1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Image-Schaden, aber keine Katastrophe

Jochen Kürten15. Mai 2002

Eine Katastrophe? Schon zum neunten Mal in Folge hat es kein Film eines deutschen Regisseurs in den Wettbewerb um die "Goldene Palme" geschafft. Ein Kommentar von Jochen Kürten.

https://p.dw.com/p/2BUT

Dabei hatte man sich nach der Nicht-Berücksichtigung deutscher Bewerber im vergangenen Jahr und der sich anschließenden lautstarken Diskussion so viel Hoffnung gemacht: Der künstlerische Leiter von Cannes, Thierry Frémaux, war im Sommer sogar zu einer Reise nach Deutschland aufgebrochen, um die Wogen zu glätten. Er hatte dabei versichert: Das deutsche Kino werde durchaus geschätzt an der Festival-Meile La Croisette - und im nächsten Jahr werde alles anders.

Abgeblitzt

Anders ist es nun doch nicht geworden: Die eingereichten Filme - unter anderem von so prominenten deutschen Regisseuren wie Werner Schroeter und Doris Dörrie - wurden allesamt abgelehnt von der Auswahl-Jury. Lediglich vier internationale Co-Produktionen, in die auch deutsches Geld geflossen ist, sind vertreten. Doch das dürfte kein Trost sein. Denn Regisseure wie Aki Kaurismäki, Ken Loach, Alexander Sokurow oder Roman Polanski identifiziert man nicht mit dem deutschen Kino, selbst wenn sie aus Deutschland Geld erhalten haben.

Wenders, Schlöndorff & Co.

Die Nichtberücksichtigung des deutschen Kinos bedeutet nicht per se einen Affront. Auch wenn die deutsche Kino-Landschaft nicht so reich ist an großen Regisseuren, von denen man sagen könnte: Irgendeiner ist immer da, der nach Cannes eingeladen werden müsste. Die, die von der alten Garde immer noch fürs Kino arbeiten - Wim Wenders, Volker Schlöndorff, Werner Herzog - haben den Zenit ihres Könnens überschritten. Und bei allem Respekt und aller Freude über die nachwachsende Generation um die neue Leitfigur Tom Tykwer: Es gibt nicht allzu viele Regisseure, die man so zu sagen blind buchen kann für Cannes, wie das etwa bei Wenders oder Herzog einmal der Fall war.

An der Kultur-Katastrophe vorbei

Aber vor allzu beleidigten Reaktionen sei gewarnt: Die Stärke oder Schwäche des deutschen Kinos ist nicht davon abhängig, ob ein Film in den Wettbewerb von Cannes eingeladen wird oder nicht. Wenn jetzt wieder eine große Debatte über die fehlende deutsche Präsenz bei diesem Festival einsetzt, dann ist das mehr eine kulturpolitische Auseinandersetzung. Ein Imageschaden für die wirtschaftlich orientierte Außenwirkung des deutschen Kinos ist entstanden - mehr nicht. Man sollte das nicht zur nationalen Kultur-Katastrophe hochstilisieren.