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Im Schatten des Sternenbanners

20. Januar 2004

Mark Hertsgaard, einer der profiliertesten Journalisten der USA, hat auf vielen Reisen die Ursachen erforscht für die oft frappierenden Unterschiede zwischen dem, was inner- und außerhalb der USA gedacht wird.

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"Wissen Sie, dass es in jedem Township Südafrikas zwei Straßenbanden gibt, die nach Ihrem Land benannt sind ? Die einen nennt man "die jungen Amerikaner", die anderen "die hässlichen Amerikaner". Die jungen Amerikaner ziehen sich an wie Amerikaner. Die hässlichen Amerikaner schießen wie Amerikaner."

Bewunderung und Kritik

Diese Anekdote, die der südafrikanische Busfahrer Malcolm Adams dem Autor Mark Hertsgaard erzählte, steht sinnbildlich für die ambivalente Haltung vieler Nicht-Amerikaner gegenüber den Vereinigten Staaten. Zum einen die Bewunderung für die USA, das faszinierende Land der tausend Möglichkeiten, dessen Lebensstil von Kapstadt bis nach Tokio kopiert wird, zum anderen die Kritik an der US-amerikanischen Arroganz, dem Großmachtgehabe und der Waffenvernarrtheit der Amerikaner. Über sechs Jahre hat der US-amerikanische Journalist Hertsgaard in den verschiedensten Winkeln der Welt recherchiert und Außenansichten von Amerika gesammelt. Sein Fazit: die Menschen differenzieren sehr wohl zwischen den Amerikanern und ihrer Führung.

"Es ist vielleicht die größte Lüge, die dem amerikanischen Volk nach dem 11. September aufgebunden wurde, dass die Terroranschläge ein Beweis dafür seien, dass sie uns hassen. Aber die Welt hasst nicht uns, das amerikanische Volk. Was Nicht-Amerikaner verärgert, und oft aus gutem Grund, sind unsere Regierung, unser Militär, unsere Konzerne."

'Wer nicht für uns ist, ist gegen uns'

Der Ärger über die US-amerikanische Regierung unter George W. Bush hat viele Namen: die Weigerung, das Kyoto-Protokoll zum weltweiten Klimaschutz zu unterzeichnen, das Nein zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag oder auch der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, den der Präsident mit den wohl US-typischen Worten 'Wer nicht für uns ist, ist gegen uns‘ einleitete. Mark Hertsgaard erinnert in diesem Zusammenhang an eine Aussage von Bush im Januar 2002.

"Unter den Politikern, die an Feierlichkeiten zu Ehren des ermordeten Bürgerrechtskämpfers teilnahmen, war heute Präsident Bush, der King pries, weil der es abgelehnt habe, auf Hass mit Hass zu antworten und der Gewalt mit Gewalt zu begegnen. Seltsame Worte aus dem Munde eines Mannes, der gerade angeordnet hat, als Vergeltung für die Anschläge vom 11. September Afghanistan drei Monate lang zu bombardieren."

Nicht jeder Kritiker ist gegen die USA

Insbesondere mit Blick auf den 11.September und den Irak-Krieg sollte 'Im Schatten des Sternenbanners‘ zur Pflichtlektüre jedes US-Amerikaners gehören - um zu verstehen, wie sie der Rest der Welt sieht. Aber auch Nicht-Amerikanern ist dieses Buch zu empfehlen - um nachzuvollziehen, warum die USA und ihre Bürger so sind, wie sie nun einmal sind. Nicht zuletzt tritt Hertsgaard den Beweis an, dass es durchaus möglich ist, die USA und ihre Regierung aufs Schärfste zu kritisieren, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, Anti-Amerikanist zu sein. Schließlich ist Mark Hertsgaard ein Bürger der Vereinigten Staaten - und irgendwo doch stolz auf sein Land.

"Beldrich Moldan, ehemaliger Umweltminister der Tschechischen Republik, hat es am besten formuliert. Man kann die Vereinigten Staaten mögen oder auch nicht mögen, aber eines weiß man: Sie sind die Zukunft."

Rezension: Oliver Pieper

Bibliografische Angaben:
Mark Hertsgaard
Im Schatten des Sternenbanners
Hanser, München 2003
3-446-20285-4
19.90 Euro