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"Im Sudan geschieht Völkermord"

16. September 2004

Die USA erhöhen den diplomatischen Druck auf den Sudan: Präsident Bush sprach von Völkermord, mit Sanktionen gegen die Ölindustrie wird gedroht. Aber die liefen europäischen und asiatischen Interessen zuwider.

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Das Leiden der Flüchtlinge hat nach wie vor kein EndeBild: AP


US-Präsident George W. Bush hatte die Vereinten Nationen am Donnerstag (9.9.) aufgefordert, "den Völkermord und andere Verbrechen in Darfur" gründlich zu untersuchen. Zuvor hatte US-Außenminister Colin Powell deutliche Worte für das brutale Vorgehen der arabischen Reitermilizen gegen die schwarze Bevölkerung in der Provinz von Darfur gefunden: "Ich habe die Schlussfolgerung gezogen, dass in Darfur Völkermord begangen wurde. Und dass die Regierung des Sudan zusammen mit den Dschandschawid (arabische Reitermilizen, d.R.) hierfür die Verantwortung trägt", erklärte Powell vor dem außenpolitischen Ausschuss des US-Senats. Falls sich der Sicherheitsrat der Einschätzung Powells anschließt, dass es sich im Sudan um Völkermord handelt, wären die Vereinten Nationen verpflichtet, militärisch einzugreifen.

Augenzeugenbefragungen

Colin Powell zu Sudan
Powell mit dem Bericht zur Lage im SudanBild: AP

Das US-Außenministerium hatte in den vergangenen Wochen 1100 Flüchtlinge aus Darfur befragen lassen. Demzufolge bestehe kein Zweifel daran, dass die Verbrechen unter Mithilfe der Regierung in Khartum begangen werden. "Es wurden Regierungsflugzeuge zur Bombardierung von Dörfern eingesetzt. Danach kamen Lastwagen mit Regierungssoldaten und Dschandschawid- Milizen in die Dörfer und veranstalteten Treibjagden", so Außenamtssprecher Richard Boucher. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen von Menschrechtsgruppen die bei vielen Flüchtlingen aus Darfur Schusswunden feststellten. "Viele Menschen haben ausgesagt, dass die Regierung Einzelne gezielt herausgriff und ihnen in den Rücken schoss." In Darfur sollen bereits mehr als 50.000 Menschen umgebracht und 1,4 Millionen in die Flucht getrieben worden sein, berichtet Jemera Rone von der Hilfsorganisation "Human Rights Watch".

Neue Frist

Um die Massenjagd zu beenden, hat die US-Regierung bei den Vereinten Nationen einen neuen Resolutionsentwurf vorgelegt. Der sudanesischen Regierung soll zunächst eine weitere Frist von 30 Tagen gewährt werden. Innerhalb dieser Zeit soll sie ernsthaft und glaubwürdig Maßnahmen zur Erfüllung der Forderungen einer früheren UN-Resolution nach Entwaffnung und Bestrafung der Milizen einleiten. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte dem Sicherheitsrat berichtet, dass Khartum bislang keine nennenswerten Schritte gegen die Dschandschawid-Milizen unternommen habe. Forderungen nach einem leichteren Zugang von humanitären Organisationen zu den Flüchtlingen und einem besseren Schutz für die Flüchtlingslager seien aber großteils erfüllt worden. Der sudanesischen Regierung werden Sanktionen gegen die Ölindustrie des Landes angedroht, falls keine Fortschritte bei der Lösung des Konfliktes erzielt werden. Die Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat dürften jedoch schwierig werden.

Der Sudan und das Öl

Pakistan und die VR China - beide Mitglieder im Sicherheitsrat – importieren sudanesisches Öl. Sie hatten sich schon bei der letzten Sudanresolution der Stimme enthalten. Zudem hat der Sudan erst Ende Juli 2004 mit europäischen, asiatischen und einheimischen Firmen einen Milliarden-Vertrag über die Erschließung seiner Ölfelder besiegelt. Das Konsortium Petrodar unterzeichnete Vereinbarungen mit Firmen aus Frankreich, Großbritannien, Russland, China, Malaysia und den Vereinigten Arabischen Emiraten, berichtete die Zeitung "El Sahafa" (27.7.2004). Die Aufträge sollen einen Wert von insgesamt mehr als 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,4 Milliarden Euro) haben.

Die mehr als 15 beteiligten Unternehmen sollen dem Bericht zufolge die Ölfelder von Melut in der Region Oberer Nil im Süden des Sudan sowie die Felder am Weißen Nil im Zentrum des Landes ausbauen. Vorgesehen seien der Bau einer 1460 Kilometer langen Pipeline sowie eines neuen Exporthafens am Roten Meer. Zudem sollen Pipelines zwischen den Förderanlagen, sechs Pumpen und ein Telekommunikationsnetz gebaut werden. Die Investitionsvorhaben sollen bis August 2005 abgeschlossen werden. Die Reserven des nordostafrikanischen Landes werden auf zwei Milliarden Barrel geschätzt. (arn)