auch mal zwei, drei Monate gar nicht hier gewesen", sagt der Mann. Das Ehepaar versorgt sich in Slubice überwiegend mit Konsumgütern: "Tanken, Zigaretten, Essen gehen, Einkaufen - das ist schon günstig."

Von dem Geschäft mit Kleinigkeiten und Zigaretten profitiert auch Pavel Sokolovski. Er führt einen kleinen Laden direkt am Ufer der Oder. Vier Stangen Zigaretten dürfen seine Kunden mit nach Deutschland nehmen, die Preise dafür sind in den letzten Wochen gehörig gefallen. "Früher hat die billigste Stange 17,50 Euro gekostet, aber jetzt kostet sie 13,50", sagt Sokolovski. Trotz des guten Geschäfts mit den Nachbarn hat er dennoch eine Sorge um die Deutschen, genauer gesagt um die Mannschaft von Bayern München. Für dessen Trainer hat er deshalb eine Botschaft: "Jürgen Klinsmann mach alles!"