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Im Schatten des Atomstreits: Merkel besucht Washington

3. Mai 2006

Bundeskanzlerin Angela Merkel tritt unter dem Eindruck des Atomstreits mit dem Iran ihren zweiten USA-Besuch ihrer Amtszeit an. Die USA hätten gerne eine "Koalition der Willigen" gegen den Iran.

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Merkel bei ihrem letzten USA-Besuch im Januar mit US-Präsident BushBild: AP

Vom Washingtoner Flughafen direkt ins Oval Office - gleich als erster Punkt im Reiseplan von Bundeskanzlerin Merkel steht das Gespräch mit US-Präsident George W. Bush. Das Hauptthema bei dem Treffen am Mittwochnachmittag (3.5.2006, 23 Uhr MESZ) steht auch fest: Der Iran. Angela Merkel will dabei, wie ein hochrangiger Regierungsvertreter in Berlin erläuterte, vor allem zwei Anliegen vortragen: Dass alle weiteren Schritte im Atomstreit maßvoll erfolgen und dass die internationale Gemeinschaft zusammengehalten wird.

Die USA ziehen auch die Bildung einer "Koalition der Willigen" in Erwägung, um den Iran stärker unter Druck zu setzen. Weitere Schwerpunkte werden die Lage im Nahen Osten, im Irak und im Sudan sowie bilaterale Themen sein. Die US-Regierung bezeichnete die Zusammenarbeit mit Berlin im Vorfeld als "sehr effektiv". Laut einem ranghohen Mitarbeiter des Weißen Hauses "intensivierte" sich das Verhältnis in den vergangenen Monaten.

"Anker der transatlantischen Beziehungen"

Nach den Gesprächen ist ein gemeinsames Abendessen in Anwesenheit von Außenministerin Condoleezza Rice, sowie anderer US-Spitzenvertreter vorgesehen. Anders als beim ersten Treffen steht diesmal auch ein Abstecher nach New York auf ihrem Programm. Dort trifft sie die Vorstandschefs zwölf großer amerikanischer und sechs deutscher Unternehmen. Dazu zählen unter anderem Coca Cola, Motorola, Siemens, ThyssenKrupp und DaimlerChrysler. Bei einem anschließenden Mittagessen wird Merkel eine Rede vor insgesamt 400 Wirtschaftsvertretern halten.

Der US-Regierungsvertreter sagte am Dienstagabend in Washington, unter Merkels Führung entwickle sich Deutschland zunehmend zu einem "Anker in der transatlantischen Beziehung". Die Bundeskanzlerin übe eine "prinzipientreue, entschlossene und integrierende" Führungsrolle daheim und auf der internationalen Bühne aus. Die USA seien ebenso wie Deutschland an einer diplomatischen Lösung des Konflikts mit dem Iran interessiert.

Festrednerin beim AJC

Der Vorsitzende der Grünen Reinhard Bütikofer sagte, dass die Bush-Regierung wissen müsse, dass die Deutschen kein Partner für eine "Koalition der Willigen" seien. Der Konflikt könne nur im Rahmen der Vereinten Nationen und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) entschärft werden, sagte er der "Freien Presse". Bütikofers Vorsitzendenkollegin Claudia Roth forderte Merkel auf, die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo als "rechtslosen Raum" zu fordern.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Oskar Lafontaine, sagte der "Freien Presse", es reiche nicht aus, sich einer Koalition der Kriegswilligen zu entziehen. Merkel müsse Bush deutlich sagen, "dass weder der deutsche Luftraum noch die US-Airbasen in Deutschland für einen Krieg gegen den Iran zur Verfügung stehen". Der FDP-Außenpolitiksprecher Wolfgang Gerhard sprach von einer guten Gelegenheit, das Fundament der diplomatischen Front gegen die Atompolitik des Iran zu verbreitern und unnötige Schärfen aus der Tonlage gegenüber Teheran herauszunehmen.

Zum Abschluss ihres Besuchs nimmt Merkel in Washington zusammen mit Bush und UN-Generalsekretär Kofi Annan an einem Gala-Dinner zum 100-jährigen Bestehen des American Jewish Committee, einer der großen jüdischen Organisationen in den USA, teil, wo sie auch eine Rede halten wird. Am Donnerstagabend fliegt sie nach Deutschland zurück. (gol)