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Im Visier des Weißen Hauses

Daniel Scheschkewitz9. März 2002

Über die Rückkehr der Waffeninspekteure verhandelt der Irak mit den Vereinten Nationen. Die US-Regierung könnte ein negatives Ergebnis der New Yorker Verhandlungen als Anlass eines Militärschlags nutzen.

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Amerikaner an der irakischen GrenzeBild: AP

Führende Mitglieder der US-Regierung haben es zuletzt immer wieder betont: Präsident George W. Bush habe sich noch nicht entschieden, wie er mit Saddam Hussein verfahren wolle. Doch seit Bush den Irak in seiner Rede zur Lage der Nation im Januar als Bestandteil einer "Achse des Bösen" ausgemacht hat, ist klar: In Washington möchte man den Diktator in Bagdad lieber heute als morgen von der Macht entfernt sehen. Die Verhandlungen am UN-Haupquartier zwischen Iraks Außenminister Nadschi Sabri und Generalsekretär Kofi Annan sind ein deutliches Zeichen dafür, dass auch Bagdad die Bedrohung spürt.

Taktische Vorbereitungen

Erst jüngst hat die Bush-Administration der UNO neue Satelliten-Fotos vorgelegt. Sie sollen den Beweis dafür liefern, dass der Irak 1000 LKWs aus deutscher und russischer Produktion zu militärischen Transportzwecken missbraucht – ein klarer Verstoß gegen die UN-Sanktionen.

Ein Scheitern der New Yorker Verhandlungen, so sagen einige Beobachter, käme den Hardlinern in Washington gerade recht. Denn es würde auch nach dem Völkerrecht einen Anlass zum Krieg liefern. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, einer der Hardliner im Bush-Kabinett, hat immer wieder Zweifel angemeldet, ob UN-Waffeninspekteure im Irak überhaupt von Nutzen sein könnten. Und was, wenn sich Bush dann doch zu einem Militärschlag entschlösse? Dann wäre ihre Anwesenheit am Boden eher ein Hindernis.

Hinhaltestrategie des Irak

Bagdad wird in jedem Fall versuchen, die Verhandlungen in New York hinauszuzögern. Denn solange verhandelt wird, erweckt der Irak den Eindruck, gesprächsbereit zu sein. Solange dies der Fall ist, dürften vor allem Amerikas Verbündete in Europa und Nahost ihr Veto gegen einen US-Angriff auf den Golfstaat aufrecht erhalten. Ein Einmarsch im Irak würde nach Ansicht der US-Generalstabs zwischen 100.000 und 200.000 Soldaten erfordern. Kuweit und die Türkei würden einer solchen Invasion wohl notgedrungen zustimmen. Doch ohne die Zustimmung der Saudis würde es nicht gehen: US-Kampfflugzeuge müssten saudischen Luftraum durchfliegen und auf einem Luftwaffenstützpunkt in der saudischen Wüste auftanken können. US-Vizepräsident Richard Cheney wird zu einer umfangreichen Nahost-Reise aufbrechen. In Riad wird er sicherlich auch mit dem saudischen Thronfolger Abdullah über seine Haltung im Falle eines US-Angriffs auf den Irak sprechen.

Sturz oder Einmarsch?

Sollte man sich im Weißen Haus und im Pentagon gegen einen Miliärschlag entscheiden, gäbe es noch andere Optionen: Es ist ein offenes Geheimnis, dass der US-Geheimdienst CIA von Bush den Auftrag erhalten hat, Pläne zum Umsturz von Saddam Hussein auszuarbeiten. Das Gerede über diese verdeckten Operationen könnte aber auch nur Teil der psychologischen Kriegsführung sein. Denn in Wirklichkeit stellt sich ein solcher Plan als sehr schwierig dar. Saddams Leibgarde gilt als beste Leibwache der Welt. Zudem steht die inner-irakische Opposition auf schwachen Beinen. Irak-Experten in Washington sehen auch in dem Vorsitzenden des irakischen Nationalkongresses Ahmed Chalabi keinen möglichen Führer einer Widerstandsbewegung. Ihm fehlt ganz offenbar eine echte Verankerung in der irakischen Bevölkerung.

Die Hardliner in Washington sagen, Amerika müsse den Job selbst und zur Not eben auch alleine machen. Wenn die USA erst mal ihre Truppen in den Irak geschickt hätten, werde sich auch Hussein Leibgarde, ähnlich wie vor wenigen Monaten die Opposition in Afghanistan, gegen den Unterdrücker erheben. Was aber, wenn die gut besoldete Elitegarde die amerikanischen "Befreier" nicht mit offenen Armen empfängt?